Starker Wille

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Fin


Er wartete. Aber Mona kam nicht. Die Nachhilfestunde war schon seit einer viertel Stunde vorbei. Hatte sie ihn versetzt? Nein, das glaubte er nicht. Fin stieß die Fahrertür auf und stieg aus dem Wagen. Weit und breit niemand. Dann knirschten plötzlich Schritte hinter ihm. "Hey, Mann." Er wandte sich um und stand einem schlaksigen Typen gegenüber. Schwarzhaarig, Piercings, blass. Woher kannte er ihn? Eine gewisse Aura umgab ihn, verband sich mit Fins eigener. Dann verstand er. "Du bist Quentin Rilkers. Der Falke."

Die Bezeichnung schien ihm zu missfallen. "Ja, stimmt. Ich kenne Simona, sie ist eine gute Freundin. Hab' schon gehört dass es bei euch ähnlich läuft. Deswegen wollte ich fragen, ob du weißt wo sie gerade steckt. Sie sollte eigentlich schon fertig sein ..." Fins Alarmglocken schrillten. Dass Mona ihm nichts vom Rilkersjungen erzählt hatte, war jetzt Nebensache. "Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?", war Fins erste Frage. "Vor einer guten Stunde, sie wollte zu Eriksen ..."
"Okay. Okay, dann lass uns da mal nachsehen." Quentin folgte ihm sofort. "Hast du auch so ein schlechtes Gefühl wie ich?" Fin nickte wortlos. Schnurstracks marschierten sie auf das Gebäude zu und durchquerten die Aula. Im Büro angekommen fiel Fin als erstes eine Tasche mit vielen Bandbuttons auf, die unter den Schreibtisch gerutscht war. Eindeutig die von Mona. Er hob sie auf. "Die würde sie nie hierlassen.", stellte Rilkers fest. "Wo ist Eriksen? Er hat nichtmal abgeschlossen." Das ungute Gefühl löste Kribbeln und Jucken in seinen Fingern und Zehen aus. Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte bereits die Nummer seiner Freundin. "Das wird euch nichts bringen." Fin und Q wirbelten herum. Ein Mädchen mit wildem Haar und bunten Klamotten stand in der Tür. Auch sie kam Fin bekannt vor. "Oda Weschler, bevor du fragst. Du kennst vielleicht mein Biest von Stiefschwester. Lucinda Weschel." Beiden Jungs klappte der Mund auf. "Jaja, ich weiß. Jedenfalls hab ich gehört wie sie über Mona sprach. Mit diesem Artemis oder wie der heißt. Sie wollten sie heute hier abfangen. Irgendwas mit Hintertür und Waldquatier. Außerdem wurden meine Kräutervorräte geplündert. Unteranderem fehlen Mixturen, die in bestimmten Mengen kräfteblockierend sind. Ich wette, die Zentauren haben einen miesen Plan."
"Welches Waldquatier? Wo? Wie kommt man hin? Gibt es ein Gegenmittel für die Kräuter? Wie ..." Oda hob die Hand. "Cool bleiben, Romeo, wir holen sie da raus. Los, hauen wir ab. Und zwar flott."

Mona

Die Tür öffnete sich. Dieses Mal erschien eine zierliche Frau mit langem schwarzen Haar. Es war Lucinda. Ich stand auf. Endlich fühlte ich mich nicht mehr allzu schwach. Dennoch gab es keine Chance, meine Kräfte zu erwecken. Ich spürte nichts. Also ging ich in Abwehrhaltung. "Beruhigte dich, Prinzessin. Und setz dich wieder." Ich tat nichts dergleichen. Lucinda stüzte übertrieben genervt die Hände in die Hüfte, dann nickte sie jemanden herein. "Mach du das, Kristof. Sie will nicht hören." Der Zentaur kam herein. Er sah seinem Bruder Luk so ähnlich. Ich reagierte zu langsam, Kristof packte mich bei den Oberarmen und drückte mich mit der Brust voraus gegen die Wand. Dabei kam er mir zu nah. Seine Hüfte drückte sich gegen meine und ich konnte seinen Atem im Nacken spüren. Ich wollte schreien. Kristof legte mir erneut Fesseln an, dann ließ er mich abrupt los. Ich rutschte die Wand hinab und sackte zusammen. Ich war ausgelaugter denn je. Lucinda lachte gackernd. "Vielen Dank, mein Lieber." Sie strich ihm verführerisch über die Brust und lullte ihn so spielend leicht ein. Er würde alles für dieses kleine Monster tun. Grimmig knirschte ich mit den Zähnen. Ich musste Kräfte sammeln. Hoffen, dass mich jemand fand. Oder am besten mich selbst befreien.
Fin und Q mussten mein Fehlen längst bemerkt haben, Jenny wohl auch langsam. An Dad wollte ich gar nicht erst denken. Was hatte Artemis mit seinen Worten vorhin gemeint? Mein Vater würde schuld an meinen Tod sein? Dieser Trottel hatte sie doch nicht mehr alle. Ich blickte zu Lucinda auf. "Was wollt ihr eigentlich? Warum könnt ihr uns nicht einfach in Ruhe lassen? Ist das so schwer?" Das Mädchen kam zu mir, hockte sich vor mich und packte meine Kiefer blitzschnell. Sie hatte einen unglaublich festen Griff. "Schwer wäre es nicht ..." Ihr Lächeln war scharf wie eine Klinge. "Aber es ist einfach zu amüsant. Außerdem hat Artemis seine Gründe ... Und ich auch. Stell dir nur vor, wie einfach es später wäre, an Finnian heranzukommen, wenn du nicht mehr wärst." Ich zuckte erschrocken zurück, als hätte sie mich geschlagen. Alles in mir verkrampfte sich. Sie wusste von Fin und mir. Sie kannten sich, das wusste ich ja schon, trotzdem waren diese Worte schlimm. Sie lachte laut auf bei meiner Reaktion. "Glaubst du wirklich, er mag dich? Ein Rehblut? Glaub mir, Kleine, das kann gar nicht gutgehen. Du bist nur seine Beute, ganz gewiss nicht seine große Liebe." Ich kämpfte dagegen an, diese Worte zu akzeptieren. Sie versuchte mich zu manipulieren, zu triezen. Und ich würde nicht den Weg für sie frei machen, nur damit sie Fin verletzen konnte. Mein Blick wurde stur, ich beumte mich ihr entgegen, starrte ihr direkt in die Augen. "Du unterschätzt mich. Und du unterschätzt ihn. Wir sind zu stark für dich. Du wirst's noch bereuen." Das schwarze Haar legte sich um ihre Schultern als sie sich ganz nah zu mir beugte. Ihre eine Hand schloss sich um mein Handgelenk, die andere um meine Finger. Blitzschnell hatte sie meinen kompletten Arm herumgerissen und ich hing in ihrem Griff. Abgehaktes, spöttelndes Lachen. "Ha! Ja, und wie stark du bist, Püppchen." Ruckartig ließ sie mich los, ich fiel erneut gegen die Wand, dann verließ sie mein Gefängnis. Kristoff blieb hier, er pflanzte sich mir gegenüber auf den Boden und betrachtete mich von Oben bis Unten. Gott, wie gern hätte ich ihn angespuckt. Ich schloss die Augen und betete, Fin und die Anderen mögen mich so schnell wie möglich finden.

Woodchild  -  BEENDET Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt