Kapitel 7

864 70 40
                                    

Als wir eine Stunde später am Tatort eintrafen, wartete Lestrade bereits auf uns.

„Na das hat ja lange gedauert. Was haben Sie denn noch so lange getrieben?", kam es ein wenig amüsiert von ihm, während er auf ein angrenzendes Waldgebiet zusteuerte. Er dachte doch hoffentlich nicht, dass wir...Oh Gott! Bitte sag, dass das nicht wahr ist! Geschockt schaute ich zu meinem Freund auf, der anscheinend den gleichen Gedanken, wie ich hatte. Denn er schaute mich ebenfalls mit einem gemischten Gesichtsausdruck an. Einerseits konnte ich dort sehen, dass ihm das ziemlich peinlich war, auch wenn er es nicht zugeben wollte, aber auch Belustigung darüber, dass Lestrade nicht so ganz unrecht hatte.

Mein Gedankenfluss wurde jedoch jäh unterbrochen, als wir stehen blieben und Sherlock meine Hand drückte, um mich wieder in die Realität zurück zu holen.

Vor uns bot sich eine Szene, mal wieder aus Grimms Märchen.
Auf der Lichtung, die wir betreten hatten, konnte man ein kleines, malerisches Haus erkennen, aus dessen Schornstein noch Rauch quoll.

Vor diesem lag ein großer Wolf, dem der Bauch allem Anschein nach aufgeschlitzt wurde. Neben dem Wolf lag ein Jäger und auf einer Bank vor dem Haus lag die Leiche einer alten Frau. Das schlimmste war jedoch, ein vielleicht zehn Jahre altes Mädchen, in einem roten Kleid und einer roten Kappe auf dem Kopf, welches an einem nahegelegenen Baum lehnte und nur so aussah, als ob es schlief.

Es war leicht zu erraten um welches Märchen es sich handelte.

Rotkäppchen.

Wir begannen den Tatort gründlich zu untersuchen und bekamen von dutzenden Polizisten überhebliche Blicke zugeworfen.

Sherlock fing an den Jäger zu untersuchen und ich machte mich daran mir die alte Frau genauer anzusehen, was den Wolf getötet hatte war ja wohl mehr als eindeutig. Als wir beide fertig waren, machten wir uns auf den Weg zu dem kleinen Mädchen.

Wir wollten gerade mit den Untersuchungen beginnen, als ich inne hielt.

„Sherlock", rief ich aus. „Sie lebt noch!" Auch Sherlock betrachtete sie genauer.

„Oh mein Gott! John, du hast recht! Ruft einen Krankenwagen!", rief er den Polizisten zu, die in der Nähe standen und uns immer noch skeptisch beäugten.

„Nun macht schon! Sonst stirbt sie!", rief ich ihnen zu. Doch sie rührten sich nicht. Was soll das denn?

„Sie wollen sich doch nur wieder wichtig machen!"

Hatten die noch alle Tassen im Schrank?! Es ging hier um das Leben eines 10 jährigen Mädchens! Wie soll man sich denn damit wichtig machen? Etwa damit, dass man bemerkt, dass sie noch atmet?

„Oh wow ich habe bemerkt, dass sie noch atmet ich bin ja so wichtig."
Sag mal geht's noch? Was musste denn noch geschehen, damit diese hirnverbrannten Deppen bemerkten, dass die Sache todernst war und sie gerade ein Leben aufs Spiel setzten, nur weil sie zu dumm sind einen Lebenden von einem Toten zu unterscheiden?! Das war doch zum verrückt werden! Dieses Mädchen könnte jeden Moment sterben und diese Vollidioten weigerten sich einen Krankenwagen zu rufen!

„ Ich bin Captain John Hamish Watson, fünfte Northumberland Füsiliere, ich bin Militärarzt, ich werde ja wohl wissen, ob dieses Kind noch atmet oder nicht und jetzt verdammt nochmal! Rufen sie endlich den scheiß Krankenwagen! Sonst haben wir hier wirklich eine weitere Leiche liegen!", schrie ich den Polizisten entgegen, die mich nun mit großen Augen anglotzten.
Toll!
Alles musste man selber machen!

In dem Moment hörte ich hinter mir ein schwaches Keuchen. Nun hatte auch der letzte Vollpfosten, oder in dem Fall die Polizisten, begriffen, dass sie noch lebte!

Es wurde endlich ein Krankenwagen gerufen, der nach acht Minuten da war und die Kleine in das nächste Krankenhaus brachte.

Sobald wir den ganzen Tatort unter die Lupe genommen hatten, machten wir uns auf den Weg in das Krankenhaus, um das Mädchen zu befragen.

Wir wurden von den Ärzten angewiesen, nicht all zu lange mit ihr zu reden, da sie noch sehr schwach sei und viel Ruhe benötigte.

Vorsichtig klopften wir an die Tür und als ein schwaches „ja" ertönte, traten wir ein.

Für immer. Oder doch nicht?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt