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"Was für eine blöde Idee", flucht Wallace vor sich hin, als er sich das Bein am Türpfosten anschlägt. "Unsinn", gebe ich zurück. "Ist doch lustig." Allerdings wackelt meine Stimme bedenklich. Erstens ist mir wirklich kalt, zweitens spüre ich diese blöde Aura des Schlosses und drittens ist einfach nur gruselig nachts alleine durch ein Schloss zu laufen, obwohl man eigentlich gar nicht da sein sollte. Aber was tut man nicht alles für eine sorgenfreie Zukunft. Heute Mittag war ich noch ganz zuversichtlich, was meinen Plan angeht, fast schon übermütig habe ich darauf gewartet, endlich mal etwas spannendes in meinem Leben zu tun. 

Jetzt allerdings... "Vielleicht war das doch keine gute Idee, Wallace.", sage ich kleinlaut und stolpere über etwas Hartes. Fast wäre ich gefallen, hätte er mich nicht aufgefangen. "Vorsichtig, Caro! Du wärst fast gegen die Wand gelaufen."

"Sind wir bald da?", frage ich und unterdrücke den Drang mich an Wallace zu klammern, dem die Dunkelheit absolut nichts auszumachen scheint. Ich frage mich, ob er auch mit der Katze verwandt ist. Vielleicht kann er deshalb im Dunkeln so gut sehen.

"Pass auf, hier müsste es irgendwo sein...", murmelt mein Begleiter. Wir sind stehengeblieben. Nur der Licht des Mondes dringt durch ein  kleines Fenster an der Wand. Gespenstisch.

Ganz unauffällig rücke ich näher zu Wallace, der sich gerade bückt, um diesen Schalter zu finden.
Den Schalter, der Marys Tunnel öffnet.

"Aua!", macht Wallace. "Ich hätte mir fast den Fingernagel abgebrochen."

Hysterisch kichere ich, "Du Mädchen.", verstumme aber, als ich ein lautes Knarzen vernehme. Schnell kralle ich mich in seinen Arm.

Direkt neben der Statue dieses halbohrigen Typen ist nun ein Loch im Boden.
Ein Loch im Boden... und da müssen wir jetzt rein...

"Wirklich eine ganz blöde Idee", murmle ich.
Plötzlich wird es ganz hell. Wallace hat eine Taschenlampe angeknipst.

Ich starre ihn an. "Du hast eine Taschenlampe dabei?", frage ich. "Und das sagst du jetzt?"

Er sagt nichts, sondern leuchtet in das Loch. Es sieht nicht tief aus, sondern eng.

"Okay", sagt Wallace. "Ich klettere da jetzt rein und schaue, was da unten so ist. Du wartest hier und wenn ich es sage gibst du mir den Schlüssel." Stumm nicke ich und sehe zu, wie er in das Loch krabbelt.

Unheimlich!

Unten rumort es kurz, dann ist es still.

"Also, hier unten ist ein Gang... allerdings... ahja! Zugemauert!"
Es raschelt hinter mir und ich fahre zusammen. Man ist das gruselig! Ich will weg hier.

"Ich kann nichts finden", ruft Wallace da nach oben.

"Soll ich kommen?", frage ich und muss trotz meiner Angst ein bisschen kirchern, als er mit "Ja" antwortet.
Wie im Kindergarten beim Wer-hat-Angst-vorm-schwarzen-Mann-Spiel.
Zögerlich stecke ich die Beine in das Loch.

"Sind da unten viele Spinnen?", frage ich und ziehe meinen Pullover fester um mich. Dass ich da nicht früher dran gedacht habe!

"Komm Caro! Ich glaube ich hab was.", ruft Wallace mir da zu.

"Wallace... was ist mit den Spinnen?", rufe ich zurück.

"Caroline! Komm jetzt her und lass die Spinnen in Ruhe!", schreit Wallace. "Willst du verrückt werden oder die paar kleinen Spinnen ertragen?"

Ich klammere mich an die Hoffnung, dass es wirklich nur kleine Spinnen sind und nehme all meinen mit zusammen.

"Es ist wichtig, wichtig, wichtig", murmle ich und stütze ich auf dem Rad auf, während ich mein Mantra immer wieder im Kopf wiederhole.

"Caro!", ruft Wallace wieder.

"Is ja gut!" Ich lasse mich fallen und sehe Wallace in einer kleinen Nische stehen, die ungefähr so groß ist wie eine Besenkammer.

"Nanu, wo ist denn der Gang?", frage ich.

"Zugemauert." Wallace winkt mich zu ihm. "Ich brauche den Schüssel."

Schnell ziehe ich ihn aus der Hosentasche und reiche ihn ihm.
Dann begutachte ich die Stelle, in der er den Schlüssel steckt.
Da hat Mary gute Arbeit geleistet, ein Wunder, dass Wallace das Schlüsselloch gefunden hat.

Das Schloss knarzt und das erste, dass ich in dem kleinen Loch sehe, ist ein Vorhang aus Spinnweben.

"Uäh",  entfährt es mir und ich weiche zurück, nur um gegen Wallace zu stoßen. "Da fasse ich aber nicht rein."

"Du bist die Auserwählte", sagt Wallace so ernst, dass ich ihn entsetzt anstarre.

"Bist du blöd? Ich hab Angst vor Spinnen, du nicht. Ich fass da nicht rein!" Fast schon panisch schaue ich in das Loch. Ich will hier weg! Warum muss ich... Nein, das geht nicht! "Nein nein nein", murmle ich vor mich hin.

Ersschrocken drehe ich mich um, als ich Wallace lachen höre.
Er gluckst und ich funkle ihn böse an. "Du Idiot! Ich hab dir das geglaubt!"

Schnell weiche ich zurück und sehe zu, wie Wallace tatsächlich in dieses widerliche Loch fasst. Wahrscheinlich macht er sowas im Zoo tagtäglich, wenn er sich nicht gerade um seine Krokodile kümmert.

Uaaaaaaah! Da krabbelt schon die erste Spinne heraus. Nur eine kleine, aber trotzdem eine Spinne. Wallace zieht seine Hand wieder heraus und kommt mit einem zerknüllten etwas in der Hand auf mich zu.

Ich kreische und schlage in seine Richtung. "Bleib weg!"
An seiner Hand hängen noch Überreste von Spinnweben und glaube sich Spinneneier zu erkennen.
Er darf auf gar keinen Fall zu mir kommen!

Zu meiner Erleichterung streift er die...Spinnenreste... ab.

"Mann Caro", murmelt Wallace und schaut den Zettel in seiner Hand an. "Es sind nur Spinnen."

Nur Spinnen? Ich will hier raus! "Nicht jeder hier arbeitet im Zoo.", gebe ich bissig von mir und schaue über mich, wo das Mondlicht durch die Luke fällt, durch die wir nach unten geklettert sind.
"Lass uns hier raus."

Wallace nickt grinsend und seine Hände um mich legen, als ich ihn misstrauisch zurückhalte.

"Keine Spinnen?", frage ich.

Er rollt mit den Augen und hebt mich ein Stück hoch, sodass ich mich mit den Händen am Rand abstützen und hinausklettern kann.

Endlich draußen! Schaudernd schüttle ich mich und streife mit den Händen über meinen ganzen Körper, um zu sehen, ob sich nicht dich eine Spinne irgendwo auf mich gesetzt hat. "Waaaah!", quietsche ich, als es mich im Nacken kitzelt, doch es waren nur meine Haare. Falscher Alarm.

"Gibt es eigentlich ein Tier, das du magst?", skeptisch betrachtet mich Wallace, während er die Geheimtür wieder einrasten lässt und ich bin mir sicher, dass er an Matthias' Katze denkt. Das Biest.

"Hmpf", mache ich und suche auch Wallace mit den Augen ab, während er auf mich zukommt.

Er faltet das Zettelchen auf und gibt es mir. Gespannt beugen wir uns darüber...

Und plötzlich huscht etwas schwarzes über das Papier.

Mein Kreischen ist so laut, dass es von den Wänden widerhallt. Uah, Uah, UAH!
Die Spinne ich so groß, bestimmt so groß wie meine Handfläche! Ich stolpere einige Schritte zurück und beobachte aus meinem Sicherheitsabstand heraus, wie das Riesenvieh hastig in eine dunkle Ecke huscht. Oh man! Oh Man!

Der Zettel liegt auf dem Boden und Wallace ist schnell bei ihm und hebt ihn auf. Sein Grinsen sehe ich bis zu meinem Fluchtplatz. Man, das ist nicht lustig! Was ist er eigentlich für ein Freund? Das ist hochdramatisch.

Sein Glück, dass er nichts sagt, sondern sich nur neben mich stellt, um mir ebenfalls den Blick auf den nun spinnenfreien Zettel zu gewähren.

Carbisdale - How to defeat the Spirit of CastlesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt