Kapitel 28

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Mir wurde so übel. Alles fing an sich zu drehen. „Wie hast du mich hier her gebracht?", flüsterte ich unglaublich und suchte halt an der Wand vor uns. Ich hielt meine Hand vor meinen Mund, o Gott. „Toilette.", brachte ich nur raus. In Kemals blauen Augen blitzte Besorgnis auf. Er nahm meinen Arm und schloss die Zimmertür auf. Mit schnellen Schritten führte er mich in den Nebenraum. Als ich die Toilette vor mir sah, kniete ich mich schon direkt hin und übergab mich. Was für Drogen hatte er mir gegeben?! Mich überkam eine noch heftigere Übelkeit. Geräuschvoll übergab ich mich und klammerte ich mich an die Toilette. Kemal kam zu mir rüber und hielt mir die Haare. Seine Hand strich über meinen Rücken. Diese Berührung ekelte mich noch mehr an als meine Kotze. Zitternd löste ich mich von der Toilette und stand auf. Wusch meinen Mund und suchte halt am Waschbecken. Dabei schaute ich in den Spiegel. Hinter mir stand Kemal, der mich besorgt anschaute. An Kemals Gesicht und auf seinem blauen Hemd war die Linsen Suppe verteilt. Was war nur mit diesem Jungen los? Er war nie so gewesen, nie. Er war jemand gewesen der jedem half, für einen da war. Er hat mich früher zum Lachen gebracht, er war ein total guter Mensch gewesen, bis... Ich zuckte zusammen und mein Blick wanderte im Spiegel zu mir. Meine Haare waren wirr, meine grauen Augen sahen erschöpft aus. Ich schüttelte meinen Kopf und wusch mein Gesicht. Nahm mir danach das Handtuch und trocknete damit mein Gesicht ab. Mir kam die Idee ihn mit einem Gegenstand zu erschlagen und dann wegzurennen. Aber ich wusste, dass er die Haustür abgeschlossen und den Schlüssel versteckt hatte. Also würde sich das nicht lohnen. Er würde dann wahrscheinlich richtig handgreiflich werden. „Wie hast du mich hier her gebracht?", wiederholte ich meine Frage. Ich drehte mich zu ihm um und sah in seine Augen. Er lächelte schief „Mit dem Privatjet meines Vaters." Mein Mund öffnete sich, dann schloss ich ihn wieder. „Er.. er unterstützt dich dabei?!", fragte ich unglaublich. Er lachte auf „Nein, ich habe seinen Privatjet nur geliehen." Ich schüttelte meinen Kopf. „Was stellst du dir jetzt vor? Das du mich hier gefangen halten kannst? Ich mit dir zusammen hier leben werde?", sagte ich wütend. In mir brodelte es so sehr, ich konnte diese Wut in mir nicht in Worte fassen. „Klar, und weißt du was? In drei Monaten ist unsere Hochzeit." Sein grinsen wurde noch breiter und seine Augen funkelten. Mir stockte der Atem, gefühlt wich mir jede Farbe aus dem Gesicht. Ich schloss meine Augen und spürte schon die Tränen auf kommen. „Ich hasse dich.", flüsterte ich und öffnete meine Augen. Ich hoffte so sehr, das Said nach mir suchen würde. Er musste merken, dass ich nicht aus freien Stücken gegangen war. Er musste es. Ich flehte innerlich Gott an, das er mich von diesem Irren befreien sollte. Dieser Mann der vor mir stand, war alles negative, aber kein Mensch. Denn hätte er ein bisschen Menschlichkeit in sich, hätte er mir das nie angetan. „Mit der Zeit wirst du lernen auch mich zu lieben.", sagte er und wollte mir eine Strähne aus dem Gesicht streichen. Ich schlug seine Hand weg „Nur über meine Leiche.", erwiderte ich hasserfüllt.

Etwas später saß ich wieder auf diesem Bett. Dachte nach wie ich von hier weg kommen könnte. Kemal war in der Dusche, ich hoffte das er diese Nacht irgendwo anders verbringen würde. Als es dann auch noch anfing dunkler zu werden, wusste ich das er es wieder tun wird. Er wird mich berühren. Ich wusste es einfach, denn nachdem er aus der Dusche kam und zu mir rüber sah, merkte ich diesen Blick. In mir bäumte sich alles auf, mir wurde so übel. Ich hatte noch nie so Angst gehabt wie in diesem Moment. Dieses Mal werde ich alles tun, kämpfen, meinen Körper verteidigen. Kemal ging auf den Schrank zu und ließ das Handtuch, das um seine Hüfte gewickelt war, einfach fallen. Sofort schaute ich weg und stand vom Bett auf. Ich sah zu dem Schminktisch, stellte fest das sich auf dem Tisch ein Parfüm befand. Neben dem Schminktisch war ein anderes Zimmer. Ich hatte noch nicht dort reingeschaut, denn ich befürchtete schon was sich in diesem Zimmer befand. Meine Hand zitterte als ich die Türklinke runter drückte. Schwer atmend knipste ich das Licht an. Eine weiße Wiege befand sich in der Mitte des Zimmers. Darüber hingen von der Decke aus kleine Sterne. Mein Blick wanderte weiter durch das Zimmer. An der Wand neben der Tür hingen zwei Bilderrahmen. Das eine hatte noch kein Bild drin, aber das andere... Mit langsamen Schritten ging ich auf das Bild zu. Auf dem Bild waren Kemal und ich drauf. Ich lächelte breit in die Kamera, dabei funkelten meine Augen glücklich. Kemal hatte lachend das Bild geschossen. Unsere Haare waren nass, es war ein warmer Sommer gewesen. Das Foto war letztes Jahr entstanden, als ich bei ihm übernachtet hatte. Wir waren im großen Pool von ihm schwimmen gewesen und hatten gegrillt mit seiner Familie. Dieser Tag war so schön gewesen. Ich hatte an diesem Tag wirklich alles vergessen. Den Stress zu Hause, in der Schule. Er war damals mein Anker gewesen und jetzt war er mein Untergang. Ich spürte wie mir eine Träne an meiner Wange runterlief. Schnell wischte ich sie weg und ging um die Wiege herum. In einer Ecke befand sich ein weißer Schaukelstuhl, darüber lag eine graue Bettdecke. Direkt daneben war ein kleiner Regal mit weiteren fünf Bilderrahmen. Nebeneinander waren sie alle gereiht, drei von den Bilderrahmen waren leer. Die zwei Bilderrahmen hatten wieder ein Bild. Auf dem einen Bild war nur ich abgebildet. Er hatte das Bild draußen vor einem Baum geschossen von mir. Da waren Kemal und ich zusammen auf einer Hochzeit gewesen. Ich hatte zickig in die Kamera gelächelt, sodass Kemal lachend das Foto geschossen hatte. Ich hatte einen schwarzen Rock angezogen, dazu hatte ich ein grünes Top kombiniert. Meine schwarzen Haare hatte ich gelockt. Mein Blick schweifte zu dem anderen Bild. Da waren wieder wir beide in der Bücherei abgebildet. Ich hatte ihm in Chemie geholfen und er mir in Mathe. Er hatte uns beiden später ein Kaffee geholt als wir fertig waren mit dem lernen, und als ich den Kaffee in meine Hand nahm, rutschte er einfach aus meinen Händen raus. Mein ganzes Oberteil war voller Kaffee gewesen. Kemal hatte mich ausgelacht und ein Foto von mir gemacht. Es war so ein witziger Tag...
Gerade als ich mich umdrehen wollte, spürte ich wie plötzlich Kemal hinter mir stand. Er legte sein Hände auf meinen Bauch und setzte sein Kinn an meiner Schulter ab. Sein Atem prallte gegen meine Wange. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem ganzen Körper. Mein Atem stockte. Er sollte sein Hände weg nehmen. Dieser Mistkerl. Ich versteifte mich augenblicklich und er gab mir einen kleinen Kuss auf meine Schulter. „Fass mich nicht an.", sagte ich und atmete aus. Kemal atmete tief meinen Duft ein. Ich musste mich nicht umdrehen um zu wissen das seine Augen geschlossen waren. „Gefällt dir das Zimmer?", fragte er nur und drückte mich näher an seinen Körper. Ich schluckte hart. Es war wirklich schön, aber das machte mir Angst. Er dachte wirklich das ich hier bleiben und mein Leben mit ihm verbringen würde. Lieber würde ich sterben als mein Baby mit ihm zusammen aufzuziehen. Ich legte meine Hand auf meinen Bauch und löste mich aus seiner Umarmung. „Es ist hässlich.", sagte ich und ging in Richtung Kleiderschrank im Zimmer. Ich öffnete ihn und fand schon einen Strampler drin. ‚My Dad is a Hero' stand auf einem. Ich konnte es nicht aufhalten und fing an laut zu lachen. Verwirrt kam Kemal zu mir rüber. Meine Augen füllten sich mich Tränen, ich fühlte mich so verloren in diesem Moment. Aus meinem Lachen wurde ein Schluchzen. Kemal sah den Strampler „Du bist alles Schreckliche und Hässliche, aber du bist kein Held.", sagte ich weinend. Dann zerriss ich aus Wut den Strampler mit bloßen Händen.

Gülüm- Meine RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt