Kapitel 2

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„Huhu, Jungs!", rief sie, wie immer gut gelaunt.

„Oh, habe ich Sie gerade gestört?", fragte sie, während sie das Tablett mit dem Tee und einigen Keksen hinstellte. Ihr schien das überhaupt nicht peinlich zu sein. Uns damit aber umso mehr. Wir mussten schon ziemlich komisch aussehen, wie wir auf dem Boden, dicht an einander gedrängt, mit geröteten Gesichtern, zerzausten Haaren, vom Küssen geschwollenen Lippen und jeweils einem dicken Knutschfleck am Hals da lagen.

Kurz gesagt: Es sah genauso aus, wie es war. Na toll.

Mrs Hudson schien das jedoch nicht zu stören. Das Gegenteil war eher der Fall.

Immer wenn sie uns zusammen sah, wie wir uns küssten, unsere Hände miteinander verschränkt hatten, oder einfach einander nur intensiv ansahen, seufzte sie und gab etwas wie, „Junge Liebe.", von sich.

„Ich bin dann mal wieder weg."

Ein kurzes, bedeutsames Zwinkern und schon war sie aus unserer kleinen Wohnung.

„Oh Gott. Wie peinlich!", rief ich und ließ mich gegen Sherlocks Schulter sinken.

Auch er wirkte peinlich berührt.

„Wie schlimm kann das eigentlich noch werden? Erst hat sie uns bei unserem ersten Kuss erwischt. Das war ja schon schlimm genug! Dann haben wir versucht uns etwas zurückzuhalten und es waren nur lange Blicke. Dann kleine Küsse auf die Wange. Dann richtige Küsse und jetzt das! Was kommt beim nächsten Mal?! Schlimmer kann es doch gar nicht mehr werden! Oder?",rief er.

Ich merkte, wie ich rot wurde, als ich daran denken musste, was beim nächsten Mal passieren könnte.

„Naja... Eine Nummer peinlicher könnte es noch werden....", gab ich zurück.

Nun wurde auch Sherlock rot und stammelte:" D-Du meinst... also..., wenn sie... wenn... Oh Gott!"

Über seinen geschockten Gesichtsausdruck konnte ich nur lachen.

Uns war beiden klar, was ich damit meinte.

„Wenn wir...also..wenn...falls... wenn wir irgendwann DAS machen... erinnere mich bitte daran die Tür abzuschließen...", stotterte Sherlock mit Purpur rotem Gesicht.

„Versprochen.", gab ich, genauso rot im Gesicht, zurück.

Wir hatten uns bereits etwas beruhigt und saßen zusammengekuschelt mit einer Decke über den Beinen (es war verdammt kalt draußen, würde mich nicht wundern, wenn es morgen schneien würde, immerhin war bald Weihnachten) auf dem Sofa, als Detektive Inspektor Lestrade in die Wohnung stürmte.

„Er ist wieder da!"

„Oh! Woher der Sinneswandel?", kam es spöttisch von Sherlock.

Erst jetzt schien der Inspektor die Situation zu erfassen, denn er fing an zu stottern und starrte, wie hypnotisiert auf die nicht zu übersehenden Knutschflecken.

„E-es... w-wir ha-haben...", er schüttelte kurz den Kopf und fuhr nun ohne Herumgestotter fort:" Es wurde eine Leiche gefunden."

„Das erklärt immer noch nicht ihren plötzlichen Sinneswandel.", beteiligte ich mich nun auch an dem Gespräch.

„Ähm ja. Es ist so: Die Leiche wurde auf einer Waldlichtung in einem Gläsernen Sarg gefunden. Die ermordete Frau hatte einen angebissenen Apfel im Sarg und ein kleines Apfelstück ragte aus ihrem Mund. Wie sich später herausstellte war der Apfel vergiftet worden. Der Gläserne Sarg war mit Blut übergossen und darauf geschrieben stand „Miss me?". Ich glaube da muss man nicht lange überlegen, um zu erraten, wer das war."

„Grimms Märchen. Schneewittchen. Die Geschichte, wie das Mädchen es drei Mal schaffte, dem Tod zu entfliehen. Genial. Wie könnte er besser zeigen, dass er noch lebt, als mit einer Andeutung an das überlisten des Todes? Oh es ist Weihnachten!", rief Sherlock erfreut.

„Genau genommen ist Weihnachten erst in zwei Wochen.", gab ich grinsend zurück.

Daraufhin bekam ich einen „Nicht dein Ernst Blick" zurück.

„Ist ja gut. Ist ja gut. Sollte doch nur ein Scherz sein.", rief ich lachend, als nach einer halben Minute ich immer noch einen finsteren Blick zugeworfen bekam.

„Lestrade. Wir müssen die Leiche sehen."

„Ähm. Haben sie eine Ahnung wie spät es ist?"

„Ja es ist 23:41 Uhr!", gab Sherlock protestierend wieder.

„Sherlock, das Barts hat schon geschlossen.", gab ich sanft zurück.

„Na gut! Dann eben morgen!", gab er leicht gereizt zurück.

Ich verzichtete ihn daran zu erinnern, dass wir für morgen Nachmittag, Sherlocks Eltern und Mycroft eingeladen hatten, um ihnen von unserer Beziehung zu erzählen. Wobei... Mycroft wusste ja schon irgendwie bescheid. Schon der Gedanke, an die damalige Situation, ließ mich leicht erröten.

„Wenn das dann geklärt ist, werde ich nun selber nach Hause gehen. Es ist, wie Sie ja gerade festgestellt haben, schon ziemlich spät. Ich erwarte Sie dann morgen um 9 Uhr im Barts Hospital. Bis dahin, eine Gute Nacht."

Mit diesen Worten verließ Lestrade die 221 b Bakerstreet.

Für immer. Oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt