Essen -> Hamburg

1.4K 121 25
                                    


*Sicht Manuel*

Gut gelaunt saß ich ihm Zug Richtung Köln. Vor mir auf dem Tisch hatte ich einen Kaffee und was vom Bäcker ausgebreitet, was ich genüsslich runterschlang. Es war relativ Früh und mein Hunger war enorm, weswegen ich das belegte Brötchen innerhalb kurzer Zeit vertilgt hatte.

Nun fuhr ich schon zwei Stunden, als wir Halt machten und einige Leute einstiegen. Neben mich setzte sich eine junge Frau. Sie musterte mich, wendete sich dann aber ihrem Handy zu. Ich mochte es nicht so gerne, wenn jemand neben mir saß. Es fühlte sich immer so komisch an und egal was man machte, man fühlte sich beobachtet. Alleine, dass die Leute immer auf die Handys von anderen schielten.

Ich schaute von der Frau weg und sah aus dem Fenster. Die Landschaft zog an uns vorbei. Ich freute mich auf Palle und selbst auf Talia. Ja, sie war mir irgendwie ans Herz gewachsen. Was ich zu Anfang gar nicht gedacht hätte. Schließlich war es immer noch Palles Kind mit einer anderen Frau. Mein Herz zog sich bei diesem Gedanken wieder zusammen und ich musste einen traurigen Seufzer aus mir lassen.

„Die Fahrkarten bitte", sprach jetzt der Schaffner in den Wagon. Sofort wühlten die meisten in ihren Taschen. Ich musste nur in meine Hosentasche greifen, um dieses kleine Stück Papier, was sich Fahrkarte nannte, raus zu holen. Lächelnd reichte ich es dem Schaffner, der es abstempelte, mich musterte, dann wieder auf den Schein schaute und wieder in mein Gesicht. War etwas nicht okay? „Schöne fahrt nach Hamburg, Glp", lächelte er augenzwinkert, als er mir die Fahrkarte wiedergab. Ich schluckte, nahm sie und steckte sie Wortlos weg. Ein alter Fan vielleicht? Wie unangenehm. Bis heute wusste eigentlich niemand, wie ich aussah. Ich hatte es niemals aufgelöst.

Nachdem der Schaffner das gesagt hatte, sah die Frau neben mir häufig zu mir. Es war mir nun noch unangenehmer. Vermutlich war sie auch ein damaliger Fan gewesen. Schnell drehte ich mich etwas mehr zur Seite und stützte mich auf die Armlehne ab. Und ich dachte, die Zugfahrt wird schön. Aber nein, jetzt saß jemand neben mir, der vermutlich mal meine Videos gesehen hatte. Werde ich froh sein, wenn ich in Hamburg angekommen war.

Die Zeit verstrich und endlich kam mein Ausstieg, der Hamburger Hauptbahnhof. Palle würde mich abholen, das hatte er angekündigt. Mein Herz machte jetzt schon einen Spitzenlauf und meine Nervosität stieg.

„Könntest du mir mein Gepäck runterholen? Ich schaffe das nicht", fragte die Frau, die eben noch neben mir gesessen hatte. Ich nickte, wollte nicht reden wegen meiner Stimme und hob ihr ihn runter. Dankend nahm sie ihn und ging Richtung Tür.

Jetzt nahm ich schnell mein Gepäck und ging hinter ihr her. Noch aus dem Zug hüpfen und mich umsehen. Doch ich konnte Palle nicht sehen. Der Bahnsteig war überfüllt, die Leute drückten sich aneinander vorbei, schubsten sich und die meisten hatten so ein genervtes Gesicht, dass es schon gruselig war. Ich stellte mich an die Seite und wartete, bis der Rummel vorbei war. Als dann die meisten den Bahnsteig verlassen hatten und der Zug sich wieder in Bewegung setzte, war es relativ leer. Vielleicht war Palle auch noch gar nicht da?

Doch dann sah ich ihn. Er kam gerade die Rolltreppe runter. An seiner Hand hielt er Talia, die mich im gleichen Moment erblickte und aufgeregt von einen auf den anderen Fuß hüpfte. Patrick schimpfte zu ihr runter, sah dann aber hoch in meine Richtung. Als sich unsere Blicke trafen, fühlte ich mich schwerelos. Mein komplettes Inneres begann zu kribbeln und ein breites grinsen konnte ich mir nicht mehr verkneifen.

Die beiden kamen unten an der Treppe an und Talia rannte sofort auf mich zu. Ich ging in die Hocke und Empfang die Kleine, die mir stürmisch in die Arme sprang und mich umarmte. „Endlich bist du da", lachte sie glücklich. Ich erhob mich, noch immer mit der Kleinen um den Hals und wirbelte sie einmal rum, was sie nur noch mehr lachen ließ. Dann setzte ich sie ab und grinste auf sie runter. Dieses strahlende Kindergrinsen mit den kleinen Lücken zwischen den Zähnen und diese vertrauten braunen Augen, die sie von ihrem Vater hatte.

Und da war ihr Vater. Ich sah auf und schaute in sein sanft lächelndes Gesicht. „Hey", hauchte ich, als ich den schönsten Mann dieser Erde ansah. „Hi", sagte er ebenso leise und umarmte mich dann fest. Wärme durchströmte mich und ich wollte ihn gar nicht mehr los lassen.

Anscheinend ging es ihm genauso, denn die Umarmung dauerte lange und wurde nur unterbrochen, weil Talia neben uns anfing zu kichern.

Etwas beschämt waren wir beide, als wir unsere Körper voneinander trennten. Palle räusperte sich sogar, bevor er sprach. „Wir sollten zum Auto. So lange kann man hier nicht kostenlos parken." Ich nickte und wir gingen los. Talia zwängte sich zwischen Palle und mich, nahm mit einer Hand seine und mit der anderen meine Hand. Dieser Anblick ließ mich lächeln. Man könnte meinen, wir wären eine kleine Familie.

Vergangenheit / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt