24.

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Laura

"Ich glaub wir lassen das.", meint er nur kleinlaut und zieht mich an sich. Er drückt mir einen Kuss auf den Scheitel und hält mich kurz fest. Seine Art sich zu entschuldigen. Als wir uns lösen scheint es ihm besser zu gehen. Ich lächle ihm aufmunternd zu und nehme seine Hand um ihn hinter mir her zu ziehen. "Komm ich will die Robbenfütterung sehen!", quieke ich aufgeregt und er schüttelt den Kopf während er sich von mir zum Gehege der Wasserbewohner ziehen lässt. "Manchmal bist du wie ein Kind.", motzt er und ich schnalze ihm auf die Fingerknöchel "Dann bist du also pädophil?", foppe ich. Er verzieht das Gesicht "Du bist eklig Baby.", und ich lache.

Wir sind locker schon drei Stunden durch diesen Zoo gerannt als ich mich zum ersten Mal traue ernsthaft  seine Hand mit meiner zu verknoten. Er lässt es zu und wir gehen schweigend, händchenhaltend und mit einer gewissen erwartenden Spannung zwischen uns durch die Gewächshäuser. Was man zu Julian sagen kann - was ich in der letzten Zeit extrem bemerken durfte - ist, dass er egal wo man ist immer wieder zu singen beginnt. Völlig zusammenhangslos. So auch jetzt gerade bis ich ihm reinrede: "Guck mal die riesigen Pflanzen, hey.", mein Blick wandert die gewaltigen Ranken empor. Baui sieht mich mit einem spöttischen Lächeln von oben herab an. "Im Gewächshaus? Krass.", ich verdrehe amüsiert die Augen "Mein Gott, wäre ich nur halb so lustig wie du.", kontere ich. "Ist Talent mein Schatz.", er kichert dreckig und zieht mich einfach weiter. "Hast du heute Abend noch was geplant?", es ist mehr ein Impuls als ein Gedanke. Er bleibt stehen und sieht mich schuldbewusst an "Babe die Jungs wollen Mucke machen.", meint er nur. Und obwohl er mich so ansieht weiß ich, dass er sich niemals überreden lassen würde nicht ins Studio zu fahren. Aber ich möchte ihn auch nicht überreden. Lieber ist er dort als anderswo. Ich lächle "Okay. Trink für mich mit.", seine Augen weiten sich und er beginnt zu strahlen. Sein ganzes Gesicht hellt auf und ich frage mich zum ersten Mal in all der Zeit was genau er in der Vergangenheit für Frauen hatte, dass er meint ich wäre angesäuert. Er lächelt so bubenhaft, ich kann mich nicht mehr zurück halten. Vorsichtig nehme ich sein Gesicht in meine Hände und küsse ihn. Mitten im Zoo, vor allen Leuten. Und keiner nimmt Notiz von uns. Er legt seine Hände auf meine Taille und zieht mich näher an sich. Es ist ein anderer Kuss als die, die er mir gibt wenn wir uns das Hirn rausvögeln oder uns Leidenschaft und Unruhe kundtun. Zum ersten Mal kann ich etwas spüren, dass seinem Alles näher kommt.

Bis genau in diesem Moment, als es nur noch uns gibt, hinter uns ein Schrei ertönt bei dem die Gläsernen Wände des Gewächshauses zu zerbersten drohen. Wir fahren erschrocken auseinander und da steht ein Mädchen, nein fünf Mädchen, von etwa sechzehn Jahren und machen Fotos. "Oh mein Gott, Bausa hat ne Freundin!", ich erbleiche sofort. Scheiß Groopies! Jetzt werde ich auch noch berühmt bei diesen Fankindern! Ich bete zu Gott, dass Bauis Zittern neben mir kein Vorbote für Eskalationen sind. Doch er scheint sich zu besinnen beim Anblick der Kids und anstatt irgendeine aggressive Reaktion zu zeigen zieht Julian mich näher zu sich, schirmt mein Gesicht mit seiner Großen Hand ab und drückt meine Nase fest in seine Brust. Da weiß ich, das er da ist, das er mich beschützt. "Hey Mädels wenn ihr Fotos wollt oder so sagt einfach aber macht doch nicht einfach welche.", es ist eine Warnung. Sein Unterton entgeht mir nicht und den Mädchen wohl auch nicht. "Okay sorry. Aber kriegen wir Bilder?", er nickt und löst sich von mir. "Baby willst du die Bilder machen?", ich brauche eine Sekunde um zu begreifen das er mich meint. Ich nicke und schieße die Fotos für die Mädchen. "Du bist voll hübsch.", ein blondes, hageres Ding schaut mich aus großen blauen Augen an. Ich kann Anerkennung und Respekt in ihrem Blick erkennen. "Ich danke dir Liebes.", die anderen machen ein seltsames 'Aww'-Geräusch und im nächsten Moment bin ich umringt von Bausa-Fangirls die mir allesamt an den Haaren und Klamotten zupfen und mir tausend mal sagen wie hübsch ich doch bin.

Etwas irritiert beantworte ich jedes Kompliment mit einem Gegenkompliment und versuche nicht ganz so viel zu sagen. Julian steht da und grinst mich dumm an. Ich glaube, es gefällt ihm, dass ich von den Mädels genauso umgarnt werde wie er. "Ist das lustig?", foppe ich ihn. Die fünf Hormonbomben um mich herum fixieren nun wieder ihn. "Ja schon. Jetzt muss ich aufpassen, dass du mir die Weiber nicht wegnimmst.", er zuckt mit den Schultern und ich verdrehe die Augen "Ja ganz genau das war mein Ziel des heutigen Tages.", er lacht und tritt einen Schritt vor. Mittlerweile sehen sich ein paar erwachsene das komische Schauspiel um mich herum an und schütteln den Kopf. "So meine Schätze. Diese wunderschöne Frau und ich gehen jetzt weiter und für jede von euch gibts eine von denen-", er zieht Autogrammkarten aus seinem Hoodie "-wenn ihr uns hier nie gemeinsam gesehen habt. Das ist privat und eigentlich ist Bausa nicht privat so zu seinen Fans.", sein Blick durchbohrt sie und die fünf nicken im Einklang. Damit schiebt er mich weiter durch das Gewächshaus und verschränkt unsere Finger wieder miteinander. Die Sache ist durch. Doch ich nage noch immer an einer anderen Geschichte.

"Du bist oft im Studio oder?", der Blick den er mir zuwirft spiegelt mein eigenes Entsetzen. Noch dämlicher hätte ich nicht anfangen können. Er zögert. "Ja. Das ist mein Job.", ich weiß "Aha.", ich nicke langsam weil ich nicht weiß, wie ich weitermachen soll. Er sieht mich misstrauisch von der Seite an. Als hätte er mich noch nie gesehen. "Baby wenn du mir verbieten willst, da...", "Nein!", ich falle ihm so harsch ins Wort, dass wir beide zusammenzucken. "Nein so mein ich das nicht. Ich würde dir das nie verbieten. Aber ich frage mich..", nun bin ich diejenige die zögert. Er zieht die Augenbrauen nach oben und seine Mundwinkel zucken. "Was?", fragt er amüsiert. Wenigstens hat hier einer gute Laune. "Ich hab mich nur gefragt wieso du so erstaunt darüber warst, dass ich dir da nicht widersprochen hab.", sein Grinsen verschwindet und er senkt den Kopf. Mir rutscht das Herz in die Hose. "Du musst nichts erzählen was du nicht erzählen willst. Schau, wir sind jetzt zu zweit und ich denke das.. sowas kann Geheimnisse ertragen aber keine Lügen.", ich hüte mich davor 'Beziehung' zu sagen. Er nickt. "Ja. Lass uns gehen.", ich nicke und wir verlassen den Zoo, beide den eigenen Gedanken nachhängend.

Obwohl ich neugierig bin frage ich nicht weiter nach. Auch zwei Wochen später steht die Vergangenheit in manchen Momenten noch immer zwischen uns. Ich bin mehr bei ihm als bei mir, weshalb ich meine Uniskripte gerade aus meinem Auto räume um sie bei ihm unterzubringen. Unabhängigkeit war mir seit der Trennung von Patrick immer wichtig aber es tut gut Zeit mit Ju zu verbringen, wir lachen viel und foppen uns den ganzen Tag lang. Er zeigt mir seine Lieblingskneipe, wir saufen, ich kotze, er bringt mich heim. Tagsüber versuche ich ein bisschen was für die Uni zu machen und nicht auszuflippen weil seine Wohnung eben aussieht wie eine Männerwohnung so aussieht. Jedes Mal endet so eine Debatte in Sex. Vorzugsweise genau da wo wir uns streiten. Möge es die Küche sein oder die Dusche.

"Ist das dein Ernst? Ich hab vorhin gesagt mach die Spülmaschine an!", keife ich als ich den Gestank von benutztem Geschirr im Flur schon rieche. Er liegt zockend auf dem Sofa und zuckt nicht mal mit der Wimper. Ich hiefe meine Taschen wieder auf meine Schultern und trage sie mühselig ins Schlafzimmer. "Wie kann eine Tasche so schwer sein.", murmle ich. Mehr zu mir selbst als zu sonst wem. "Wenn man die so voll macht.", ich zucke vor Schreck zusammen. Baui lehnt rauchend im Türrahmen und grinst mich an. Er sieht total verorgelt aus. "Du Fuchs.", kontere ich und mache mich ebenso grinsend daran meine Taschen zu leeren. "Ist des nur für deine Uni?", ich nicke. "Ja ich hab zwar noch meinen Laptop aber ich lerne so besser. Ich krieg immer Kopfweh von dem Pc Licht.", ich kehre ihm zwar den Rücken zu und kann ihn nicht sehen, doch seine Blicke und seine Präsenz spüre ich bis tief in meine Knochen. Es ist dieselbe Kraft die mich in seine Arme treibt wenn wir uns lieben und durch die wir uns in einer Menschenmenge von Millionen finden würden.
Ich höre wie er seine Zigarette ausdrückt und den Rauch auspustet. Seine Schritte vibrieren im Laminat unter mir.
Das erste was mich berührt sind seine Fingerspitzen, dann die Hand und schließlich zieht er mich auf die Füße und dreht mich zu sich um. Sein Geruch hüllt mich ein, seine Augen brennen. "Ich hab dich vermisst.", der Hauch eines Lächelns schleicht um seine Mundwinkel. "Ich war nur zwei Stunden weg.", meine Lippen beben. "Egal.", meint er nur und im selben Moment in dem er meinen Arsch packt, mich vom Boden hochreißt und küsst erwacht das Feuer in meinen Lenden. Meine Libido kreischt nach Erbarmen doch ich weiß, dass dieser Mann keine halben Sachen macht - und ich liebe es.

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