E I G H T E E N

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Meine Mutter kam langsam in mein Zimmer. "Jetzt sag schon Mama, was ist passiert?" "Was hast du getan?", flüsterte sie. "Was Mama? Was soll ich getan haben?", ich verzweifelte langsam. "Hier", sie warf mir den Zettel vor die Füße. Verwirrt über ihre plötzliche Wut, hob ich den Zettel auf.

Sehr geehrte Frau Porter,

Ihr vorübergehend aufgenommenes Pflegekind Ryan Miller, wird mit sofortiger Wirkung aus Ihrer Familie genommen. Nach Aussagen des Jungen war er nicht Willkommen in dieser Familie und es wurde ihm auch deutlich von seiner Pflegeschwester, Ihrer Tochter, gezeigt. (....) Ich bitte sie am Montag, den 12.5. im Zentrum für Pflegekinder zu erscheinen. Bringen Sie bitte Ryan Miller's persönliche Dinge mit. (....) Wir werden in den nächsten Tagen bei Ihnen vorbei schauen und Ihre Fähigkeit als Pflegemutter noch einmal testen.

Mit freundlichen Grüßen

A.S

Mit Tränen in den Augen legte ich den Zettel zur Seite. Das kann doch alles nicht wahr sein. Was hatte ich nur angestellt? Scheiße! "Mama.. bitte schau mich an", sie sah nur zum Boden. "Es ist wirklich nicht so wie du denkst. Ja ich hab ihn von Anfang an nicht gemocht, aber ich würde ihn niemals verscheuchen wollen. Aber da war ein Vorfall, da konnte ich nicht anders, Da habe ich einfach gesagt er soll aus diesem Haus verschwinden und seitdem ist er halt weg.", ich sah auf meine zitternden Hände. "Was für einen Vorfall, TESSA JETZT REDE MAL KLARTEXT!", schrie sie plötzlich. Stumm liefen die Tränen meine Wange herunter. "Also, ich.. ich hab mitbekommen wie Ryan die kleine Vio geschlagen hat. Und dann hab ich gesagt er soll aus diesem Haus verschwinden und das er widerlich ist und sich so benimmt wie sein Vater.", meine Stimme zitterte. "Was hat dieser Brief zu bedeuten?" "Ryan ist wieder im System" ungläubig sah ich sie an und es liefen immer mehr Tränen meine Wangen runter. Sie brannten heiß auf meiner dünnen Haut. Ich zitterte am ganzen Körper, aber gleichzeitig schwitzte ich auch. Nach einer Weile versuchte ich aufzustehen um zu meiner Mutter zu gehen doch ich hatte immer noch unglaubliche Schmerzen überall. Mein Kopf pochte laut. Bei jedem Schritt den ich machte fühlte es sich an, als wenn meine Wirbelsäule in der Mitte druchbrechen würde. Mit jedem Schritt den ich machte gaben meine Beine immer mehr nach. In meinem Sichtfeld tauchten schwarze Flecken auf und sie wurden immer mehr. "Tessa ist alles gut bei dir? Du bist auf einmal so blass und läufst so komisch", hörte ich meine Mutter sagen. Meine Rippen schmerzten und es fühlte sich an, als wenn jemand ein Messer immer wieder in meine Lunge stechen würde. Die schwarzen Punkte füllten immer mehr mein Sichtfeld und irgendwann sah ich gar nichts mehr.

Blinzelnd öffneten sich meine Augen und blickten in grelles Licht. Jeder würde sich jetzt fragen wo er sei. Ich weiß es. Ganz genau. Ich habe schon oft in dieses grelle, künstliche Licht geblickt. Ich hatte immer noch starke Schmerzen. Mein Blick glitt durch den Raum. Er war leer. Niemand war da. In meinem Arm hing eine Kanüle, an der ein langer Schlauch befestigt war. Ich hing am Tropf. Und kaum hatte ich daran gedacht musste ich richtig dringend auf die Toilette. Mit großer Mühe richtete ich mich auf. Erst schwang ich ein Bein über die Bettkante, danach das andere. Kurz bevor meine Füße den Boden berührten kam eine Schwester rein und eile zu mir. "Was machen sie da? Sie dürfen nicht alleine Laufen! Eine ihrer Rippen ist gebrochen.", sie schaute mich entsetzt an und ich schaute mindestens genauso entsetzt zurück. "WIe meine Rippe ist gebrochen?", stammelte ich. "Laut dem Arzt liegen Verletzungen durch eine Straftat vor. So wie es aussieht wurden sie zusammengeschlagen. Wollen sie mir erzählen was passiert ist? Die Polizei wird später auch kommen", ich konnte ihren Worten nur schwer folgen. "Ich muss aufs klo", war das einzige was ich antwortete. Die Schwester half mir auf Toilette und wartete vor der Tür, damit sie mir wieder ins Bett helfen konnte. "Dankeschön", murmelte ich, als ich wieder im Krankenbett lag. Grade wollte die Schwester wieder anfangen zu reden, da kam die Polizei ins Zimmer. "Guten Tag, sie müssen Frau Porter sein?", fragte der Polizist. "Ähm ja", gab ich schüchtern von mir. Er blickte zur Schwester und zeigte ihr somit, dass sie den Raum verlassen sollte, was sie dann auch tat. "Gut, also..", er nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu mir ans Bett. "...deine Mutter hatte den Krankenwagen gerufen, nachdem du vor ihren Füßen umgekippt bist. Sie haben eine gebrochene Rippe und einige Prellungen, vor allem im Rückenbereich. Der Arzt sagt es war Fremdeinwirkung. Was können sie mir dazu sagen?", ich zitterte und sah ihn einfach nur an. Ich wusste nicht was ich sagen konnte und sollte. Ich wollte Ryan nicht in Schwierigkeiten bringen. "Hör mal Frau Por-", ich unterbrach ihn. "Bitte nennen sie mich Tessa, bei Porter werde ich ja noch verrückt!". Mein Herz pochte wie verrückt und meine Hände wurden schwitzig. Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte. "Hör mal Tessa, ich weiß es ist bestimmt schwer für sie darüber zu reden. Aber nur so kann ich ihnen helfen. Nur so kann der Täter gefasst werden und auch niemand anderes kann durch ihn verletzt werden." Langsam schloss ich meine Augen und atmete einmal kurz ein und wieder aus. Das Leben ist so so unfair!

Auf der einen Seite will man immer das Richtige tun, man will niemanden weh tun, gerecht sein und am Besten immer für jeden da sein. Doch auf der anderen Seite will man einfach nur überleben, man lügt um sich zu schützen, um andere zu schützen. Aber manche lügen nagen Tage lang, wochen oder gar Monate lang an einem. Man bekommt Schuldgefühle und würde am liebsten alles wieder gerade biegen, trotzdem macht man es nicht um sich selbst zu schützen. Die Menschheit wird immer egoistischer. Man hat keine andere Wahl, man muss sich der Menschheit anschließen. Sonst überlebt man nicht. Sonst wird man von dieser Menschheit überrannt. Ich habe keine andere Wahl. Ich muss egoistisch sein. Ich muss mich selber schützen.

"Also, ich war joggen und dann war ich kurz vor meinem Haus, da war mein Pflegebruder mit so einem Typen und die dachten ich würde schnüffeln, weil die hatten was mit Drogen zutun und dann hat mich der Typ verprügelt und mein Pflegebruder hat nichts dagegen unternommen", ratterte ich mit Tränen in den Augen runter. Ich fühlte mich so schlecht, aber auch befreit zugleich. Mein Herz hämmerte gegen meinen Brustkorb. Meine Fingernägel waren eingerissen, weil ich vor Nervösität an ihnen herum gespielt hatte. Meine Atmung ging schnell und schweiß bildete sich auf meiner Stirn.  "Beruhigen sie sich Tessa.", sprach der Polizist sanft. "Ich werde nochmal mit ihrer Mutter sprechen und dann werden wir den Täter ausfindig machen", er strich mir über den Arm. Ich sammelte mich und fragte mit brüchiger Stimme: "Was passiert mit meinem Pflegebruder?", ich hielt die Luft an. "Er wird ebenfalls verhört und bekommt eine Anzeige wegen unterlassene Hilfeleistung und inwiefern er Mittäter ist, kann ich ihnen zu diesem Zeitpunkt leider nicht beantworten. Auf Wiedersehen", mit diesen Worten verschwand er durch die Tür und ließ mich mit einem schrecklichen Gefühl alleine. Doch Zeit zum nachdenken hatte ich nicht, denn die Tür ging wieder auf.




Neuer Teil meine Freunde. Ab morgen bin ich wieder bei Wolfsknd 

RYANWo Geschichten leben. Entdecke jetzt