Kapitel 29

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Mein Körper wurde immer noch von der Energie und dem Adrenalin in mir geleitet. Die Sonne war schon untergegangen und die Dunkelheit verschluckte die Wegweiser. Einige der Laternen war kaputt, die eigentlich die Straßen beleuchten sollten. Ich wunderte mich, dass noch keines der wenigen Autos in ein anderes gefahren war.

Rick neben mir war hellwach und behielt die Straße mit mir im Auge. Ich war kein bisschen müde, sondern konnte nur an Alaya denken, die im Sterben lag. Cleveland war unsere einzige Chance. Und ich hatte Schiss. Verdammt großen.

Ein lautes Hupen riss mich aus den Gedanken. Die Ampel war schon grün. Ein fester Tritt auf das Gaspedal und wir rasten weiter durch die Nacht. Wir wussten, wir mussten gleich dort sein und dabei hatten wir keine Ahnung, wie es verlaufen würde. Rick hatte in den letzten Stunden alle möglichen Pläne abgearbeitet.

Am Ende fiel uns nur eine Möglichkeit ein. Rick und ich würden einfach hereinspazieren. Er würde für Ablenkung sorgen. Wenn das nicht funktionierte, schreckte ich sicherlich nicht vor Gewalt zurück. Alaya hatte genug durchgemacht. Ich hatte lange genug gewartet.

Ich musste aufpassen, dort nicht vor Wut zu explodieren. Wieso nahmen sie sich das Recht, das Heilmittel nicht auf den Markt zu bringen? Auch wenn es nicht hundertprozentig sicher war. Was hatten diese Menschen, die infiziert waren, schon zu verlieren. Ohne das Heilmittel, würden alle sterben, mit dem Heilmittel, war zwar das Risiko da, davon zu sterben, aber eine viel größere Chance, dadurch zu überleben.

Man nahm Alaya die letzte Hoffnung, nur, weil man Angst hatte, falls es mit dem Heilmittel schieflief, die Schuld dafür auf sich zu nehmen. Ich war sicherlich nicht auf dem Weg dorthin, um mir sagen zu lassen, dass sie mir das Heilmittel nicht aushändigen durften.

"Also steht der Plan?", versicherte sich Rick. Ich nickte. Ich war bereit dieses Gebäude zum Einstürzen zu bringen, nur um an das Heilmittel zu kommen.

Ich zog den Schlüssel heraus und schnallte mich ab. Ich stieß die Tür auf und trat in die kühle Luft. Das riesige Gebäude erstreckte sich vor uns. Es konnte einschüchternd sein, doch jetzt, wo nur das Licht durch die Fenster schien, wirkte es ganz harmlos.

"Bereit?", fragte Rick und versteckte die Pistole unter seinem Shirt. "Bereit." Das Gebäude, in das wir eigentlich mussten, war geschlossen und nur für Mitarbeiter zugängig. Das bedeutete, dass wir durch das Krankenhaus mussten, das direkt danebenlag und mit dem Medizingebäude verbunden war.

Das Problem war nur, wie wir durch die verschlossene Tür im inneren kamen, ohne bemerkt zu werden. Wir sahen nicht gerade so aus, als arbeiteten wir dort. Ich hoffte nur, dass wir die Pistolen nicht ziehen mussten.

Da es im Krankenhaus aber nur so von Mitarbeitern wimmelte, wurde diese Hoffnung zunichtegemacht. Die Besuchszeit war wahrscheinlich schon vorbei, als wir das Krankenhaus betraten. Zu unserem Glück, war die Rezeption leer und das leise Summen aus dem hinteren Raum, ließ vermuten, dass sich die Frau dort aufhielt.

Zwei Krankenschwestern liefen an uns vorbei, schenkten uns in ihrer Eile aber keine Aufmerksamkeit. Rick und ich bewegten uns leise und beinahe unsichtbar. Sobald ein weiterer Mitarbeiter um die Ecke kam, blieben wir hinter der nächsten stehen. Die Schilder halfen uns bei der Orientierung und es dauerte nicht lange, bis wir vor der besagten Tür standen. Natürlich war sie verschlossen. Ich hatte nichts Anderes erwartet.

Egal wie sehr Rick auch an ihr rüttelte, sie ging nicht auf. "Wer sind sie, und was tun sie da?" Auf frischer Tat ertappt, blieb ich ruhig. Der Mann hatte perfektes Timing und ich war beinahe zu glücklich darüber, dass er uns erwischt hatte.

Rick drehte sich um und trat einen Schritt nach vorne. Der Mann, Louis Nickelson, so wie es auf dem kleinen Schildchen an seinem Shirt stand, blickte uns misstrauisch an. "Entschuldigen Sie bitte", setzte Rick an, doch als ich den Schlüsselbund in seiner Hand entdeckte, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Das war unsere Chance.

"Würden sie uns bitte die Tür aufschließen?" Perplex starrte mich nicht nur Louis, sondern auch Rick an. "Warum sollte ich das tun?"

"Wir wollen hindurch." Ich zuckte mit den Schultern und hatte ein Grinsen auf den Lippen. Man konnte ihm ansehen, wie jung und neu er in diesem Beruf noch war. Auch wenn ich innerlich nichts zu Grinsen hatte, haftete diese Maske fest auf meinem Gesicht. Wir mussten selbstsicher wirken.

"Gehen sie, oder ich rufe die Polizei!" Diese Worte kamen ihm nur schwer über die Lippen, doch es war Rick und mein Stichwort. In der nächsten Sekunde hatte ich auch schon nach der Pistole gegriffen und hielt sie gefährlich nah in seine Richtung.

Pure Angst war dem Mitarbeiter ins Gesicht geschrieben und ich hasste es, dies tun zu müssen. Doch ich konnte nicht mehr, ich war am Ende meiner Nerven und Kräfte. Louis Hände zitterten, als er sie in Höhe streckte. Eine weitere Mitarbeiterin kam aus dem Nebenzimmer und hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Ich legte meinen Zeigefinger auf die Lippen und zeigte ihr damit, dass sie ruhig sein sollte.

Die obere Etage war so gut wie leer. Es sollten uns nicht noch mehr Arbeiter entgegenkommen. "Wir wollen nur durch diese Tür. Meine Freundin liegt im Sterben und ich brauche dieses Heilmittel." Ich kam mir vor wie ein Monster, als auch Rick seine Waffe zückte und mir den Rücken stärkte. Ich klang nicht mehr selbstbewusste, nein, viel mehr verzweifelt.

"Bitte, schließen sie diese Tür auf." Ricks Worte, ließen die Frau zitternd nach ihren Schlüsseln greifen. Sie hatte wohl auch noch nicht oft Verbrecher getroffen, die um etwas baten. Louis war noch immer wie erstarrt und blickte uns ängstlich an. Als sie neben mich trat, lies ich die Pistole sinken, um ihr zu zeigen, dass ich sie nicht erschießen wollte. Das wollte ich nämlich wirklich nicht. Ich wollte nur dieses Heilmittel und dann so schnell wie es ging, von hier verschwinden.

Rick und ich taten nicht das Richtige, aber das einzig mögliche. Die Frau öffnete die Tür. "Louis, geh zurück an die Arbeit. Erzähle niemandem von diesem Vorfall."

"Aber", Louis wollte sich widersetzen, doch er merkte schnell, wer von ihnen wirklich das Sagen hatte.

"Hast du mich verstanden?", unterbrach sie ihn und er nickte. Rick und ich schenkten uns verwunderte Blicke. Wir hatten erwartet, dass sobald wir durch diese Tür gingen, diese Frau sofort zum Telefon greifen und die Polizei rufen würde. Das allerdings, ergab keinen Sinn. Was hatte sie vor? Ich war zu erschöpft, um mir etwas darunter vorstellen zu können.

Louis machte kehrt und trat in das nächste Zimmer. Den waren wir los. Nach euch. Die Frau wirkte nun viel selbstbewusster. "Warum tun sie das?", brach ich die Stille. Ich hatte die Pistole noch in der rechten Hand und hielt sie fest umklammert. Das war mir nicht geheuer.

"Meine Tochter ist auch infiziert. Ich versuche schon seit so langer Zeit an dieses Heilmittel zu kommen. Sobald ich aber eintrete, werde ich wieder hinausgebeten. Ich habe schon alles versucht", erklärte sie und lächelte sanft, bei dem Gedanken an ihre Tochter. Ich konnte verstehen, was sie gerade durchmachte und auch, was sie antrieb. Wir beide wollten den Menschen, der uns am wichtigsten war, nicht verlieren.

"Ihr seid auch meine Chance. Also was ist, ziehen wir das jetzt durch?" Rick trug ein Lächeln auf den Lippen und in mir stieg der Kampfgeist.

"Darauf können Sie Gift nehmen."

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