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19 Monate/76 Wochen/570 Tage später...

Das letzte Jahr hat mich verändert. Ich habe viel mit NJ unternommen und auch mit Colton, wobei das mit Colton eine Zeit gedauert hatte. Denn Colton hat sich vor eineinhalb Jahren nicht auf meine Seite gestellt, sondern auf die andere und ich weiß, dass sie befreundet waren, aber er ist mein Cousin, mein bester Kumpel. Klar, dass man da ein bisschen sauer ist, oder?

Aufjedenfall habe ich deswegen mehr Zeit für ich gehabt, hab darüber nachgedacht, was passiert ist und jetzt nach mehr als einem Jahr, habe ich sie immer noch nicht wieder gesehen. Mir scheint Phoenix auf einmal so groß. Ich bin über ein ganzes Jahr einer Frau aus dem Weg gegangen, habe dafür die nächsten Straßen von meinem Wohnlock gemieden und auch meine Stammkneipe, die jetzt wohl nicht mehr meine Stammkneipe ist.

Aber was viel wichtiger ist, ich bin wieder in die Uni gegangen, habe meinen Abschluss so gut wie in der Tasche und habe auch schon eine Aussicht auf einen Job bei einem Verlag. So kommt es auch dazu, dass ich heute endlich meinen Abschluss bekomme und nach heute endlich meinem Jobangebot zusagen kann, das man einfach nicht abschlagen kann. Ich weiß, das hört sich komisch an. Bei einem Verlag. Was will ich denn da? Aber ich habe nun mal Englische Literatur studiert und dann kann praktisch nur soetwas herauskommen. Gegen Lehrer werden habe ich mich bis jetzt erfolgreich gewehrt. 

Aber so gut das alles auch klingt, die letzte Zeit war nicht immer so toll. Ich kann nicht aussprechen wie oft ich kurz davor war aus dieser Tür zu stürmen, auf die ich starre, und einfach zu Hillary zu gehen, ihr zu sagen, dass mich das mit Aiden null interessiert, aber ich konnte mich jedes Mal zurück halten. 

Ich fahre mir über mein Gesicht. Ich kann nicht fassen, dass ich - Rhydian Chest - nicht über dieses Mädchen hinweg komme. Ich kann es einfch nicht fassen. An diesen Gedanken sind zwei Beziehungen zerbrochen und ich schwöre, dass ich es wirklich versuchen wollte mit den beiden. Aber sie haben es immer mitgekriegt. Sie haben immer gewusst, dass ich eigentlich an eine andere gedacht habe, wenn ich sie geküsst habe. 

Nun ja, jetzt sitze ich hier und warte auf Colton, der noch damit beschäftigt ist, sich seine Krawatte richtig binden, aber er bekommt es nicht hin. Deswegen habe ich gleich nur auf ein normales Hemd gesetzt.

Als er es nach zehn weiteren Versuchen immer noch nicht hinbekommt, reiße ich ihm den Stoffetzen aus der Hand, schmeiße ihn hinter mich und zerre Colton an den Schultern aus unserer Wohnung. 

Als wir am PC ankommen, sind breits alle anderen aus meinem Jahrgang da. Sie sitzen bereits alle auf ihren Stühlen, manche haben ihre Familie mitgenommen, manche jedoch nicht. Ich habe nur Colton mitgenommen. Wer anderes hatte auch gar keine Zeit. 

Ich setze mich neben Chuck, der echt ziemlich cool ist und wohl bald bei den Arizona Cardinals spielen wird. Chuck habe ich ziemlich am Anfang hier getroffen. In der Zeit, als Colton meinte, er müsste Hillary eher helfen, als mir. Chuck und ich waren öfter abends raus, haben uns irgendwelche Mädchen mit nach Hause genommen und haben am nächsten Tag zusammen den Kater bekämpft. Was eine tolle Zeit. 

"Ey, Rhys!", bgrüßt er mich und ich schlage bei ihm ein. 

"Alles klar?"

Er nickt und ich setze mich neben ihn. Kurz darauf werden bereits die ersten Namen aufgerufen. Ehe ich mich versehe werde ich aufgerufen und begebe mich auf die Bühne. Ich sehe auf die Menschenmassen hinab und merke, wie sehr ich mir gewünscht hätte heute Hillary zu sehen. Aber nein. Ich schließe die Augen und schlucke alles runter. So wie eiegntlich immer. 

Ich nehme meine dämliche rote Rose entgegen und das gerollte Papier, auf dem eigentlich nur steht, dass ich Teil des Jahrgangs am PC war. Es wird demnächst irgendwo in einer Schublade verrotten. 

Nachdem alle aufgerufen wurden, mache ich mich auf den Weg zu Colton, der bereits an meinem Auto steht und mit irgendwem energisch telefoniert. 

"Du kannst ihn nicht anrufen. Nicht heute. Er kann nicht von seiner Abschlussfeier auf eine Beerdigung gehen, verstehst du das nicht?", schreit er ins Telefon und ich hebe eine Augenbraue. Mit wem redet er da?

"Colton?", frage ich und er dreht sich ruckartig um. 

Er sieht mich so geschcokt an, dass ich sofort weiß, wer diese Perosn ist, mit der er redet. 

"Was ist los?", frage ich ihn. 

Daraufhin hört er Hillary am Telefon zu und nickt dann.

Ich denke darüber nach, was er da gesagt hat. Beerdigung. Von wem wohl? Sollte ich vielleicht hinfahren und ihr bei stehen? Wie es scheint, wollte sie mich ja anrufen. Es scheint dringend zu sein, wenn sie das getan hätte.

"Sag mir, wo ich lag fahren soll und ich werde dort hinkommen.", sage ich dann, nachdem ich kurz mit mir gerungen habe.

Er seufzt und nickt dann wieder. 

"Bitte, mach es wieder gut mit Hillary.", sagt er nur, als wir einsteigen. 

*

Je näher wir dem Ort rt kommen, desto nervöser werde ich. Wir fahren direkt zum Friedhof. Ich war nicht mehr auf dem Friedhof, seit das mit Penny war. Mich würde es wundern, wenn ich überhaupt noch auf das Gelände gelassen werde. 

"Ich warte hier, du wirst das alleine wieder hinbiegen, ok?"

"Es ist über ein Jahr her, als das mit Hillary und mir angefangen hat. Meinst du nicht, dass wir beide da jetzt drüber stehen?"

Er schüttelt den Kopf und winkt nach draußen, bedeutet mir, dass ich jetzt langsam los gehen sollte. 

Und im nächsten Moment sind meine neuen schwarzen Nike Air Force One von Schlamm bedeckt. Die letzten Wochen hatte es hier stark geregnet. 

Und so beobachte ich den Weg, der immer schlammiger wird, je näher ich der Kapelle komme und kurz bevor ich ankomme, sehe ich erst wieder hoch. 

Ich habe so lange Hillary aus meinem Gedächtnis ausgesperrt, dass es sich jetzt vollkommen fremd anfühlt, zu wissen, dass ich sie jeden Moment wieder sehen werde. Jedoch frage ich mich auch, warum Hillary, die sonst immer so viel gelacht hat, an einem Ort wie diesen ist. 

Und dann, als ich aufsehe, steht sie dort. Sie trägt ein schwarzes Kleid und schwarze Strumpfhosen. Sie sieht nicht gut aus. Sie sieht so verletzt aus, dass es mir auch gleich weh tut. 

Ihre Hände umklammern eine Zigarette und sie steht mit dem Rücken zu mir, hält mit einem Fuß die Tür zur Kapelle geöffnet. 

Ich gehe weiter auf sie zu und schlinge meine Arme um sie als ich sie erreiche. 

Sie zuckt zusammen und ich spüre etwas heißes an meinem Arm, dass sich durch mein Hemd brennt. Es ist ihre Kippe, aber nach einer Sekunde ist dieses Gefühl schon wieder verschwunden. 

"Rhys.", seufzt sie und im nächsten Moment höre ich nur noch ihr Schluchzen. Ich sehe über ihre Schulter hinweg in die Kapelle. Ich kann an der weißen Leinwand einen Mann erkennen. Er ist nicht alt. 

Es ist Aiden.


Show me your darknessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt