Schwimmbad

1.5K 116 63
                                    


*Sicht Patrick*

Ich schlürfte an meiner Tasse. In meinen Magen hatten sich schon zwei Brötchen und etwas Gurke zusammen gefunden. Ich war pappsatt. Talia hing halb verschlafen am Tisch und knabberte an einem Nutella Brötchen.

„Was willst du eigentlich heute machen?", fragte ich sie. Sie hob ihren Kopf an und sah zu mir. „Ins Schwimmbad", meinte sie dann. „Ich habe keine Badesachen bei", mischte sich Manuel ein. „Wir haben doch einen Pool, Talia. Da kannst du schwimmen gehen, den lieben langen Tag", antwortete ich. „Aber wir haben keine rutschen", jammerte sie und legte einen Hundeblick auf. Ich seufzte. „Manuel hat keine Badekleidung." Doch er sah verschmitzt zu mir rüber. „Dann gehen wir in die Innenstadt, kaufen mir etwas, essen noch ein Eis und gehen dann schwimmen." „Ja!", freute sich Talia. Dagegen konnte ich wohl nichts mehr sagen.

Wir waren gerade auf dem Weg zur Bahn, um in die Stadt zu gelangen. Am Himmel hing keine einzige Wolke, es war ein herrlicher Tag. Talia hielt Manus Hand, meine wollte sie nicht. Bestimmt war ich abgestempelt, solange er hier war. Aber so schlimm war es nun auch wieder nicht.

Als wir dann in der Innenstadt ankamen, gingen wir direkt in ein Geschäft und Manuel suchte nach Badehosen. „Die hier?" Er hob eine rote in die Luft. „Oder die?" Er hob eine blaue in die Luft. „Rot", meinte ich und auch meine Tochter stimmte mir zu. Also nahm er die, probierte sie an, bestätigte uns, dass wir richtig ausgesucht hatten und bezahlte. „Und jetzt Eis", sagte ich, als wir den Laden verließen. „Oh ja", grinste Manuel.

„Welches Eis willst du denn?", fragte ich zu Talia. „Ich seh nichts", sagte sie verzweifelt, während sie sich auf ihre Zehen stellte um vielleicht etwas sehen zu können. „Na komm." Ich griff sie und hob sie auf mein Arm. „Schokolade und Schlumpf", sagte sie direkt. „Das hättest du auch so genommen, wenn du nichts gesehen hättest", murrte ich und setzte sie wieder ab. Talia kicherte nur, was ich als Bestätigung deutete. Manuel bestellte sich zwei Kugeln Schokolade und ich Schokolade mit Coockie.

Zufrieden saßen wir auf einer Bank und schleckten unser Eis. „Manu?", fragte Talia in hoher piepsstimme. Er sah über seine Sonnenbrille zu ihr. „Ziehst du eigentlich bei uns ein?", fragte sie hoffnungsvoll. Mir stockte das Blut in den Adern. Nachdem das gestern passiert war, war diese Frage unfassbar peinlich. Manuel sah eben kurz zu mir. Sein Blick war verwirrt. „Ehm, ich habe meine Familie ganz woanders und zusammen ziehen ist doch viel zu früh für uns zwei", antwortete Manuel nun an Talia gewandt. Zu früh für uns zwei? Von wem sprach er denn jetzt? „Aber das wäre so cool." Traurig senkte Talia ihr Blick. Noch unangenehmer konnte dieser Augenblick ja nicht werden.

Zum Glück machten wir uns schon ziemlich bald auf den Weg zum Schwimmbad. Es war relativ voll, doch zum Glück fanden wir noch einen Platz im Schatten. Ich breitete unsere große Decke aus und gab Manuel einen Schwimmring. „Kann Talia nicht schwimmen?", fragte er, als ich meinte er solle das aufpusten. „Doch, aber sicher ist sicher", meinte ich nur. Ich hatte immer Sorge, ihr könnte etwas passieren. Sie war schließlich mein ein und alles. „Kann ich schon ins Wasser?", fragte Talia mich freudig. „Hinsetzen. Erst einmal wird eingecremt", meinte ich nur und deutete mit dem Finger auf die Decke. Sie hatte schon ihren Badeanzug an, der Rosa war mit Delfinen vorne drauf. Sie verdrehte genervt ihre Augen, ließ sich aber auf ihren Hintern fallen.

Als ich fertig war, gab Manuel ihr den Ring. „Pass auf dich auf", meinte ich noch, als sie zum Kinderbecken flitzte, was noch in Sichtweite war. Und nun war ich mit Manu alleine. „Willst du auch ins Wasser?", fragte er mich. „Später. Ich muss aufpassen", meinte ich mit dem Blick zum Becken. „Okay." Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er sich sein Shirt auszog und sich dann nach hinten legte, um sich zu sonnen. Seine Augen hatte er geschlossen, weswegen ich mich traute seinen Körper anzusehen. Als ich wie gebannt mit meinen Augen seine Konturen nachging, hörte ich wie er anfing zu kichern. Hektisch sah ich weg. Erwischt. Dann aber merkte ich, wie er seine Hand auf meine legte. „Alles gut?", fragte er einfühlsam. „Ja klar", meinte ich dazu nur etwas unbeholfen. Mein Blick ging wieder Richtung Kinderbecken.

Manuel setzte sich wieder auf und seufzte. „Es ist wegen gestern, oder?" Diese Frage. Langsam nickte ich. Meine Gefühle, die wieder hochgekommen sind, seit ich wieder mit ihm Kontakt hatte, waren irgendwie unerträglich. Manuel rutschte an mich ran. „Mir tut das irgendwie leid, was passiert ist." Diese Worte versetzten mir ein Stich ins Herz. „Mir auch", meinte ich also nur trocken, ohne jegliche Emotion. Kurze Stille trat ein. „Aber wieso ist es passiert. Ich meine, war das echt nur der Alkohol?" Ich merkte das Zittern seiner Stimme und sein kurzer Lacher nach dieser Frage zeigte mir, dass ihm das Gespräch genauso unangenehm war wie mir. „Und unsere Vergangenheit." Ich sah zu ihm. Er sah mich stirnrunzelnd an. Die Sonne ließen seine Augen glitzern. „Ja, ja das kann sein. Nur, irgendwie hatte ich gedacht, dass naja." Er seufzte. Wollte er daraus hinaus, dass er dachte ich würde ihn lieben? „Du denkst zwischen uns..." Ich zeigte abwechselnd mit dem Finger auf mich und auf ihn. Manuel nickte leicht, sah dabei beschämt zu Boden. „Willst du damit sagen das du..." Er sah mich wieder innig und irgendwie traurig an, weswegen ich meine Frage abbrach. Er liebte mich. Das meinte er doch mit diesem Blick. Ich ließ meine Schultern sinken. War ich für sowas wieder bereit? Und würde es funktionieren mit Talia zusammen? Kinder waren fies. Was ist, wenn sie gemobbt werden würde, weil sie zwei Väter hatte? Und würde unsere Beziehung stand halten, trotz den circa 500 km zwischen uns? Ich schluckte. „Vielleicht empfinde ich das selbe", murmelte ich dann kaum hörbar. Sein Kopf hob sich schnell.

Dann ging alles ganz schnell, was sich aber trotzdem wie in Zeitlupe anfühlte. Unsere Gesichter kamen sich immer näher, meine Hand wanderte an seinen Hals, unter seinem Ohr uns seine platzierte sich an meine Schulter. Kurz bevor unsere Lippen sich trafen, hörte ich, wie er die drei Worte flüsterte. Als Antwort drückte ich meine Lippen auf seine. Ein elektrisierendes Gefühl ging von meinem Mund aus und wanderte bis zu meinem Herzen, was sofort anfing schneller zu schlagen. Meine Gedanken stoppten und ich fühlte mich schwerelos.

Der Kuss dauerte. Immer wieder setzten wir ab und küssten uns erneut. Wir konnten nicht genug von uns bekommen. Am liebsten hätte ich auch nie wieder aufgehört. Doch leider wurden wir von Talia unterbrochen. „Papa, was macht ihr da?" Sofort schreckten Manu und ich zusammen und starrten zu ihr, wie sie Pitschnass, mit dem Schwimmring in der Hand, vor uns stand und traurig dreinschaute. „Talia, ich, wir..." Doch bevor ich erklären konnte, fing sie an zu weinen. Manuel sah überfordert in meine Richtung, während ich aufstand und meine Tochter auf den Arm hob. Sie drückte ihren Kopf gegen meine Schulter und weinte kläglich. „Was ist denn los?", fragte ich besorgt. War es wirklich nur, weil ich einen Mann geküsst hatte?

Talia schniefte, als sie sich etwas beruhigt hatte. „Was hast du denn?", fragte ich nochmal. Sie rieb sich über ihr eines Auge mit ihrer kleinen Faust. „Ich dachte Manuel und ich heiraten. Aber jetzt heiratet ihr." Und wieder fing sie an zu weinen und drückte ihren Kopf gegen meine Schulter. Ich drehte mich zu Manuel, der noch immer ziemlich überfordert aussah. Doch ich schmunzelte ihm zu. Talia weinte wirklich, weil sie Manuel heiraten wollte. Kinder waren doch schon irr komisch. Doch für sie schien gerade eine kleine Welt zusammengebrochen zu sein. „Beruhig dich, er ist doch nicht für dich verboten", sagte ich und stellte sie wieder auf ihre Beine. „Aber ihr seid doch verlobt", meinte sie traurig und sah zu Manuel. Dieser verkniff sich ein Grinsen. Ich hockte mich hin und griff meine Tochter an die Schulter. „Wie kommst du denn darauf?" „Ihr habt euch geküsst. Wenn man sich küsst, ist man verlobt." Sie verschränkte ihre Arme miteinander. Wie erkläre ich bitte, dass es nicht so ist und wo hatte sie diesen Mist nur her? „Nein. Um sich zu verloben, nun ja, da gehört viel mehr dazu, als nur ein Kuss Talia. Wir sind nicht verlobt. Beruhig dich." Ich strich über ihr nasses Haar. Nun nickte sie leicht. Zum Glück widersprach sie nicht noch mal. Diskutieren konnte ich nicht wirklich gut.

Ich griff zu meiner Tasche und holte ein Handtuch raus. Dieses legte ich ihr um die Schultern. „Sonst erkältest du dich noch." Sie kuschelte sich drin ein und setzte sich neben Manuel auf die Decke. Er hatte das Ganze nur wortlos beobachtet. 

Vergangenheit / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt