Beim Abendessen wusste ich nicht, wie ich mich Luke gegenüber verhalten sollte. Ich meine, es war nicht mein erster Kuss gewesen, aber irgendwie auch schon, weil man den zwei Sekunden Kuss in der vierten Klasse nicht als solchen werten konnte. Mit Luke war es gut gewesen, aber nichts besonderes. Kein Wow, kein Kribbeln, kein Feuerwerk - Und das gehörte doch eigentlich dazu, oder?
Ich stocherte lustlos in meinem Steak herum. Aber er mochte mich ... Wie sollte ich es ihm nur beibringen? Es war alles so kompliziert!
„Na, keinen Hunger?", fragte Sam zwischen zwei Bissen ihres Stück Fleisches.
„Nee, nicht wirklich ...", murmelte ich und schob meinen Teller beiseite. Dabei spürte ich die ganze Zeit Lukes Blick auf mir. Er musterte mich unaufhörlich. Ich hielt es nicht mehr aus und stand auf. „Ich schreib noch eine e-Mail im Computerraum."
Luke wollte schon aufstehen, doch ich sah aus dem Augenwinkel, wie Rosa ihn festhielt. Im Stillen dankte ich ihr, denn Luke war der letzte, den ich jetzt sehen wollte.Als ich mein Postfach öffnete, sah ich, dass eine Mail von Mom und eine von Emily angekommen war. Ich klickte erst auf Moms.
Hallo Schätzchen!
Das freut mich zu hören. Ich hoffe, du vermisst mich nicht allzu doll, aber dafür bleibt wahrscheinlich gar keine Zeit, was? ;)
Bei mir ist alles wie immer ...
In Liebe,
Deine MomIch schmunzelte, während ich las. Doch, ich vermisste sie. Dann öffnete ich die e-Mail von Emily.
Hi Lia,
dass ich dich vermisse, ist eine leichte Untertreibung! Wieso lässt du mich so im Stich?! Warum hast du nichts von diesem Internat erzählt? Wir hätten deine Mom überreden können, dass du hier bleiben kannst! Oder wolltest du das gar nicht? Wir zwei wollten noch so viel zusammen machen, aber du bist einfach abgehauen. Ich bin enttäuscht von dir. Auch wenn es jetzt eh zu spät ist, um dir Vorwürfe zu machen ... Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann wieder. Schreib mir wenigstens, wie es in diesem Internat ist, du weißt ja, dass war früher immer mein Traum.
Deine EmilyIch wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Dass es meine Freundin wütend und traurig machen würde, wenn ich nach Overtum ginge, hatte ich natürlich gewusst, aber sie schien in erster Linie enttäuscht zu sein. Und das tat mir noch mehr weh, als hätte sie mich wüst beschimpft. Ich schnäuzte mich und fing an ihr eine Antwort zu schreiben.
Liebe Em,
ich weiß, dass du dich scheiße fühlst. Ich mich auch für das, was ich dir angetan habe. Es tut mir leid, das kann ich nur wiederholen. Und ich wollte ganz sicher nicht wegen dir weg, und das weißt du. Meine Mom wollte mich hierher schicken.
Im Internat ist es eigentlich wie in einer normale Schule, nur dass du in der Schule wohnst und isst. Heute hat mich allerdings ein Freund geküsst, nachdem er mir das Tauchen gezeigt hat. Jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll, weil er mich mag, aber ich ihn nicht auf diese Art. Eben nur als Freund.
Außerdem ist mir heute ein süßer Typ begegnet - Raphael. Er hat braune Haare und haselnussfarbene Augen. :) Aber dafür ist er ziemlich arrogant ... Was sagst du dazu?
LG LiaIch klickte auf Senden. Dann loggte ich mich aus und ging in Sams und mein Zimmer.
Kaum hatte ich unser Zimmer betreten und Sam begrüßt, ertönte ein Gong.
„Liebe Schülerinnen und Schüler, eine kurze Durchsage. Die, die schon das zweite Jahr oder länger hier sind, wissen es schon, aber an alle anderen: Jedes Jahr kommt ein Vampir an diese Schule. Sein Name ist Dragozius und er will sich einen der Schüler holen. Deshalb ist ab jetzt der Hauptausgang versperrt, sowie alle weiteren Ausgänge. Wenn ihr rauswollt, nur in Begleitung eines Lehrers. Ihr seid hier in Sicherheit, also keine Panik!
Danke."
Der Gong ertönte wieder.
„Was war das denn?", fragte ich Sam verwirrt. Ein Vampir, der einen Schüler holen wollte? Hier?
„Der alljährliche Zirkus. Der Typ kommt hierher, nimmt einen der Schüler und verschwindet wieder." Sie wickelte seelenruhig einen Müsliriegel aus und biss ein großes Stück ab.
„Du scheinst dich ja kein bisschen zu fürchten ...", stellte ich skeptisch fest.
„Nö, wieso auch. Wenn er mich haben will, dann ist das so. Dieser Dragozius kommt schon seit Jahrhunderten an diese Schule, immer mit dem gleichen Ziel."
„Hat er es bis jetzt immer geschafft?" Ich schlang meine Arme um die Knie. Der Gedanke ließ mich frieren.
„Ja."
Ich schluckte. „Aber können die Lehrer nichts dagegen tun? Es ist doch alles abgeschlossen, wie kommt er dann rein?"
Sie lächelte matt. „Süße, er ist ein Vampir! Die können alles. Und was die Lehrer angeht ... Dragozius ist der mächtigste Vampir, der je existiert hat. Sie können sich nicht mit ihm anlegen. Aber eigentlich nimmt er immer Vampire mit, wir müssen uns also keine Sorgen machen. Er bildet sie in seiner Burg aus und macht sie zu seinen Untertanen."
„Wozu? Plant er einen Angriff?"
„So was in der Art", antwortete Sam. „Ich weiß auch nicht genau, was sein Plan ist, aber er will wohl diese Schule zerstören."
Ich riss die Augen auf. „Overtum? Aber warum?"
„Na ja, Vampire sind sehr auf Tradition und Bräuche fixiert. Er mag es nicht, dass hier Werwölfe, Vampire und Hexen gleichzeitig ausgebildet werden und will dieses System zerstören. Für ihn stehen Vampire an erster Stelle und dahinter gibt es nichts mehr", sagte sie achselzuckend. Der Mond warf ein weißes Licht auf ihr Gesicht. Es sah fast schon gruselig aus, wie ihre Augen im Dunklen leuchteten.
Ich schluckte. „Und deshalb will er eine Armee erschaffen, die ihm hilft."
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Werwolfsnacht - Die Chroniken von Intoria
WerewolfEs geschah in einer Vollmondnacht... Ich sah hoch. Vor mir stand der hübscheste Junge, den ich je in meinem Leben gesehen hatte. Seine Haut war schneeweiß, seine Haare dunkelbraun und seine Augen waren haselnussfarben. "Oh, ein Werwolfmädchen." Er...