Nach einer harten Woche Planen, war es so weit. Sie standen vor dem Königspalast, der noch größer war als Lelaenia es sich vorgestellt hatte. Mehrere gewaltige Türme, die tatsächlich aus Erde bestanden, wurden von dicken Baumwurzeln umrahmt und festgehalten. Sie war sich sicher, dass es bei Tag noch schöner aussah. Aber selbst im Sternenlicht war Lelaenia fasziniert. Wie lange hatte sie bloß nicht mehr gezeichnet?
Ein kühler Windzug strich ihre Wangen, aber ihr war brennend heiß vor Nervosität. Es könnte so viel schiefgehen. Schluckend sah sie zu Noryn und Randon, die genauso angespannt waren. ,,Jetzt?", fragte sie flüsternd. Randon nickte entschlossen. ,,Jetzt", bestätigte er. Sie spazierten gelassen zum Eingang und wie erwartet bewachten zwei Dasmanten diesen. Randon nickte ihnen herablassend zu, um sie auch ja nicht auf die Idee zu bringen, ihren Mund zu öffnen. Die Wachen sahen Lelaenia und Noryn zwar argwöhnisch an, sagten aber nichts weiter und ließen sie hinein.
Der Gang war viel breiter als der im dasmantischen Schloss, dafür aber weniger verwirrend. Randon hatte ihnen den Aufbau dieses Palasts beschrieben und es gab nicht viele Gänge. Ob das ein Vorteil war, da war sie sich nicht sicher.
Plötzlich hörten sie Schritte. Randon zog sie grob in einem anderen, schmaleren Gang und presste sich an die Wand, darauf hoffend, dass sie nicht in ihre Richtung blickten oder gar abbogen. Das Glück schien heute auf ihrer Seite zu sein und die Schritte wurden wieder leiser.
Lelaenia atmete aus und entspannte sich etwas. ,,Los, weiter. Wir haben nicht viel Zeit.", wisperte Randon und führte sie weiter, bis sie eine Treppe erreichten, welche sie hochstiegen. In der ersten Etage angekommen hörten sie wieder Schritte und Stimmen und drückten sich wieder an die Wand. Lelaenia versuchte, ihren Atem anzuhalten und sich so klein wie möglich zu machen. Doch dieses Mal hatten sie wohl kein Glück, denn die Stimmen wurden lauter.
Panisch sah sie Randon und Noryn an, die ebenfalls blass geworden waren. Ehe Lelaenia sich versehen konnte, bogen die beiden Dasmanten in ihre Richtung. Schlagartig blieben sie stehen und starrten sie verblüfft an. Noryn und Randon ließen ihnen keine Zeit zum Reagieren, denn Randons Augen leuchteten ganz hell für einen Moment und er stieß einen roten Feuerstrahl aus seinen Händen in die Brust des einen Dasmanten. Dieser flog sofort nach hinten. Währenddessen schlug Noryn seine Faust kräftig gegen das Kinn des anderen. Und zwar so kräftig, dass er nun bewusstlos auf dem Boden lag, genauso wie der andere.
Erstaunt grinste Randon. ,,Nicht schlecht." Noryn selbst war überrascht über seine Fähigkeiten, versuchte dies aber nicht zu zeigen. Stattdessen strich er sich über die Haare und grinste ebenfalls. ,,Nun ja, ich denke, ich hatte einen guten Lehrer." Randon lächelte ihn breit an.
Lelaenia räusperte sich. ,,Ich will das ja ungern unterbrechen, aber wir müssen weiter." Sofort gewann Randon seine ernste Miene wieder zurück und nickte. ,,Ich muss euch jetzt hier verlassen. Hört zu, beeilt euch! Es wird nicht lange dauern, bis jemand unsere Anwesenheit bemerken wird.", erklärte er eindringlich und warnend und lief dann den Gang hinunter. Lelaenia legte ihre Hand auf den Knauf ihres Schwertes, um sich sicherer zu fühlen, woraufhin sie erneut ein Stockwerk hochliefen.
Das Schicksal schien sie heute zu hassen, denn sie hörten ein weiteres Mal Stimmen, doch dieses Mal waren es mehr als nur zwei Dasmanten. Und sie waren zu nah, um wieder umzukehren. Noryn legte eine Hand auf ihren Arm. ,,Halte dich an den Plan! Ich lenke sie ab.", flüsterte er, doch wie erwartet schüttelte Lelaenia mit weit aufgerissenen Augen den Kopf. ,,Nein, Noryn! Das ist zu gefährlich, es sind zu viele. Ich-" Mahnend sah Noryn sie an. ,,Vertrau mir, ich lenke sie nur ab. Ich werde mich schon nicht umbringen lassen.", erwiderte er und bevor Lelaenia etwas sagen konnte, rannte er schon direkt auf die Dasmanten zu.
Zitternd versuchte Lelaenia zu Atem zu kommen. Noryn war völlig verrückt geworden. Sie wusste, dass sie es sich nie verzeihen würde, wenn ihm etwas zustöße. Aber er hatte sich nun für sie geopfert und sie konnte hier nicht die ganze Zeit herumstehen.
Schnell rannte sie den Gang hoch, bog einmal nach rechts und dann zwei mal nach links ab und blieb dann vor einer ungewöhnlich großen Tür stehen. Auch diese war von Baumwurzeln bedeckt und Lelaenia hätte sicher ihre Schönheit bemerkt, wenn sie an etwas anderes als ihre Angst denken würde. So viel könnte schiefgehen.
Sie riss sich zusammen. Keine Zeit, keine Zeit. Mit viel Mühe öffnete sie die Tür und betrat den gewaltigen Raum, welcher fast vollkommen leer war. Nur ein großes Bett stand in der Mitte und ein kleiner, aber edler Tisch in einer Ecke.
Königin Driana saß an der Kante des Bettes. Ihr Gesicht war eingefallen, sie war blass und erschöpft. Erschrocken starrte sie Lelaenia an. Diese atmete tief durch und nickte sich selbst zu. ,,Eure Hoheit, mein Name ist Lelaenia.", erklärte sie mit kratziger Stimme, woraufhin Driana sie sprachlos ansah und langsam aufstand. ,,Wer bist du und was bei Zrao hast du hier zu suchen?" Allein diese Frage schien ihr unglaublich viel Mühe zu kosten und Lelaenia erkannte einzelne Schweißtränen ihre Stirn hinunterlaufen. Was auch immer Kydraen Blackfire ihr antat, es war wahrscheinlich viel schlimmer als sie es sich vorstellen konnte.
Lelaenia biss sich auf die Lippe. Sie hatte gehofft, dass ihre Mutter sie wiedererkennen würde. ,,Ich bin Lelaenia, eure und Jack Manners Tochter. Und ich-" Driana schüttelte schnell den Kopf und stolperte etwas zurück. Sie stützte sich schließlich am Bett ab. ,,So ein Schwachsinn! Verschwinde lieber schnell!" Eine gewisse Warnung schien in ihrer Stimme versteckt zu sein, die Lelaenia aber nicht deuten konnte. Stattdessen fühlte sie den Stich in ihrer Brust. Sie wusste nicht, was für eine Reaktion sie sich erhofft hatte, aber das war es ganz sicher nicht. Doch sie ließ sich nicht beirren und schloss kurz die Augen.
,,Das ist ja jetzt auch egal.", nuschelte sie und schluckte. ,,Ich bin hier, um Euch zu erklären, dass Ihr den König nicht heiraten müsst, um euer Volk zu beschützen. Denn das würde alles nur noch viel schlimmer machen. Bitte, wir werden einen anderen Weg finden, bei dem es nicht zu einem Krieg zwischen den drei Königreichen Trías kommen muss. Ich-" Sie zuckte zusammen, als sie hörte, wie die schwere Tür aufgeschlagen wurde.
Lelaenia atmete schwer, legte eine Hand auf ihr Schwert, traute sich jedoch nicht, sich zur Tür zu drehen. Denn Drianas geschockter und ängstlicher Blick reichte vollkommen aus, um zu wissen, wer nun ebenfalls im Raum stand.
Kydraen Blackfire
~
Was denkt ihr ist wohl mit Königin Driana los? Warum bestreitet sie, die Mutter von Lelaenia zu sein?
Das nächste Kapitel kommt nächsten Samstag ^^
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Twin Stars
FantasyPAUSIERT !!! Was wäre, wenn unsere Welt nicht die einzige ist und der Eingang zu einer anderen Welt auf einer einfachen Farm läge? Auf dem ersten Blick sieht vielleicht die neue Welt beinahe idyllisch aus, doch was passiert, wenn man bemerkt, dass d...