Drachenende

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Im nächsten Augenblick schnellte der schwarzen Schlange zugleich eine weiße entgegen.

Bevor die schwarze ihr Opfer erreichte, prallten beide Gewalten zusammen.
Ein Feuerwerk aus roten, gelben und anderen farbigen Blitzen zogen in alle Richtungen.

Neben der braunen Fee hatte sich ein zweites Mädchen aufgebaut:
Das gelbe Kleid, das sie trug, schimmerte als hätten es die Sterne selbst mit ihrem Licht überzogen.

Ihre Arme ausgestreckt, verweilten ihre Hände erhoben in der Luft.
Und aus ihren Händen drang die unbändige weiße Kraft, die die Magie der schwarzen Fee zurück drängte.

Panisch sah die schwarze Fee auf ihre Hände, deren Kraft langsam schwand.

Dann erblickte sie Alina, die hinter ihrer Schwester angelaufen kam.

"Wieso...hast....du....es...nicht getan?"

schrie sie ohrenbetäubend laut.

Mit blitzschneller Aktion brach sie den Kontakt der beiden Zauber ab.
Louise wurde durch die Wucht, mit welcher ihr erschaffener Zauber auf sie zurück prallte, nach hinten geschleudert.

Nun war der schwarze Zauber dabei, sich ein neues Opfer zu suchen.
Mit größter Schnelligkeit visierte er sein Ziel und hagelte auf die wehrlose Alina nieder, die wie erstarrt da stand.

"Alina!!"

brüllten Klara und Louise entsetzt.

Im selben Moment löste sich der dunkle Fluch von Alinas Körper und prallte doppelt so stark auf seine Begründerin zurück.

Von dieser Wucht getroffen, sank die schwarze Fee keuchend zu Boden.
Immer kleiner wurde sie, bis sie schließlich als schwarzer Wurm das Weite suchte.

Im Nu löste sich ein großer Stein des dunklen Palastes.
Und als hätte dieser Stein das Signal dazu gegeben, brach das ganze Schloss donnernd in sich zusammen.

Staub wirbelte durch die Luft.

Der schwarze Drache brüllte von einigen Brocken getroffen, schmerzhaft auf.
Da verwandelten sich seine gewaltigen Schwingen plötzlich in Hände, die krallenbehafteten Klauen in Füße und mit einem Mal fiel ein Mann auf den staubigen Boden.

Noch bevor ihn weitere herab fallende Steine treffen konnten, lief Klara zu ihm und zog ihn beiseite.

Er hustete und sah sie an.

"Wer..."

keuchte er erstickt.
Der Staub in seinem Hals hinderte ihn daran, seine Frage zu beenden.

Klara sah in seine Augen.
Die Zeit schien still zu stehen.

"Ich...ich habe von dir geträumt."

Jonathan sah auf.
Den kleinen Zwerg absetzend, der sich zitternd an ihn geklammert hatte, kam er auf Louise und die braune Fee zu.

Jonathan sah Louise.
Der Prinz und die Prinzessin blickten sich an.

Da fiel Louise Blick auf ihre Großeltern, die beide neben Alina am Boden kauerten.
Maurice sah tränenüberströmt auf.

"Nein, Nein!" ,

stammelte Louise nur.

"Das ist nicht wahr!
Es ist alles nur ein böser Traum!
Gleich wachen wir wieder auf!"

Ihre Großmutter schüttelte den Kopf.

"Es ist wahr, Louise.
Aus diesem Traum werden wir nie wieder aufwachen.
Dieser Traum..." ,

Die Traurigkeit ließ ihre Stimme versagen.

"...ist Wirklichkeit."

Jetzt kamen auch Klara und Tassilo angelaufen.
In stummer Trauer setzte sich Klara neben ihre Schwester, schüttelte den Kopf und wurde ohne ein Wort von ihrem Großvater in die Arme genommen.

Louise starrte stumm auf ihre Hände. Hilflos suchte sie Jonathans Augen. Der Prinz spürte, was in ihr vorging.

Eilig trat er zu ihr und drückte sie fest an sich.
Louise hielt sich fest und schrie vor Wut, Trauer und Unglauben.

Plötzlich regte sich Alinas Körper. Mit einiger Mühe streckte sie ihre Hand nach ihrer Großmutter aus, die weinend neben ihr saß. Als ihre Hand, die ihrer Großmutter berührte, schreckte diese auf.
Einige Sekunden lang starrte die alte Frau nur auf ihre Enkelin. Dann begriff sie und nun weinte sie vor Freude.
"Schnell, kommt alle her! Alina lebt! Sie hat es geschafft!"

Adam rannte über die nächtlichen Wiesen, dicht gefolgt vom Diener der roten Fee.
Der rang bereits völlig außer Puste um Atem rang.

Der König lief und lief.
Er wusste, wohin er wollte:
Zu Belle, seiner Frau.

Nach einer schier endlosen Ewigkeit stand er vor dem Schloss.

Die Sonne ging gerade auf und färbte die Türme und Ritzen des mächtigen Palastes golden.

Madame Pottille stand gerade am Fenster.
Sie konnte nicht glauben, wen sie sah.

"Belle!" ,

rief sie der Kranken zu, die von Gram und Sehnsucht gebeugt, im Bett lag.

"Ihre Majestät! König Adam ist zurück!"

Mit einem Schlag war Belle auf den Beinen und stürmte auf den Balkon hinaus.

Obwohl sie mit ihrem weißen farblosen Nachtkleid dort oben stand, erschien sie Adam so schön wie nie zuvor.

Die morgendlichen Strahlen überzogen ihr braun gelocktes Haar mit flammender Röte und ihre Wangen mit schimmerndem Rot.

"Adam!"

jauchzte Belle und stürzte so schnell sie konnte, die Stufen der Treppen hinab.

Adam lief ihr entgegen.
Beide fielen sich überglücklich um den Hals.

"Ich...ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen!"

murmelte Belle mit feuchten Augen.

Noch ehe der König etwas erwidern konnte, verschloss sie seine Lippen mit einem innigen Kuss.
Adam drückte sie zur Antwort noch fester an sich.

Jetzt kamen die anderen Schlossbewohner und Diener hinzu und versammelten sich begeistert um das vereinte Königspaar.

Nach einiger Zeit löste sich Adam von Belle.

"Ich habe dir doch gesagt, dass ich zurück komme!
Und jetzt:
Lass uns unsere Tochter suchen!"

Belle sah ihm traurig ins Gesicht.

"Adam.
Die Suche nach Louise haben wir schon vor langer Zeit aufgegeben.
Weißt du nicht mehr?"
Was nützt es jetzt noch, nach ihr zu suchen?"

Adam musterte sie jedoch voller Hoffnung.

"Sie ist zurück gekehrt, Belle.
Ich spüre es:
Unsere Tochter ist zurück."

Das MärchenkleidWo Geschichten leben. Entdecke jetzt