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Fassungslos starrte Lelaenia Randon an. ,,Das kann nicht sein!", hauchte sie ungläubig und schüttelte entsetzt den Kopf während sie zurückstolperte.
Königin Driana- ihre Mutter? Was für einen Grund hatte die Königin von Penoria denn, ein Kind mit einem Menschen zu zeugen, nur um es dann einfach wegzugeben? Sie erinnerte sich an ihre kalte Miene einige Tage zuvor und schauderte. Das war doch wohl ein schlechter Witz!

Randon fuhr sich überfordert über das Gesicht. ,,Erinnerst du dich noch an Drianas Krone? Genau der gleiche grüne Kristall hing an diesem. Gewöhnliche Zraonen werden mit einer Tannenzapfe, einem Ahornblatt, einer Blume oder ähnlichem geboren. Nur die Königsfamilie wird mit so etwas machtvollem wie einem Kristall geboren. Das würde auch erklären, warum du eine Bindung mit deinem Penorus, Mávros, eingehen konntest. Deine Magiequelle war stets bei dir, an deinem Schwert befestigt!" Randon schien selbst noch nicht darauf klar gekommen zu sein, so verblüfft war er.

Überrascht riss Lelaenia ihre Augen auf. Plötzlich ergaben so viele Dinge einen Sinn. Das war wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass ihr Schwert sie beim Kampf führen konnte!
,,Vielen Dank, aber ich denke wir sollten jetzt gehen.", murmelte Randon und sah Manielle argwöhnisch an. Daraufhin zog er Lelaenia am Arm schnell aus der unheimlichen Höhle ins kühle Freie.

Manielle stand an der Tür und beobachtete, wie die beiden Thronfolger zum Drachen eilten. Die Flammen in ihren Augen leuchteten kurz heller und als sie so weit weg waren, dass der starke Windzug verhindern würde, dass man Manielle hörte, flüsterte sie ganz leise: ,, Flieh, kleine Prinzessin. Flieh, solange es noch möglich ist."

Vor Ippotis blieben sie stehen. Schlagartig schien Lelaenia etwas klar zu werden. ,,Randon! Mein Schwert ... Es war ein Geschenk von Königin Nyxia. Warum hat sie meine Magiequelle besessen?" Grübelnd schüttelte Randon den Kopf. ,,Ich wünschte, ich wüsste es.", hauchte er überlegend.
Eine Weile standen sie schweigend voreinander. Bedrückt starrte Lelaenia den Boden an bis Randon seine Hand auf ihre Schulter legte. ,,Ich weiß nicht, warum Driana so gehandelt hat, aber wir werden es noch herausfinden. Wahrscheinlich wollte sie dich nur beschützen, weil mein Vater ja kein großer Freund von Menschen ist. Er hätte sie sonst in nullkommanichts vernichtet." Lelaenia nickte und versuchte sich zusammenzureißen. Sie stieg auf Ippotis und Randon folgte ihr.

,,Eins frage ich mich allerdings noch.", murmelte er und starrte den rotschwarzen Himmel an während sie losflogen - auf dem Weg zurück nach Penoria. ,,Wie hatte Jack Manners es geschafft, Zugang zu einer Königin zu haben?"

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Nach einem langen, anstrengend Tag mit nur zwei kleinen Pausen, erreichten sie Penoria endlich. Die Nacht brach an und Lelaenia seufzte erleichtert. Das ständige weder Tag noch Nacht Sein in Dasma hatte sie verwirrt und beunruhigt. Außerdem genoss sie die kühle Luft in Penoria und auch, dass es nicht mehr ständig nach Rauch roch.

,,Mir wurde mitgeteilt, dass Noryn wohl eine Art Höhle gefunden hat, in der sie die Zraonen trainieren. Ich wusste nicht einmal, dass Höhlen in Penoria existieren.", gab Randon zu und setzte zum Landen an. Lächelnd dachte Lelaenia an Noryn. Auch wenn Randon ihr in den letzten Tagen sehr ans Herz gewachsen war, hatte sie Noryn schon sehr vermisst.

Sie entdeckten die 'Höhle', dessen Eingang durch vier eher niedrigere Bäumen und dadurch, dass der ganze Moos ihn bedeckte, gut versteckt wurde. Und kurz nachdem sie hineintraten, lief schon Noryn zu ihnen. Er hatte deutliche Augenringe und allgemein sah er sehr müde und erschöpft aus, doch er lächelte dennoch breit, als er Lelaenia fest umarmte. Sie lächelte ebenfalls und fand unglaublich viel Aufmunterung in dieser einen Umarmung. ,,Mein Vater hat mir davon erzählt.", wisperte er in ihrem Ohr und Lelaenia erstarrte für einen Moment. Er wusste, dass sie seine Schwester war. Langsam löste er sich von ihr, strich ihre Haare zurecht und lächelte sie mit so viel Wärme an, dass Lelaenia klar wurde, dass dieser Fakt ihre Freundschaft nur stärken würde.

Dann sah er zu Randon, welcher sich lächelnd den Hinterkopf kratzte. ,,Haben dir meine Krieger gut geholfen?", fragte er, da er nicht wusste, was er sonst sagen sollte. Noryn nickte dankend. ,,Sehr sogar. Danke." Mit seinem Kopf deutete er eine leichte Verbeugung an, woraufhin Randons Gesicht seinen roten Haaren glich.

Dieses glückliche Zusammentreffen wurde jedoch schlagartig unterbrochen, als Jack Manners sich plötzlich zu ihnen gesellte. Lelaenias Miene erstarrte und sie ballte ihre Hände zu Fäuste. Dieser Farmer war tatsächlich ihr Vater. Der Farmer, vor dem sie als Kind andauernd weggelaufen war, weil sie sich so vor ihm fürchtete. ,,Hallo, Lelaenia.", flüsterte er schuldbewusst und sah weg. Sie wurde so unglaublich wütend. ,,Das kommt dann wohl 17 Jahre zu spät.", antwortete sie verachtend und schüttelte den Kopf. Jack Manners schluckte und nickte. ,,Bitte lass mich das alles erklären, an einem ruhigen Ort.", bat er sie verzweifelt, woraufhin Lelaenia widerwillig nickte. Sie wollte hören, was er zu seiner Verteidigung zu sagen hatte.

Und so machten sie sich auf dem Weg zu Ganias Baum. Jack Manners lief vor, Lelaenia folgte ihm in Gedanken versunken und Noryn und Randon liefen ihr nach, während sie sich leise unterhielten. Die angespannte Lage war ihnen bewusst.

,,Dieser Jonah ist sehr nett, hat mir sehr geholfen. Außerdem können er und die restlichen Krieger wesentlich besser mit dem Schwert umgehen als ich. Beim Unterrichten haben sie nur nicht immer die größte Geduld.", erzählte Noryn ihm und lachte etwas. Randon grinste. ,,Ja, auf Jonah ist Verlass."

Gania war noch bei den anderen Zraonen und übte wahrscheinlich, denn sie war nicht zu Hause. Angespannt setzten sich alle vier hin und Manners brauchte lange bis er anfing, zu erzählen.

1999

Der nun jüngere Farmer, der die 30 Jahre vor nicht allzu langer Zeit überschritten hatte, ließ sich seufzend neben den Penoren auf das Gras fallen. Er verstand es nicht. Zwölf Jahre lang hatte er in Tría verbracht. Sein Leben war perfekt gewesen, ohne jegliche Sorgen aus der Menschenwelt. Er hatte sogar einen wundervollen Sohn bekommen und auch wenn er und Gania keine romantische Liebe mehr füreinander empfanden, waren sie doch sehr gute Freunde. Die Zraonen hatten seine Augen geöffnet, hatten gezeigt, was es heißt, zu lieben und glücklich zu sein. Und jetzt? Was war geschehen? Was hatte er getan, dass ausgerechnet die Königin ihn verbannt hatte? Menschen hätten ja nichts in dieser Welt zu suchen, er war eine Gefahr für das Land. Schließlich konnte er den anderen Menschen davon erzählen und ihre Magie stehlen.

Genervt schüttelte er den Kopf. So ein Unsinn. Er hatte nicht einmal mehr vor gehabt, Penoria je wieder zu verlassen. Seine Eltern waren verstorben, Geschwister und Freunde hatte er nicht mehr. Er gehörte schlicht und einfach nicht zur Erde.

Die Königin hatte zumindest erlaubt, dass er weiter auf der Farm leben durfte und dass sein Sohn Noryn ihn immer besuchen konnte, solange er das Gelände nicht verließ.

Aber was war diese einfache Farm denn schon im Gegensatz zu Tría? Wenigstens lebten die Penoren hier und leisteten ihm Gesellschaft bis sie verschwanden, um sich einen Begleiter zu suchen.

Bedrückt verschrenkte er seine Arme hinter seinem Kopf und legte sich hin. Das war doch alles nicht gerecht!

Plötzlich tauchte jemand in sein Blickfeld und er setzte sich sofort auf. Vor ihm stand die wahrscheinlich schönste Zraonin, die er je gesehen hatte. Ihre grünen, welligen Haare, ihr edler Gewand und die unglaublich langen, spitzen Ohren ließen Jack sie sofort erkennen. Er blickte zu ihr braunes Diadem und ließ daraufhin seinen Kopf zu ihren Füßen fallen. ,,Königin Driana." Sie packte ihn am Kragen und ließ ihn aufstehen. Lange starrte sie ihn emotionslos an bis ihre Mundwinkel sich hochzogen. Verwirrt und auch ängstlich sah er sie an. Warum war die Königin denn bitte hier? Irgendetwas schien jedoch an ihr anders zu sein. Er konnte bloß nicht beschreiben, was es war.

,,Möchtest du mich nicht hineinführen, Menschenkind?", fragte sie in einem gefährlichen, bedachten Ton. Entsetzt sah er sie an und nickte dann langsam. Er führte sie hinein und als er wieder etwas sagen wollte, wurde er plötzlich gegen die Wand geschupst. Für einen Moment war er sich sicher, dass das nun sein Ende sein würde. Die Königin würde ihn töten. Nur nebenbei bemerkte er, dass seine teure Uhr durch den Aufprall hinunterfiel.
Doch anstatt ihm die Kehle aufzuschlitzen, tat die Königin etwas, das sich Jack Manners bis heute nicht erklären konnte.

Sie presste ihre Lippen auf seine.

Twin StarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt