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Genau das hatte sie befürchtet, als sie sich dachte, dass so viel schiefgehen könnte. Selbstverständlich hatte König Kydraen jedes Wort mitgehört und Lelaenia konnte sich sein siegessicheres Grinsen schon vorstellen. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, denn er wusste, wer sie war. Lelaenia - das Mädchen aus der Prophezeiung.

Was er allerdings noch nicht wusste, war, dass er sie vor einigen Tagen in seinem Palast unter einem anderen Namen und einer anderen Haarfarbe gesehen hatte. Lelaenia war bewusst, dass sie nicht für immer mit dem Rücken zu ihm stehen konnte. Schon allein ihr menschlicher Reflex, den Rücken zu decken, hinderte sie daran. Also drehte sie sich mit enschlossener Miene um. Es war sowieso schon zu spät.

Missbilligend sah er sie an und verdrehte die Augen mit verschränkten Armen. Randon stand regungslos neben ihm und sah ihr kurz entschuldigend in die Augen. Lelaenia deutete unauffällig ein Lächeln an. Es war nicht Randons Schuld, er hatte sein Bestes gegeben, den König abzulenken. Eigentlich war es von Anfang an klar gewesen, dass sie nicht weit kommen würden. Sie hoffte jedoch, dass Königin Driana - ihre Mutter - ihre Worte noch einmal überdenken würde. Das würde ihr schon reichen, denn dann wäre all das nicht sinnlos gewesen.

,,Das ist also deine Tochter? Ein Mensch?", höhnte er und sah sie angewidert an. ,,Deine Tochter ist also das legendäre Mädchen aus der Prophezeiung. Diejenige, die das ganze Chaos veranstaltet.", spuckte er verbittert und sah dann wieder Lelaenia an. ,,Ich hoffe stark, dass deine Mutter dir nicht deinen Namen gegeben hat. So eine Respektlosigkeit! Du verdienst es nicht einmal, den Namen unserer ersten Königin, den Namen meiner Großmutter, in den Mund zu nehmen!"

Erstarrt blieb Lelaenia stehen und versuchte, die Ruhe zu bewahren. Er erkannte nicht, dass sie ihm vor einer Woche unter den Namen Kandelle begegnet war. Das beruhigte Lelaenia etwas. Zumindest würde Randon nichts passieren.

,,Das- Das ist eine Lüge! Kydraen, Liebster, ich würde doch niemals einem Menschen auch nur in die Augen schauen! Dieses nichtsnützige Ding ist niemals meine Tochter! Wie kannst du so etwas nur behaupten!", kreischte sie von Panik ergriffen. Fassungslos sah Lelaenia sie an. Am liebsten würde sie sich in eine Ecke verkriechen und sich zusammenkrümmen. König Kydraen war nun neugierig und sah Driana mit erhobener Augenbraue abwartend an.

,,Sieh dir sie doch an! Sie sieht noch nicht einmal aus wie eine Zraonin! Nur Nyreanen haben schwarze Haare. Das zeigt doch nur wieder einmal, was für schreckliche, verräterische Wesen die Nyreanen sind. Die Zraonen haben nichts damit zu tun, mein König. Bitte lasst sie aus dem Spiel." Sie sprach nun etwas ruhiger, aber mit gleicher Abscheu. Kydraen nickte zufrieden und lächelte Driana an. ,,Selbstverständlich, meine Schöne. Wie konnte ich dir bloß vorwerfen, dass dieses Ding deine Tochter ist?"

Die Farbe wich aus Lelaenias Gesicht. Ihre Worte fühlten sich an wie ein Schlag in den Magen. Kaum erfuhr sie, dass Driana ihre leibliche Mutter war, verstoß sie sie schon - erneut. Doch ganz plötzlich bemerkte sie etwas. Königin Driana opferte Lelaenia, um ihr Volk, die Zraonen, zu schützen. Vielleicht war sie eine schreckliche Mutter, aber als Königin war sie beinahe perfekt.

Die Tür wurde erneut aufgeschlagen. Zwei Dasmanten hielten Noryn jeweils an einem Arm. Er schien sich kaum auf den Beinen halten zu können. Sein ganzes Gesicht war mit Blut beschmiert, welches von seinem Mund und seiner Nase stammt.
,,Noryn", hauchte Lelaenia entsetzt. Randon beherschte sich und hielt eine undurchdringliche Miene.

,,Oh, was haben wir denn da? Noch ein Mensch. Was hattest du vor, hm? Du plantest doch nicht etwa, deiner Menschenfreundin zu helfen?" Der König grinste schadenfroh und beugte sich leicht, um mit Noryn auf gleicher Augenhöhe zu sein. Dieser sah ihn wütend an und tat etwas, wofür Lelaenia ihn für immer bewundern würde. Er spuckte ihm mitten ins Gesicht.

Twin StarsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt