Exfreund

1.6K 124 17
                                    


*Sicht Manuel*

Ich setzte meine Tasche ab. Seufzend schlürfte ich in mein Badezimmer, wo ich mich vor dem Spiegel ansah. Die lange Zugfahrt hatte mich echt müde gemacht. Ich machte den Hahn an, beugte mich runter und warf mir etwas Wasser ins Gesicht. Dann ging ich in meine Küche, nahm mir eine Flasche Wasser und begab mich anschließend in mein Schlafzimmer, wo ich mich aus meiner Kleidung befreite und mich aufs Bett schmiss. Es war schon spät, weswegen ich beschloss meine Augen zu schließen.

Doch irgendwie wollte mein Geist mich nicht schlafen lassen. Ich dachte an Patrick und auch an seine Tochter, die mir ja schon irgendwie ans Herz gewachsen war. Ich dachte auch daran wie es wäre, wenn ich öfter bei ihm sein könnte. Schließlich war es bei ihm toll und ich fühlte pures Glück in seiner Nähe. Ab und zu merkte ich, wie verklemmt es war. Allerdings störte mich es nicht, wenn es mal ruhig zwischen uns war.

Seufzend drehte ich mich auf die andere Seite. Es hätte schon was für sich, wenn Patrick auch mal zu mir kommen könnte. Und zwar länger. Ich war jetzt drei Tage bei ihm gewesen und Tag für Tag verstanden wir uns besser. Wir wurden vertrauter und irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass es wieder so wird wie früher. Doch was ist, wenn es wirklich so wird wie früher? Nicht nur das Glück und die Liebe, sondern auch all die Probleme? Ich kniff meine Augen zu. Das wäre nicht gut. Dann würde all der Stress und der Kummer wiederkommen.

Das Klingeln meiner Tür riss mich aus den Gedanken. Irgendwie glaubte ich nicht, dass es gerade wirklich an der Tür geläutet hatte. Schließlich war es ziemlich spät. Doch es klingelte wieder. Ich ließ ein genervtes Stöhnen aus mir und warf die Decke von meinem Körper. Schnell schlüpfte ich in eine Jogginghose und trottete müde zur Tür, die ich gleich darauf aufschloss und öffnete.

Wen ich dort sah, verschlug mir glatt die Sprache. „Was machst du hier?", fragte ich meinen gegenüber ungläubig. In seiner Hand hielt er eine Bierflasche. Seine Augen waren umrandet von dunklen Schatten. „Ich wollte dich sehen", bekam ich als Antwort, ehe er sich an mir vorbei zwängte. Ich schloss meine Tür wieder und ging hinter ihm her. „Hallo? Mal auf die Uhr gesehen?", fragte ich. Doch er saß schon auf meinem Sofa. „Du bist doch immer nachts wach", seufzte er. Ich stemmte meine Fäuste in meine Hüfte. „Das heißt trotzdem nicht, dass du hier unangekündigt kommen kannst nach all dem scheiß, den du gemacht hast." Seine Augen sahen müde zu mir hoch. Er sah aus, als würde er direkt aus der Gosse kommen. Etwas Mitleid hatte ich schon, doch verzeihen würde ich ihn nie. Auch, wenn ich ihn vielleicht noch liebte. Das war zu viel des guten. „Darf ich denn hier sein?", wollte er wissen. „Warum?", fragte ich aber nur zurück. „Zum Reden", murmelte er. Ich verdrehte die Augen. Es war ja klar, dass es so kommen musste.

„Eigentlich gibt es nichts mehr zu reden", antwortete ich ihm, setzte mich aber etwas weiter von ihm entfernt, auf die Couch. „Ich wollte mich entschuldigen, für das was ich dir angetan habe. Ich liebe dich immer noch." Seine blauen Augen sahen mich durchdringlich an. Doch in mir bildete sich Hass, der sich über die Liebe stellte. Meine Hände bildeten Fäuste. „Deine Liebe kannst du gerne wem anderes geben. Darin bist du ja schon geübt." Jetzt verschränkte ich die Arme vor meiner Brust. Mein Exfreund sah traurig zu Boden. „Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht. Aber es tut mir leid, ich liebe dich mehr als jeden anderen und ich bereue es sehr, was ich getan habe." Ich sah, wie er mit den Tränen kämpfte. „Das hättest du dir früher überlegen können", hauchte ich. Ich war zu überfordert, um wütend zu klingen.

Mein Exfreund stand auf, stellte sich vor mich und ging dann auf die Knie. „Manuel, ich vermisse dich jede Sekunde und ich muss die ganze Zeit an dich denken. Es tut so weh, dass du und ich nicht mehr sind. Ich will nichts weiter, als dich zurück", flehte er. Meine Hand hatte er in seine genommen. Er überrumpelte mich total. Unfähig mich zu bewegen oder was zu sagen, starrte ich ihm mit offenem Mund an.

Als er sich aber vorbeugte und mich küssen wollte, drückte ich ihn an seiner Brust zurück. „Ich kann dir das nicht verzeihen, Jonas. Bitte geh jetzt." Verwirrt und traurig sah er mich an, doch er nickte leicht. Stumm stand er auf und ging in den Flur. Ich blieb sitzen. Als ich dann die Tür ins Schloss fallen hörte, stieß ich die Luft aus, die ich angehalten hatte. Sofort schossen mir Tränen in die Augen und ich schlug mir die Hände vor mein Gesicht. Leises schluchzen kam aus mir raus.

Die Begegnung und seine Worte hatten mich komplett durcheinander gebracht und mich aufgelöst. Ich hatte ihm so lange hinterher getrauert und dann, wenn ich abgeschlossen hatte und die Hoffnung hatte, dass ich Palle wieder näher kommen könnte, kam dieses Arschloch und brachte meine Mauer zu Fall.

Vergangenheit / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt