Kapitel 1

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Als ich ein letztes Mal auf das leicht demolierte Haus zurückblickte, atmete Ich tief aus. Dort lag die Liebe meines Lebens, der Mensch, dem ich alles anvertraute, und sie war kurz davor mich zu verlassen.

Die Sonne stand hoch am Himmel. Die Hitze war kaum zu ertragen und ich zog mir meine Kappe tiefer in das Gesicht, um keinen Sonnenbrand zu bekommen. Meine Haare waren in den letzten Wochen länger geworden, aber nicht, dass sie mir weiterreichten, als bis zu meinem Ohr.

Ich hörte keine Vögel, keine anderen Insekten. Es herrschte eine Totenstille, die anfing mich zu beunruhigen.

Als ich in den Himmel blickte und die Augen zusammenkniff, weil mich die Sonnen so furchtbar blendete, war auch dort alles still.

Ich wollte nicht gehen, aber ich musste. Ich hatte die Zeit hinausgezögert, hatte mir gesagt, dass wenn ich es nicht schaffen würde, ich die letzten Wochen nicht mit ihr genutzt, sie verschwendet, die kostbare Zeit mit ihr einfach weggeworfen hätte. Doch ich hatte keine andere Wahl, ich musste etwas dagegen tun.

Sie konnte nicht mehr lange kämpfen und so oft ich auch gehofft hatte, die Symptome würden verschwinden, sie verschlimmerten sich, von Tag zu Tag und ich konnte nichts weiter dagegen tun, als sie in den Arm zu nehmen und ihr zuzuflüstern, dass ich sie liebte. Und das war nicht genug.

Rick nahm mir die große Tasche aus der Hand und packte sie in den Kofferraum des alten Jeeps. Er war fast das Einzige, das das große Erdbeben vor zwei Tagen und die Angreifer in der Nähe, überlebt hatte. Rick war schon seit wir klein waren mein bester Freund und jemand, auf den ich immer zählen konnte, genau wie jetzt auch. Nachdem ich gestern den Entschluss gefasst hatte aufzubrechen, um den Menschen den ich über alles liebte zu retten, hatte er darauf bestanden mit mir zu fahren und ich konnte nichts tun, um es ihm auszureden. Doch jetzt war ich froh nicht alleine los fahren zu müssen.

Es würde gefährlich werden, schlimme Erbeben könnten jederzeit kommen, verletzte Menschen könnten uns begegnen. Vielleicht auch die Menschen, die nichts Gutes im Sinn hatten, aber Alaya war es wert. Nachdem sie sich vor einem Monat mit dem Virus infiziert hatte, wurde sie zunehmend schwächer. Ich hatte es anfangs nicht verstanden, weil ich es nicht glauben wollte. Immer wieder stellte ich mir die Frage. Warum sie? Doch ich konnte nicht länger die Augen vor dem verschließen, was unmittelbar vor uns lag.

Wir waren schon seit über zwei Jahren zusammen und dann das. Es riss uns beide aus unseren Gewohnheiten. Es riss unsere ganze Zukunft rücksichtslos in Stücke und warf uns diese vor die Füße wie ein Rätsel, das wir lösen mussten, um sie uns zurückzuholen. Die Ärzte, die noch verfügbar waren, hatten alles versucht, doch nichts half. Genauso wie bei allen anderen Menschen blieb jeder Versuch Alaya zu heilen, erfolgslos. Unsere einzige Hoffnung war ein Heilmittel. Es war nicht einmal sicher, ob es überhaupt eins gab. Aber vor zwei Wochen kam diese eine Hoffnung in mir hoch, die einfach Alles verändern könnte.

In Boston wurde jemand geheilt, von diesem bösartigen Virus, doch man war nicht sicher von was oder wem. Aber ich würde es herausfinden, um jeden Preis, auch wenn es mich am Ende mein Leben kosten würde. Wir würden zu einem alten Freund in Boston fahren, der damit einverstanden war, uns eine Auskunft über die Ereignisse dort zu geben und uns zu helfen.

Es waren vielleicht nur Geschichten die man sich zur Hoffnung um seine Liebsten ausgedacht hatte, doch genau diese Hoffnung war mein Anhaltspunkt. Das, was mich am Leben hielt.

Alaya war stark, sie konnte es schaffen, sie musste es schaffen. Sie musste durchhalten bis ich wieder kam. Bevor ich gegangen war hatte ich ihr noch einen Kuss auf die Stirn gegeben, ich hatte sie nicht wecken wollen, auch wenn ich viel lieber einen richtigen Kuss gehabt hätte. Aber es sollte nicht unser letzter Kuss gewesen sein. Denn ich wollte keinen Abschiedskuss.

Der Gedanke daran, dass sie schon tot sein könnte, bevor ich zurückkam, brachte mein Herz fast zum Platzen, und genau das war meine Angst gewesen, dass was mich aufgehalten hatte gleich zu fahren. Dass wenn ich fortgehen würde, ich niemals mehr die Gelegenheit hätte, ihr wunderschönes Lächeln oder ihre strahlenden Augen zu sehen. Es brachte mich um den Verstand, machte mich wütend. Diese verdammten Verbrecher, die nichts Besseres zu tun hatten, als Krankheiten freizusetzen. Ich wollte jedem von ihnen einen Kopfschuss verpassen, damit sie für das büßten, was sie Alaya angetan hatten.

Mit diesem Gedanken stieg ich in den alten Jeep ein. Rick setzte sich auf die Seite des Beifahrers. Ich ließ den Motor aufheulen, in der Hoffnung, dass der Tank bis zur nächsten brauchbaren Tankstelle reichen würde. In der Hoffnung, Alaya wiederzusehen und sie zu heilen.

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