Die Versammlung der Feen

145 17 1
                                    

"Eines dieser drei wird sie dazu bestimmt haben, ihre Kräfte zu übernehmen...

Wer es ist, ", fuhr die weizengelbe Fee weiter fort. "dessen sind wir uns nicht sicher. Sie und Rumpelstilzchen hatten sich wieder vereint und letztendlich verschwand unsere weiße Schwester mit den drei Kindern und Königin Belle's Vater. Wir wissen weder, wohin sie gegangen sind, noch wieso sie es taten." Die weizengelbe Fee trat zurück. Eine lindgrüne Fee trat vor. "Sie sagte uns nur, dass es zu gefährlich wäre, uns zu verraten, was sie vorhabe. Und dass wir alle weit, weit weg fliegen sollten; nur so wären wir in Sicherheit."
"Aber vor wem?" warf die braune Fee ein und erntete wieder einmal genervte Blicke.
Nun trat die ozeanblaue Fee vor und sah mit ernstem Blick in die Runde.
"Vor unserer dreizehnten Schwester, der dunklen Fee." Sobald die blaue Fee auf die Frage der braunen Fee geantwortet hatte, breitete sich Stille aus. Alle Feen sahen sich untereinander entsetzt an.
"Was?! Sie war da?" , quiekte die braune Fee und schlug vor Schreck mit den Flügeln. "Hoffentlich hat es die weiße Fee rechtzeitig geschafft, zu fliehen!" Die weinrote Fee ergriff das Wort. Bitter antwortete sie:
"Unsere weiße Schwester schon. Aber Rumpelstilzchen nicht."
"Was?!" , rief die braune Fee nun noch entsetzter. "Was heißt das?
Was hat sie mit ihm gemacht?"
"Er ist tot. Sie hat ihn ermordet."

Tassilo stieß in seinem Versteck hörbar die Luft aus.
Die schwarze Fee hatte Rumpelstilzchen ermordet, der der weißen Fee geholfen hatte, die drei Königskinder zu entführen!
Nun hatte er, der kleine Junge, ganz zufällig herausgefunden, wer hinter dem Verschwinden der Kinder steckte!
Aber jetzt musste er schleunigst zum Schloss der schwarzen Fee und versuchen, den König zu befreien!
Einen Tick zu schnell und zu hastig, trat er nach hinten auf einen dürren Zweig, der mit lautem Knacken entzwei brach.
Tassilo erstarrte und biss sich nervös auf die Lippen. Jetzt hatten sie bestimmt seine Anwesenheit bemerkt!
In der Tat.
Bei dem Geräusch des brechenden Zweiges waren die Köpfe der Feen in Tassilos Richtung geschnellt.
"Da belauscht uns jemand!" stellte die sonnengelbe Fee neben der braunen Fee leise fest. Langsam bewegte sich die Versammlung auf den Jungen zu. So schnell er konnte, lief Tassilo zu Philipp, sprang in den Sattel und hieb dem weißen Hengst die Fersen in die Seiten. Doch dieser bewegte sich keinen Schritt vorwärts.
"Komm schon, bitte lauf Philipp!" schrie Tassilo ängstlich. Er musste hier weg! Was würden sie mit ihm anstellen, wenn sie ihn fanden?
Immer rascher bewegten sich die Feen auf ihn zu.
"Es ist ein Junge!" rief die zinnoberrote Fee überrascht aus. Jetzt stand sie vor dem Jungen, dem Angst und Bang wurde.
"Wer bist du und was tust du hier?" fragte sie ihn neugierig.
Keine Spur von Ärger oder Zorn war in ihren Augen zu lesen.
Dennoch war Tassilo so verschreckt, dass er kein Wort heraus brachte.
Die anderen Feen tuschelten flüsternd und reihten sich um den weißen Hengst mit dem Jungen auf dem Rücken auf.
"Du brauchst keine Angst zu haben, kleiner Junge." , beruhigte ihn die zinnoberrote Fee. "Also. Wer bist du und was tust du hier?"
Tassilo nahm all seinen Mut zusammen und stammelte zitternd: "Ich heiße Tasse....äh... Tassilo und komme aus.. aus dem Königreich des Ostens, in dem Königin Belle und König Adam regieren."
Die Miene der zinnoberroten Fee erhellte sich. "Ach, aus dem Königreich des Ostens kommst du?
Und was suchst du hier, um diese Zeit?" "Ich....ich.." , stotterte Tassilo unschlüssig. Konnte er diesen Wesen vertrauen? "Ich...also.. die schwarze Fee hält König Adam gefangen und ich will versuchen, ihn zu befreien!" "Was sagst du?", fragte die ozeanblaue Fee. "Unsere dreizehnte Schwester hält den König des Ostens gefangen?" "Ja und ich will ihn befreien!"
Die zinnoberrote Fee sah Tassilo nun mitfühlend an und strich Philipp über die weiche Nase.
"Tassilo, das wird dir nicht gelingen! Es ist sinnlos, gegen die dunkle Fee zu kämpfen: Sie besitzt so viel Macht und seit unsere weiße Schwester fort ist, scheint ihre Macht mit jedem Tag mehr überhand zu nehmen!
Nur die weiße Fee war in der Lage, mit ihr zu konkurrieren. Aber jetzt..." ,
Verzweiflung verdunkelte ihre braunen Augen und sie blickte zu Boden. "Wenn unsere Schwester nicht bald zurück kehrt, ist unsere Welt verloren."

"Dann müssen wir sie zurück holen!" rief Tassilo voller Eifer.
"Meinst du, wir hätten das nicht versucht?" antwortete die sonnengelbe Fee und vor Mutlosigkeit erblassen ihre leuchtenden Flügel. Das strahlende Gelb wurde matt.
"Aber was die weiße Fee getan hat, muss doch einen Grund haben!" , spekulierte Tassilo.
"Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben! Wenn sie einem der Königskinder an einem sicheren Ort ihre Macht überträgt, wird die neue weiße Fee doch zurück kehren!"

Als wenn sich ein Schalter umgelegt hätte, sahen die Feen plötzlich hoffnungsvoll auf.
"Er hat Recht!" , riefenDie Niedergeschlagenheit war wie weg geblasen. "Wenn die neue weiße Fee alt genug ist, wird sie zurück kehren!"
"Denkt nur an die Ernennungszeremonie!" , murmelte die zinnoberrote Fee mit glänzenden Augen. "Ein Mädchen das zur Fee erwählt wird, muss siebzehn Jahre alt sein, um die Zauberkräfte tragen zu können!"
"Ja, das ist es!" , erwiderte die sonnengelbe Fee strahlend.
"Wenn die Erwählte siebzehn Jahre alt ist und die Kräfte übernimmt, wird sie zurück kehren!"
"Aber bis sie zurück kehrt, wirst du allein deinen König nicht befreien können." bedauerte die zinnoberrote Fee Tassilo. "Reite zurück zum Schloss, Tassilo! Bestimmt wirst du schon gesucht!"

Einige Augenblicke später trabte Tassilo den Waldweg entlang, der aus dem Wald führte.
Nun war seine Hoffnung zerstört worden: Hatte er doch tatsächlich geglaubt, die Feen würden mit den drei Königreichen gegen die schwarze Fee zu Felde ziehen!
Nein, das taten sie nicht!
Dieses Risiko gingen sie nicht ein!
Wütend trieb er Philipp an und änderte die Richtung.
Dann ritt er eben allein zum König und versuchte, ihn zu befreien!

Das MärchenkleidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt