Nach dem Essen kehrten Sam und ich zurück in unser Zimmer.
"Jetzt haben wir zwei Stunden Freizeit. Dann kann man in die Bibliothek oder zu anderen aufs Zimmer gehen, Hausaufgaben machen ... Was man mag.", informierte mich Sam.
Ich nickte. „Ich glaube, ich packe noch ein bisschen aus und gehe dann bald schlafen. Es war echt ein anstrengender Tag für mich." Mann, das hörte sich irgendwie ziemlich lahm und langweilig an.
„Okay!" Sam schien es nicht weiter aufzufallen. „Ich muss eh noch Hausaufgaben machen. Wenn du irgendwas brauchst, frag mich einfach!" Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und schlug ihr Buch auf.
Ich zog mich in meinen Erker zurück. Mein Rucksack war noch vollständig gefüllt, also begann ich damit, ihn auszupacken. Der Kleiderschrank war ziemlich klein, doch da ich eh nicht Unmengen an Klamotten mitgebracht hatte, passte alles hinein. Erschöpft ließ ich mich nach einer halben Stunde auf mein Bett fallen. Ich hatte alles fertig eingeräumt. Als ich mich schließlich aufsetzte, fiel mein Blick zum ersten Mal richtig durch das Fenster. Von meinem Zimmer aus hatte man eine perfekte Sicht auf die Berge und den Schimmersee. Die Wolken und der Mond spiegelten sich auf der glatten Oberfläche des Wassers. Nebelschwaden zogen über den See und der Mond tauchte alles in gelbweißes Licht. Es war wunderschön!Ich hatte noch eine Stunde lang gelesen, als es an der Tür klopfte.
„Herein?"
Sam lugte durch den Türspalt. „Gleich ist Bettruhe. Gehen wir zusammen zu den Waschräumen, um uns fertig zu machen?" Fragend sah sie mich an.
„Ja, klar." Schwungvoll sprang ich aus dem Bett und griff nach meiner Kulturtasche, die ich auf den Schreibtisch gestellt hatte.Die Waschräume stellten sich als sehr enger und sehr nasser Raum heraus. Es gab zwei Türen zu den Waschräumen, die von einem Vorraum abgingen. Rechts eine für die Jungen und links eine für die Mädchen. Wir betraten den Waschraum der Mädchen. Gleich wenn man reinkam, befanden sich die Waschbecken an der Wand, daneben ein paar Klokabinen und eine Trennwand an der Seite der letzten Kabine grenzte den Duschbereich ein.
„Ziemlich eng ...", stellte ich fest und sah mich skeptisch um.
„Ja, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran." Sam machte sich daran ihr Gesicht zu waschen und ich tat es ihr gleich. Keine zwei Minuten später ging die Tür auf und zwei hellblonde Mädchen kamen herein. Die beiden erinnerten mich an Ally. Sie waren hier definitiv die Zicken, das sah ich auf den ersten Blick. Mit ihren hellblonden Haaren und der hellen Haut passten sie eigentlich gar nicht in das Werwolfschema. Die beiden unterhielten sich angeregt.
„Hast du Taylor vorhin in der Mensa gesehen? Oh mein Gott seine Frisur ist ein absolutes Disaster! Da ist die von meinem Opa ja schöner - Und der hat nur noch drei Haare!", rief die eine. Sie trug nur ein schneeweißes Handtuch um ihren Körper gewickelt und hatte ihre Haare zu einem Dutt hochgesteckt.
„Oh Cherry, du bist so witzig!", kicherte die andere. Auch sie trug nur ein Handtuch. Die beiden gingen zu den Duschen, doch auch von dort aus konnte man sie immer noch gut verstehen.
„Das sind die Zicken der Werwölfe: Cherry Anderson und Nadine Lambert.", bestätigte Sam meine Vorahnungen. „Sie sind Cousinen. Beide sind seit einem Jahr hier und glauben die Schule gehört ihnen ..." Sie verdrehte genervt die Augen und cremte ihr Gesicht ein. „Halt dich lieber von ihnen fern."
Schweigend putzte ich meine Zähne.
Nach und nach füllte sich der Waschraum immer mehr. Der Geruch von süßem Duschgel, Zahnpasta und Bodylotion drohte mich zu erschlagen. Dazu noch die feuchte Luft ...
„Ich geh schon mal zurück auf's Zimmer.", murmelte ich und nahm meine Sachen.Am nächsten Tag weckte mich der schrille Klingelton meines Weckers vermischt mit Vogelgezwitscher. Stöhnend wühlte ich mich aus dem Bett. Den Geräuschen aus Sams Zimmer nach zu urteilen, war sie bereits wach. Es war sieben Uhr morgens. Der Unterricht fing um halb neun an und dauerte bis dreizehn Uhr dreißig. Ich zog mir eine Jeans und einen Kapuzenpullover an und packte die Bücher für den heutigen Tag ein. Meine Fächer waren: Werwolfunterricht, dann Mathe und im Anschluss Kunst. Eigentlich keine schlechten Fächer, doch da das mein erster Tag war und ich mitten im Schuljahr anfing, würde ich mich sicher erst überall vorstellen müssen. Und ich hasste es, vor der ganzen Klasse zu stehen.
Ich ging zu Sam ins Zimmer. Sie tippte gerade etwas in ihr Handy. Auch sie hatte sich bereits angezogen und ihre Sachen gepackt. Selbst ihr Bett war schon gemacht. Sie schien wohl ein Frühaufsteher zu sein ... „Guten Morgen!"
„Morgen!", rief sie und sah auf. „Gut geschlafen? Man sagt ja immer, dass das, was man in der ersten Nacht in einem neuen Bett träumt, wahr wird." Sam lachte und zwinkerte mir zu.
Ich lachte ebenfalls, doch in Gedanken versuchte ich mich an meinen Traum zu erinnern. Ich hatte ihn nicht mehr ganz im Kopf, aber es war definitiv etwas über Werwölfe und Vampire gewesen. Nichts außergewöhnliches also an einer Schule wie Overtum, die von Werwölfen und Vampiren nur so wimmelte.
„Na egal! Komm lass uns frühstücken gehen." Sie stopfte ihr Handy in ihre Jeans und hielt mir die Tür auf.
Der Gang war schon gut besucht. Es war wie eine Völkerwanderung - Alle hatten nur ein Ziel. Die Mensa.
„Was ist das für ein Raum?", fragte ich Sam und deutete auf eine verschlossene Tür im Gang.
„Da geht's zu den Computerräumen. Niemand hier hat einen Computer, nur Handys sind erlaubt. Also wenn du jemandem eine e-Mail schicken willst oder für Hausaufgaben den Computer brauchst, geh einfach dorthin. Aber pass auf! Die Computerräume sind für Werwölfe, Hexen und Vampire - Wie so vieles hier. Lass dich lieber auf keinen Streit ein." Sie grinste. „Auch wenn du, glaube ich, nicht der Typ dazu bist."
Als wir die Mensa betraten, schlug uns eine ungeheure Lautstärke entgegen. Es wurde diskutiert und laut geschrien. Eine Menschentraube hatte sich in der hinteren rechten Ecke gebildet - Dem Bereich der Vampire.
„Was ist denn hier los?", rief ich, damit man mich verstehen konnte und sah verwirrt zu Sam.
Die starrte geradlinig nach vorne zum Geschehen. Auch Werwölfe, erkennbar an ihren dunklen Haaren und der dunklen Haut, waren in das Treiben verwickelt. Ich erkannte den hochgewachsenen Jeff von gestern Abend, der laut etwas brüllte. Was, konnte ich allerdings nicht verstehen.
Sam antwortete mit ernster Miene: „Eine Auseinandersetzung zwischen Vampiren und Werwölfen - Das könnte blutig werden."
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Werwolfsnacht - Die Chroniken von Intoria
WerewolfEs geschah in einer Vollmondnacht... Ich sah hoch. Vor mir stand der hübscheste Junge, den ich je in meinem Leben gesehen hatte. Seine Haut war schneeweiß, seine Haare dunkelbraun und seine Augen waren haselnussfarben. "Oh, ein Werwolfmädchen." Er...