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Einige Stunden später waren Adeia und Lelaenia auch schon auf dem Rückweg zum Palast. Adeia hatte sich als ausgesprochen gute Reiseführerin herausgestellt, denn sie hatte ihr jede Ecke der Hauptstadt Noxēns gezeigt, die sie auch nur annährend interessant fand. Und Adeia schien sehr viel interressant zu finden. Außerdem erzählte sie zu jedem Gebäude, jeder Straße, jedem Geschäft die Hintergrundgeschichte, erklärte ihr die jetztige Lage und ein paar interessante Fakten. Lelaenia begann, sie gut leiden zu können. Ihre leidenschaftliche, lebhafte Art und Weise ließ sie sympathisch wirken und Lelaenia vergaß schnell ihre erste Begegnung miteinander.

Während sie die Wege entlang liefen, stellte Lelaenia erneut fest, dass Noxēn von allen drei Ländern Trías der Erde am ähnlichsten war, denn die Nyreanen hatten gewöhnliche Berufe. Neugierig sah Lelaenia sich die Geschäfte an. In einem wurde Gebäck und himmlisch duftende Torten verkauft, während im Geschäft nebenan tödliche Klingen und Dolche verkauft wurden. Bestürzt dachte sie sich, dass die Ähnlichkeiten zur Erde hiermit auch schon endeten.

Denn was Lelaenia auch stutzen ließ, war die Stimmung auf diesem Marktplatz. Man würde eigentlich annehmen, dass bei so vielen Personen es laut sein würde, doch so war es nicht. Die Nyreanen -bis auf Adeia- waren ruhig und arbeiteten so bestimmt, dass sie nur noch mysteriöser wirkten, was unter anderem dadurch verstärkt wurde, dass die zahlreichen Sterne den Platz in einem geheimnisvollen Licht erhellten.
Doch was anderes hätte Lelaenia auch nicht erwarten sollen. Schließlich waren die Nyreanen das Volk der Stille.

Doch das hieß nicht, dass die Nyreanen sie völlig ignorierten. Ganz im Gegenteil - sie starrten ihr sogar fassungslos hinterher, weshalb Lelaenia sich auch irgendwann räusperte. ,,Weiß es eigentlich schon jeder? Dass ich die Tochter der Königin bin?", fragte sie murmelnd und darauf bedacht, ja leise zu sein.
Adeia schüttelte ausgelassen den Kopf und summte. ,,Nur die Nyreanen am Hof.", antwortete sie und führte ihr Summen fort.

Dann verstummte sie jedoch kurz und schluckte. ,,Du kennst doch Prinz Randon, richtig?", fragte sie und versuchte ihre Neugier zu unterdrücken. Mit einer gehobenen Augenbraue nickte Lelaenia. ,,Ist er wirklich so stark und heldenhaft wie alle immer meinen?", fragte sie weiter und konnte diesmal ein dickes Grinsen nicht mehr verstecken. Lelaenia grinste ebenfalls, denn Adeias Laune war nun mal ansteckend. ,,Ja, das ist er."
,,Und stimmt es auch, was man hier in Noxēn sagt? Dass ihr euch liebt?"

Nach diesen Worten konnte Lelaenia nicht anders als sich zu verschlucken. ,,Wie bitte? Randon und ich?", fragte sie entsetzt und verwirrt. Sie hatte nicht einmal darüber nachgedacht. Wahrscheinlich weil allein der Gedanke absurd klang.

,,Na, weil ihr beide ja so große Persönlichkeiten seid. Du die Heldin aus der Prophezeiung, die uns in den Krieg begleiten wird und er der Prinz, der seinem Vater den Rücken zugekehrt hat, um für das Richtige zu kämpfen.", erklärte Adeia als wäre es das Offensichtlichste auf der Welt, woraufhin Lelaenia lachen musste. ,,Nein. Ich liebe Randon wie ich meinen Bruder Noryn liebe."
Adeia atmete erleichtert aus und lächelte verträumt. ,,Er ist einfach perfekt. Ich hoffe, dass ich ihn bald kennenlernen werde.", schwärmte sie und legte eine Hand auf ihre Brust. Schmunzelnd sah Lelaenia sie an. ,,So weit ich weiß ist sein Herz leider vergeben.", sagte sie bloß. Sie hatte auch nicht das Recht, mehr als das zu verraten.
Adeia biss sich daraufhin enttäuscht auf die Lippe. Als sie bemerkte, dass ihre gute Laune zu schwinden schien, fasste sie sich jedoch wieder und lächelte breit. ,,Ach, wenn's so ist." Sie zuckte die Schultern.

Nach einiger Zeit kamen sie im Palast an und Adeia zeigte ihr einige Säle und Gänge genauer. Erstaunt lauschte Lelaenia ihr, aber spürte auch schon, wie ihre Beine allmählich nachgeben wollten. Sie war erschöpft und wie neugierig sie auch war, sie hätte das Training viel lieber auf Morgen verschoben.

,,Und hier treffen sich alle drei Jahre die Herrscher der drei Länder. Zu anderen Zwecken wird meines Erachtens dieser Saal auch nicht genutzt.", erklärte Adeia ihr, als sie einen großen Raum mit festlich beschmückten Wänden betraten. Ein gigantischer Tisch aus violettem Kristall stand in der Mitte des Raumes und den Meisten wäre dieser als erstes aufgefallen. Doch Lelaenias Augen wurden von einem sehr alten Gemälde gefesselt, das drei Nyreanen darstellte.

Nicht irgendwelche Nyreanen, sondern die drei Königinnen Noxēns. Nyrea, die Gründerin dieses Landes, Noctia und Nyxia - ihre Mutter. Sie alle wurden mit einem atemberaubend schönen Mond in den Händen dargestellt. Aber während Noctia und Nyxia bescheiden und königlich lächelten, schienen Nyreas Augen zu glitzern und eine tiefe, längst vergessene Traurigkeit schien in ihnen zu stecken. Vielleicht bildete Lelaenia sich dies jedoch auch ein. Vielleicht täuschte ihr Künstlerauge sie ja auch nur, weshalb sie den Gedanken schnell abschüttelte.

,,Nun gut, möchtest du noch etwas Bestimmtes sehen?", fragte Adeia irgendwann neugierig und riss sie somit aus ihren Gedanken. Lelaenia überlegte kurz und nickte dann. ,,Die Bibliothek, in der ich nach meiner Ankunft gewesen war."

Auf dem Weg dorthin nahm sie ihren Zeichenblock mit. Sie wollte sich vor dem Training noch etwas entspannen können und das konnte sie am besten mit einem Stift in der Hand. Nachdem Lelaenia sich bei Adeia für ihre Reiseführung bedankte, verschwand diese mit einem Schmunzeln und Lelaenia hatte das Glück, dass sie alleine in der Bibliothek war.

Vor Erleichterung ausatmend setzte sie sich vor einem Regal und begann, jedes Detaill des farbenfrohen Spektakels vor ihren Augen zu zeichnen. Verwundert stellte sie beim Zeichnen fest, dass kein einziger Buchrücken einen Titel vorwies, weshalb sie auch irgendwann Stift und Zeichenblock zur Seite legte, um sich die Bücher genauer anzusehen.

Schnell stellte sich heraus, dass auf dem Einband doch ein Titel eingraviert wurde und neugierig sah sie sich die verschiedenen Bücher an.
Das Sternenritual, Eisige Nacht, Jagd im Land der Sterne. Irgendwann fand sie auch ein Buch, was sie ruckartig lächeln ließ. Die Entstehung Trías. Aus diesem Buch hatte Randon ihr und Noryn vorgelesen in der Nacht vor der Ankündigung der Hochzeit. Sie erinnerte sich an das Feuer, das Randon erzeugt hatte und das angenehm auf der Haut geprickelt hatte, und an Randons beruhigende Stimme, die sie in den Schlaf gelockt hatte. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass es wahrscheinlich nie wieder zu solch einem Moment kommen würde.

Sie las sich weitere Titel durch und wurde bei einem bestimmten Buch ganz aufmerksam. Das Buch sah aus wie jedes andere und war mit einem marineblauen, ledernen Einband versehen. Doch der Titel erweckte ihre Neugier. Die Geschichte von Nyrea und Lelaenia. Erst einige Sekunden später bemerkte sie, dass nicht sie, sondern die erste Königin von Dasma - die Großmutter von König Kydraen Blackfire - gemeint war. Trotzdem verspürte sie den Drang, es zu lesen. Sie wollte wissen, wie die erste Nyreanen und die erste Dasmantin zueinander standen, da die beiden Völker heute sich abgrundtief hassten.

Gerade als sie die erste Seite aufschlagen wollte, ließ sie ein Räuspern aufschrecken. Königin Nyxia lächelte sie wissend an und ihre Augen funkelten leicht. Merkwürdigerweise hatte Lelaenia das Gefühl, bei etwas Verbotenem erwischt worden zu sein und es fiel ihr dementsprechend schwer, das Buch nicht schnell wieder wegzustellen. Die Augen der Königin ruhten auf ihren, sie schien dem Buch nicht einmal einen Blick zu würdigen. ,,Es tut mir leid, dass ich dich störe. Du darfst es mitnehmen und in deinem Gemach lesen.", sagte sie und nickte ihr aufmunternd zu. ,,Ich bin gekommen, weil ich dir persönlich diese Nachricht übermitteln wollte. In einigen Stunden wird es eine Volksversammlung geben und ich denke, dass es Zeit wird, dich allen Nyreanen vorzustellen." Sie legte eine kurze Pause ein und fügte dann hinzu : ,,Ja, in der Tat. Es wird Zeit."

Die Farbe wich aus Lelaenias Gesicht, doch bevor sie antworten konnte, wurde sie von Manion unterbrochen, der in die Bibliothek schritt und ihr zu nickte. ,,Wenn das so ist, sollten wir schnell anfangen."

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Was haltet ihr von Adeia? :) Und was glaubt ihr hat es mit diesem Buch auf sich?
Da dieses Kapitel eher ereignislos war, kommt später noch eins ^^

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