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Entsetzt zog Lelaenia die Luft scharf ein. Obwohl allen klar war, dass Königin Driana früher oder später einwilligen würde, König Kydraen zum Mann zu nehmen, hatte niemand erwartet, dass schon heute der Tag sein würde.
,,Bei Zrao.", hauchte Noryn neben ihr ungläubig. Kydraen lächelte, legte eine Hand an ihrem Rücken und nickte. ,,Die Hochzeit wird schon bald stattfinden und ihr alle seid herzlich eingeladen.", fügte er grinsend hinzu. Driana verzog keine Miene und nickte nur einmal kaum merklich.

,,Nun, Penoria und Dasma vereint wäre natürlich ausgezeichnet. Jedoch ist klar, dass wir am stärksten sind und tatsächlich etwas bewegen können, wenn alle drei Länder Trías verbunden werden und kein Land mehr uns im Weg steht. Ich habe mehrmals versucht, mit Königin Nyxia zu sprechen, doch sie wollte nichts davon hören. Die Nyreanen werden also weiterhin Widerstand leisten und alles tun, um unsere Pläne zu verhindern, weil sie nur an sich selbst denken. Also können wir leider nichts anderes tun als uns zu wehren und dafür zu sorgen, dass ganz Tría vereint wird." Es wurde eine Weile gebraucht, bis seine Worte auf jeden einwirkten. So viele Leute, und doch würde jeder es hören, wenn etwas zu Boden fallen würde.

,,Ja, ihr habt richtig gehört, meine lieben Vetter. Aber ich überlasse euch die Entscheidung. Zraonen, die uns beitreten, werden zu würdevollen Kriegern ausgebildet werden. Wir werden diese stärken und ihnen helfen und wie unsere Brüder und Schwestern behandeln. Denn in diesem Krieg werdet ihr genau dies sein: Krieger an unserer Seite."

Lelaenia konnte nicht fassen, was der König da gerade vorschlug. Er wollte den Krieg tatsächlich schon jetzt, so früh, ohne den Nyreanen auch nur eine Chance zu geben, es sich anders zu überlegen. Es beängstigte sie, dass er so überzeugend reden konnte und dass viele Zraonen neben ihr zu zögern schienen.

,,Alle, die uns nicht beitreten, werden es früher oder später tun. Für sie wird es natürlich nicht zu weiteren Problemen kommen, denn selbstverständlich verstehe ich eure Bedenken.", fügte er gerissen hinzu und deutete ein leichtes Lächeln an, woraufhin Lelaenia hasserfüllt die Zähne zusammenbiss. Sie spürte deutlich, wie alle mit sich selbst zu ringen schienen und beide Entscheidungen abwägten. Und so kam es tatsächlich, dass die ersten Zraonen ihre Reihen verließen und zu den Dasmanten am Rand gingen. Diese klopften ihnen anerkennend auf die Schulter. Von Panik bestimmt griff Lelaenia nach Noryns Arm. ,,Was passiert hier gerade? Verdammt Noryn!", flüsterte sie angsterfüllt. Noryn war außer sich und schüttelte bloß den Kopf. Etwas ging hier gewaltig schief. Die ersten zögerten zwar noch, aber je mehr es wurden, desto mehr trauten sich auch alles stehen und liegen zu lassen, sei es aus Überzeugung, Angst oder Hoffnungslosigkeit. Und so kam es, dass die Hälfte aller Zraonen verzweifelt genug war, die Seiten zu wechseln. ,,Noryn! Wir müssen etwas unternehmen!", sagte sie atemlos, blieb aber ruhig. Sie wusste, dass sie nicht auffallen durften.

Die andere Hälfte blieb aber regungslos stehen und sah dem König wütend in die Augen. Einige trauten sich sogar, die Arme provozierend zu verschränken. Sie blieben stur und wussten, dass Aufgeben nicht die letzte Möglichkeit war, die ihnen blieb.
Kydraen nickte kaum merklich. Er verstand, dass heute noch nicht alle überzeugt würden. ,,Nun, ich weiß, dass die Meisten einige Dinge von Königin Nyxia gehört haben - die sogenannte ,,Prophezeiung"", sagte er verachtend, aber nickte dann gespielt verständnisvoll. Lelaenia, Noryn und Randon jedoch erstarrten auf der Stelle. Sie wollten erst gar nicht hören, was der König dazu zu sagen hatte.

,,Nyxia hat sich diese Prophezeiung nur ausgedacht. Es wird kein Mädchen kommen, um zu kämpfen. Sie hat sich diese Geschichte bloß erfunden, um euch auf falsche Gedanken zu bringen. Die Wahrheit ist: Sie will, dass ihr schwach und alleine seid, damit sie euch ganz einfach vernichten kann."
Sprachlos sahen Lelaenia und Noryn sich an. Sie konnten nicht glauben, wie einfach es ihm gelang, die komplette Geschichte zu verdrehen.

Plötzlich trat eine Zraonin wütend nach vorne. ,,Das ist eine Lüge! Mein geliebtes Volk, bitte hört mir zu! Das Mädchen aus der Prophezeiung ist schon hier in Tría und sie wird sich bald deutlich zeigen!", schrie sie ganz laut. Ihr Gesicht wurde dabei so rot vor Zorn und ließ ihre violetten Haare beinahe leuchten. Lelaenia schluckte nervös. Sie bewunderte diese Zraonin sehr für ihren Mut, aber befürchtete Schlimmes. Schnell atmend biss sie sich auf die Lippe. Diese Zraonin riskierte ihr eigentlich unsterbliches Leben dafür, dass sie so sehr an Lelaenia glaubte.

Der König brummte und zitterte vor Wut schon. Die Dasmantenkrieger verstanden und eilten zu ihr, um sie von der Menge wegzuziehen. Schreiend versuchte sie sich zu wehren. ,,Es ist noch nicht alles verloren! Vertraut dem König nicht! Das Mädchen aus der Prophezeiung wird uns helfen!", schrie sie verzweifelt und hoffte, noch ein paar letzte Zraonen zu überzeugen, bevor sie endgültig gefangen genommen würde.
Die Krieger schauten den König auf Anweisungen wartend an. Mit zusammengebissenen Zähnen nickte Kydraen Blackfire. ,,Tötet sie!", spuckte er verachtend und bitter. Entsetzt weiteten sich Lelaenias Augen. Das konnte wohl doch nicht sein Ernst sein.

Die Zraonin hatte es nicht anders erwartet. Sie hatte keine Angst vor dem Tod. Sie würde ehrenvoll sterben, wie ihre Mutter damals auch. ,,Mein Name ist Kina Strain. Meine Mutter war Hellana Strain.", rief sie stolz und lächelte. Es wurde hier und da getuschelt. Alle kannten Hellana Strain und auch Lelaenia erinnerte sich daran, wie Randon von ihrer Hinrichtung erzählt hatte, weil sie damals protestiert hatte.

Genervt sah der König sie an und nickte den Wachen dann ein weiteres Mal zu. ,,Nein!", schrie Randon entsetzt und griff nach seinem Arm. ,,Vater, bitte! Lasst uns sie doch zu den Verließen bringen! Bitte, Vater, mein König. Bitte, tötet sie nicht!", flehte Randon verzweifelt. Mahnend sah er zu seinem Sohn. ,,Randon, halt dich zurück! Das ist nicht deine Angelegenheit. Darüber sprechen wir noch später!"

Die Dasmanten hoben ihr Schwert an. Sie waren bereit. ,,Noryn, wir müssen etwas tun.", flüsterte Lelaenia leidvoll. Trostlos sah er sie an. ,,Ich wünschte, wir könnten das, Lelaenia."

Kaum sah Lelaenia wieder zu Kina Strain, da wurde ein Schwert auch schon in die Mitte ihres Brustkorbes gebohrt. Auch wenn es sicher nur einige Sekunden gedauert hatte, fühlte es sich wie eine Ewigkeit an. Lelaenia würde niemals ihr vor Leid verzerrtes Gesicht vergessen, bevor es endgültig erschlaffte. Sie würde nie das ganze Blut vergessen, welches so unschuldig aus ihrer Brust quoll und ihre schmerzerfüllte Stimme, bevor sie für immer verstummte. Sie würde nie ihre letzten Worte vergessen. Mein Name ist Kina Strain. Meine Mutter war Hellana Strain.

,,Nein!", schrie Lelaenia und spürte erst gar nicht die heißen, qualvollen Tränen, die aus ihren Augen traten. Zum Glück fiel ihr Schrei nicht auf, denn so gut wie alle Zraonen taten dies. Ihr Herz setzte kurz aus, als die Dasmanten ihren leblosen Körper einfach fallen ließen als wäre es ein Stück wertloses Dreck.

Ohne Aufforderungen wechselten weitere Zraonen die Seiten, sodass nur noch eine übersichtliche Anzahl an Zraonen übrig blieben, die trotz allem immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben hatten. Doch auch diese weinten leidend vor sich hin.
Ohne ein weiteres Wort flogen der König, die Königin und die Dasmanten weg und ließen ein verwundetes Volk alleine mit einer Heldin, die auf tragischer Art und Weise die Welt verlassen musste. So wie Helden es halt immer taten.

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1k! Vielen, vielen Dank!*-*
Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen!

Twin StarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt