15.

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Laura

Es ist zehn Uhr als mein Wecker klingelt. Ich glaube, ich war schon lange nicht mehr so nervös. Ich räkle mich verschlafen in meinen Kissen. Draußen schneit es. Och Nö! Scheiß Winteranfang! Ich kuschle mich tiefer in meine Kissen als mir der Pulli neben meinem Bett auffällt. Sein Pulli. Ich greife danach und vergrabe mein Gesicht darin. Wie kann man so abhängig von einem Geruch sein. Wie eine Droge.

Im Bad lasse ich meine neue Playlist auf meinem Handy laufen während ich mich richte. Nur seine Lieder überspringe ich. Nicht, weil sie nicht gut sind sondern einfach weil ich das im Moment nicht ertrage. Ich bin zu aufgewühlt. Rico hat mir geschrieben und meint ich soll mich heute Mittag mal melden. Mal sehen, was es Neues gibt im Ricoversum.

Mein Handy leuchtet auf. Sophie. Ach, sie lebt noch! Ist ja lustig! Missbilligend Presse ich die Lippen zusammen und trage weiter mein Make-Up auf.

An: Laura
Sophie: es tut mir mega leid das ich mich nicht gemeldet hab süße ich erklär dir alles später

Ich verdrehe die Augen. Besser ist es, Mädchen! Ich betrachte mein Werk im Spiegel. Meine Haare zu einem Zopf, dezentes Make-Up, ein Hauch Rusch und zur Abwechslung sogar mal Eyeliner. Meine Wimpern sind ein bisschen klebrig weil die Mascara langsam leer wird. Ich mache mir eine Notiz eine neue zu kaufen. Ich setze meine Fake Brille auf und checke meine Klamotten auf Flecken. Ich hasse es, wenn Kleidung dreckig ist. Meine dunkle Hose und das gestreifte, eng anliegende Oberteil sind schlicht und trotzdem figurbetont. Ich hoffe, er reagiert darauf. Zum Schluss lege ich noch ein bisschen Schmuck an und bin zufrieden. Mit weißen Air Max bin ich heute nicht gut für den Schnee gewappnet aber ich ziehe die Optik an Tagen wie heute der Praxis vor. Ich trinke noch gemütlich meinen Kaffee bevor ich mich auf den Weg zur Bahn mache.

Am Studentenknast angekommen rennen mir schon Luca und Sophie entgegen. Beide des Todes aufgeregt und beide des Todes verknallt. Ach du heilige Scheiße! "Leute beruhigt euch doch, was ist denn schief mit euch!", schnauze ich sie an und endlich kehrt Ruhe ein. "Ich kann nur einem zuhören und vor allem nicht hier in der Kälte.", Sophie zieht eine mitleidige Grimasse und nickt "Stimmt. Lasst uns rein gehen. Wir haben noch eine viertel Stunde.", damit bahnen wir uns unseren Weg durch die ganzen anderen Studenten. Ich erkenne Jasmin wieder unter ihnen. Sie starrt mich unverhohlen an. Wie gruselig man sein kann!

"Also jetzt erzählt mal. Achso und es ist noch nicht raus was ich von euch bekomme, dafür das ihr mich fürs Vögeln stehen lasst.", sage ich als wir uns in den Vorlesungsraum gesetzt haben. Die Erinnerung an das, was danach war lässt mich kalt erschaudern. Ich beschließe, ihnen nichts davon zu erzählen. Nachher fühlen sie sich noch schlechter als jetzt. "Luca du fängst an.", murmelt Sophie. "Also.", startet unser Homo "Ich habe Derek kennen gelernt. Er kommt aus Australien und macht ein Auslandsjahr hier.", wer auch immer auf diese dämliche Idee kommt, in Deutschland ein Auslandsjahr zu machen. "Er ist so hot und ich sage euch wir haben das ganze Wochenende zusammen verbracht!", er klatscht vor Freude in die Hände und strahlt übers ganze Gesicht. Ein bisschen freue ich mich schon für ihn. Aber das er noch sitzen kann? Mein Handy leuchtet auf. "Achso und er will mich wieder sehen.", ich lächle "Ist ja mega! Ich dachte ich habt nur so eine einmalige Sache?", er schüttelt den Kopf "Honey er ist ein Gott im Bett den halte ich mir schön warm.", ich muss lachen. Luca ist nicht nur schwul, er hat das Wort erfunden.

"Wer ist Julian?", meint Sophie plötzlich und guckt mich vielsagend an. Fuck! "Ach nur ein Kumpel.", versuche ich das Ganze abzutun. Sie zieht die Augenbrauen hoch. "Ein Kumpel der dir schreibt er freut sich auf heute Abend und das er gerade Geld abheben war.", Oh Julian! Kopfnuss. Ich versuche eine andere Tour. "Warum liest du eigentlich meine Nachrichten?", sie lacht "Lenk jetzt nicht ab!", Luca nickt und beugt sich vor "Jap. Wer ist der feine Herr?", definitiv nicht fein. Wenn, dann vielleicht ein ziemlicher Holzkopf. "Ach ich hab da wen kennen gelernt.", gebe ich mich geschlagen. "Mal schauen was draus wird.", die beiden freuen sich aufrichtig. Sie wissen nichts von Patrick und sie wissen nichts von Baby. Und trotzdem sind sie froh, dass ich glücklich bin. Oder vermeintlich glücklich. Noch ist nichts in trockenen Tüchern.

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