Nachdem Kane gegangen war hatte ich mich dazu entschieden mir Klamotten für den Abend rauszusuchen. Anschließend legte ich mich wieder auf mein Bett und schaltete mein Handy an. Der Bildschirm zeigte mir zwei verpasste Anrufe von Unbekannt an. Komisch, dass war doch ein neues Handy und eigentlich sollte niemand meine Nummer haben. Auf einmal brummte das Handy und eine E-Mail erscheinte. ich öffnete sie und mir blieb der Atem weg. Die Welt um mich herum schien sich in Lichtgeschwindigkeit zu drehen und mir wurde schlecht. In der E-Mail waren zwei Bilder. Auf dem ersten sah man meine Mutter wie sie in der Küche stand und kochte. Das Foto wurde anscheinend von unserem Garten aus gemacht. Sie wurde also wirklich beschattet. Aber was hatte sie denn mit der ganzen Sache zutun. Und die größte Frage war, welche Sache war das überhaupt? Um was ging es in dieser ganzen Sache.
Ich scrollte runter zum zweiten Bild. Nun schossen mir die Tränen in die Augen. Mein ganzer Körper zitterte, es fühlte sich an, als würde ich ersticken. Das Handy fiel mir aus der Hand und prallte auf dem Boden auf. Ich sackte langsam in mir zusammen und sank zu Boden. Die Tür wurde aufgerissen und Tyler stürmte auf mich zu. Er stützte mich und half mir wieder auf das Bett. Doch das alles bekam ich nicht so mit. Um mich herum war ein Schleier. Ich hörte, spürte und fühlte nichts. Mein Körper machte sich selbstständig und war wie in einem Kokon gefangen. Nun kam auch Kane dazu und versuchte ebenfalls mich zu beruhigen, doch auch er schaffte es nicht. Dann hob er das Handy auf und als er auf den Bildschirm blickte und somit auch das Bild sah, starrte er Tyler an. Er sagte nichts, er starrte nur. Tyler nahm ihm das Smartphone aus der Hand und sah sich den Inhalt an. "Scheiße man!", kam es von ihm. "Ich dachte die bluffen nur! Ich hoffe die haben deiner Mum nichts ernsthaftes angetan und das Bild dient nur zur Einschüchterung.", er klang besorgt. "Scheiß egal ob es zur Einschüchterung dient oder nicht! Meine Mutter ist verdammt nochmal gefesselt und geknebelt auf einem Bild zu sehen und ist somit in den Händen dieser kranken Pisser!", schrie ich auf einmal. Kane zuckte wegen meinem kleinen Ausraster zusammen. Dann fasste er sich aber. "Komm, zieh dir deine Sachen an und dann fahren wir zu deinem Haus. Scheiß jetzt mal drauf ob wir damit dein Versteck verraten, aber die Sache mit deiner Mutter ist jetzt nunmal wichtiger.", Kane warf mir meine Klamotten zu, die ich zuvor rausgelegt hatte. Die Jungs standen vor meinem Bett und sahen mich an. "Worauf wartet ihr? Raus!", sagte ich leicht verheult mit einem Lächeln im Gesicht. So schnell wie noch nie schlüpfte ich in meine Klamotten und raste die Treppe runter. Es war ein komisches Gefühl nach Hause zu fahren und nicht zu wissen was einen erwartet. Ob das alles nur ein schlechter Alptraum war und ich meine Mutter lesend in der Küche auffinden werde oder ob das alles die knallharte Realität ist und mich ein großes Chaos erwarten wird. Vor dieser Antwort hatte ich ehrlich gesagt große Angst. Niemand in seinem Leben sollte sich jemals so fühlen, denn Familie ist, was am Ende bleibt.
Schweigend saß ich neben Kane in seinem Auto. Tyler war mit dem Motorrad gefahren. Ich hatte mich geweigert mit ihm zu fahren, denn ich hatte mir bei der Hinfahrt geschworen nie wieder auf so ein Ding zu steigen. Die Wälder flogen an mir vorbei. Wir rasten durch den Wald und ein Blick auf das Tachometer verriet mir, dass wir mit 120 Sachen die Straße lang schießen. So eine Geschwindigkeit machte mir schon lange keine Angst mehr. Ich sah zu Kane rüber. Seine Kiefermuskeln waren angespannt und man sah sein Gehirn rattern. Ich fragte mich, was er wohl dachte. Seine Stirn war in Falten gelegt und seine Augen zu Schlitzen verengt. Er war eindeutig wütend. Langsam drehte er seinen Kopf zu mir, ich wollte mich schnell zum Fenster drehen, da sah ich, dass er mir ein kleines kaum sichtbares Lächeln schenkte. Und ich schenkte ihm eins zurück. Ich war wirklich froh über die Versöhnung. Kane war ein super lieber Typ, dass sich jedes Mädchen wünschte. Jedes, außer ich. Insgeheim wünschte ich mir David zurück. Aber auch in irgendeiner Weise, die ich nicht beschreiben konnte, Ryan. Wenn ich wirklich ruhig und in mich gekehrt war, konnte ich mein Herz ganz leise nach ihm schreien hören. Aber auch nur eben ganz Leise.
Kane parkte vor meinem Haus und ich konnte es kaum abwarten auszusteigen. Ja, ich hatte Angst davor was mich erwarten, aber ich wollte nicht länger auf die Antwort warten. Als er den Motor endlich abschaltete und die Türen sich automatisch wieder aufschlossen, riss ich die auf meiner Seite auf, hüpfte auf den Asphalt und sprintete los. Tyler war schon da und wartete an der Haustüre auf mich. Bitte lass es nur mieser Scherz gewesen sein, betete ich. Tyler öffnete langsam die Tür zu meinem Haus und was ich darin sah ließ mir meine Adern gefrieren. Denn die komplette Inneneinrichtung meines Flures lag verstreut auf dem Boden und ich endeckte noch etwas auf dem hellen Parket. Etwas Rotes. Blut. Auf dem Boden waren viele verschiedene, kleine, große, helle oder dunkle Flecken Blut verteilt. Mamas Blut. Schnell drückte ich mir meine Hand vor den Mund,um mich nicht übergeben zu müssen. Mit langsamen Schritten betrat ich endlich das Haus, das mir mit einem Mal völlig Fremd scheint.
Überall auf dem Boden lagen Fotos. Fotos von mir, als ich ein kleines Kind war. Ein Bild stach mir besonders ins Auge, also bückte ich mich und hob es auf. Ich stand da, mit langen offenen Haaren und meiner pinken Schultüte. Mein Lächeln ging mir bis hinter die Ohren und ich weiß jetzt noch wie stolz ich darauf war, dass mir mein erster Milchzahn noch vor der Einschulung rausgefallen war. Damals habe ich mir in die Zahnlücke immer Salzstangen gesteckt und fande das besonders lustig. Neben mir stand mein Dad. Leise seufzte ich. Damals war meine Familie noch intakt, Dad brachte mich morgens immer zur Schule und holte mich wieder ab. Gedankenverloren strich ich über Dads Gesicht und ließ das Bild in meiner Jackentasche verschwinden. Dann setzte ich meinen Weg wieder fort. Kane und Tyler dicht hinter mir. Ich war den beiden so dankbar, dafür, dass sie mitgekommen sind und dafür, dass sie nichts sagten. Dass sie geduldig waren und keine dummen Fragen stellten.
In der Küche sah es nicht weniger schlimm aus. Töpfe und Pfannen lagen auf dem Boden herum und überall lagen Scherben von zersprungenen Tellern. Um uns nicht zu verletzen schauten wir uns nur grob um und gingen anschließend weiter. Jedes Bild, das einst eingerahmt an den Wohnzimmerwänden hing, lag nun auf dem Boden. Die beiden Jungs teilten sich auf, der einen ging in die Couchecke und der andere in Richtung Esstisch und Terrasse. Ich blieb einfach in der Mitte des Raumes stehen und schloss die Augen. Länger würde ich dieses Chaos, was sich eigentlich mein Zuhause schimpfte, nicht ertragen. Lieber träumte ich vor mich hin, erinnerte mich an die schönen Zeiten die ich hier mit Mama, ja leider auch mit Papa, Ryan und Cassie erlebt habe. Bei dem Gedanke an Cassie zog sich mein Herz zusammen. Lange hatte ich verdrängt wie sie mich im Stich gelassen hat. Sie war doch irgendwo noch meine beste Freundin, oder nicht? Tyler riss mich aus meinen Gedanken. "Hey, schaut euch das mal an!". Kane und ich sahen uns fragend an und gingen zu Tyler rüber. Er hatte auf dem Couchtisch viele verschiedene Bilder aufgereiht. "Was fällt euch auf?", fragte er. "Sie sind alle kaputt?", sagte Kane, was aber eher als Frage klang. "Ja auch, aber seht mal genauer hin. Auf jedem Foto, wo Tessas Dad drauf ist, ist er ausgestrichen. Überall wurde mit schwarzem Edding drüber gemalt. Als ob ihn jemand aus Tessas Leben streichen will.", Tyler sah uns beide erwartungsvoll an. "Kann ja sein das ihre Mum einen Hass auf ihn geschoben hat und ihn nirgends mehr drauf haben wollte", Kane kratzte sich unsicher am Ohr. "Nein..", hauchte ich. "Meine Mutter würde das nie tun..", ich räusperte mich und fuhr mit festerer Stimme fort. "Auch, wenn sie es nie zugeben würde, sie vermisst meinen Dad immer noch. Die beiden sind eine Jugendliebe gewesen. Seitdem die beiden 14 waren haben sie sich geliebt. Es muss jemand anderes gewesen sein!", sagte ich fest entschlossen.
Gerade als wir weiter gehen wollten hörten wir ein Geräusch an der Eingangstür. "Bleib du mit Tessa hier, ich gehe nachschauen", Tyler packte sich hinten in die Hose und zum Vorschein kam eine Pistole. Erschrocken schrie ich auf, hielt mir aber schnell den Mund zu. Tyler hielt sich den Zeigenfinger vor den Mund um mir deutlich zu machen, dass ich leise sein soll. Vor Angst und Nervosität krallte ich mich in Kanes Arm. Der Arme verzog schon vor Schmerzen das Gesicht. Ein und Ausatmen Tessa. Alles wird gut. War nur der Wind, sprach ich mir selber gut zu. Nach einigen Sekund kam Tyler wieder. Er trug einen Stein in der Hand. "Uns wurde eine Nachricht hinterlassen. Sie wissen also, dass wir hier sind.", Tyler hielt den Stein hoch. "Bis heute Abend süße. Ich grüße deine Mutter von dir ;)", las ich mit zittriger Stimme vor. "Sie haben meine Mutter also doch.". Eine Träne nach der anderen bahnte sich ihren Weg an die Freiheit. Tyler und Kane umarmten mich und so standen wir nun kuschelnd zu dritt in meinem zerstörten Zuhause, mit der Angst vor dem Ungewissen, was heute Abend passieren wird.
Leute es tut mir so unendlich leid, dass ich sooooo lange nicht mehr geschrieben habe. Hatte die letzte Zeit wirklich unglaublich viel Stress und keine Zeit für mich selbst. Doch ich hoffe ab heute wird es wieder regelmäßige Updates geben. Schönes Wochenende. Wer von euch hat Zeugnisse bekommen?
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RYAN
RomanceTessa hätte nie gedacht, dass sie einmal so Probleme mit dem Pflegejungen bekommen würde, den ihre Mutter bei ihnen aufgenommen hat. Ryan wird zu einem echten Problemfall. Tessa ist die einzige die ihm näher kommen darf. Ryan vertraut ihr. Doch di...