Die Stille der Nacht und das Geräusch der Insekten, welche durch das kleine Fenster drangen, beruhigten mich.
Ich blickte an die Decke. Meine Arme ruhten hinter meinem Kopf und ich lauschte der angenehmen Stille.
Ich atmete tief ein und schloss meine Augen.Ich lag auf der Couch im Wohnzimmer. Rick hatte es sich auf einer Matratze auf dem Boden bequem gemacht.
Claudia hatte eigentlich darauf bestanden, dass wir beide die Betten nahmen, doch wir beide lehnten ab. Sie hatte schon zu viel für uns getan und wir wollten ihr und ihrem Sohn nicht noch ihren Schlafplatz wegnehmen.Nach mehreren Versuchen sie umzustimmen, hatte sie endlich nachgegeben und eine Matratze auf dem Boden ausgebreitet.
Rick und ich waren uns schnell einig gewesen, wer wo schlief. Es war uns nämlich egal, denn es war immerhin nicht in einem unbequemen Auto, in dem ich mir meinen Nacken verspannte und das, würde sicherlich noch einige Male geschehen.
Ich drehte mich auf die Seite und zischte kurz auf, als ein Schmerz durch meine linke Körperhälfte fuhr. Es war gut gewesen, dass wir uns dazu entschieden hatten, noch einen Tag zu bleiben. Unsere Verletzungen waren noch nicht ausreichend verheilt, um auf Dauer in dem Jeep zu sitzen und schon gar nicht, um zu kämpfen.
Ich schloss meine Augen, doch sobald ich sie schloss, tauchte Alaya in meinem inneren Auge auf, wie sie schwach in unserem Bett lag. Es raubte mir den Schlaf. Ich wusste, wir hatten einen Tag verloren und obwohl es nötig gewesen war, ärgerte es mich.
"Kannst du auch nicht schlafen?" Ricks Stimme erschreckte mich und ich blickte zu ihm, auch wenn ich in der Dunkelheit nur seine Silhouette erkennen konnte.
"Ja. Wieso kannst du nicht schlafen?"
Ich konnte mir denken, dass es ihm nicht viel anders ging, als mir.
"Ich muss an Piper denken."
Ich nickte verständnisvoll, auch wenn ich wusste, dass er es in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.
"Was ist mit dir?"
"Das Gleiche. Ich muss an Alaya denken."
"Wir werden es schaffen."
Erneut nickte ich auf seine Worte. Er hatte recht, er musste recht haben.
"Wenigstens haben wir noch die Bilder von den beiden."Ja, wenigstens das. Doch ganz plötzlich traf es mich wie der Schlag und in der nächsten Sekunde saß ich kerzengerade auf der Couch.
Das Bild. Ich hatte es in meiner Hosentasche gelassen, während der Explosion. In einem hastigen Tempo lief ich auf den Müllsack zu, in welchen ich meine durchlöcherte Kleidung geworfen hatte.Ich zog meine Hose heraus und wühlte in den Hosentaschen. Nein, das durfte nicht wahr sein. Es war nicht mehr da. Ich hatte es verloren. Ich ließ mich auf den Boden gleiten. Ich hatte es einfach verloren und wenn nicht, war ich mir sicher, dass es die Explosion nicht überstanden hatte.
Ich zog den Müllsack zu mir und schaute noch einmal genauer nach. Vielleicht war es auch einfach herausgefallen.
Doch außer Ricks zerrissenen Klamotten, befand sich nichts anderes darin. Mist!"Alles okay bei dir?" Rick stand hinter mir und rieb sich müde die Augen.
"Ich habe das Bild von Alaya verloren," gab ich flüsternd zu, denn ich wollte niemanden aufwecken.
Rick fasste mir an die Schulter. "Tut mir leid, Chris. Aber du wirst sie wiedersehen."Ich nickte. Darauf hoffte ich fest.
Als ich meine Augen öffnete, schien bereits das Sonnenlicht durch das Fenster. Es würde ein sonniger Tag werden und ich wusste nicht, ob das gut oder schlecht war.
Ein Augenpaar lag auf mir und ich schreckte hoch, als ich jemandem an dem Esstisch erkannte.
Ich fasste mir an mein viel zu schnell schlagendes Herz."Hast du mich erschreckt, Luke."
Er saß dort, seelenruhig und löffelte sein Müsli. "Tut mir leid, Mom hat gesagt, ich soll euch noch schlafen lassen, da ihr heute wieder losmüsst."
"Da hat deine Mutter recht."
"Wo müsst ihr denn hin?"
Er trug noch seinen Schlafanzug, auf welchem Dinosaurier gedruckt waren. Einen solchen, hatte ich auch gehabt, jedenfalls als ich klein war.
"Wir suchen ein Heilmittel für meine Freundin. Es ist in Boston."
Er nickte nur und ich war froh, dass mir endlich jemand nicht sein Beileid aussprach, denn das, fühlte sich jedes Mal so an, als wäre sie schon tot.
Und das war sie nicht.
Claudia schlenderte in das Wohnzimmer. Sie war schon fertig angezogen.
"Luke hat dich doch nicht etwa geweckt, oder?" Ich schüttelte mit dem Kopf."Nein, keine Sorge." Luke lächelte mir dankbar zu, dass ich Claudia nicht mitteilte, dass er mich erschreckt hatte, auch wenn ich glaubte, dass er dafür keinen Ärger bekommen hätte.
"Was möchtest du Frühstücken?" Solch eine Frage hatte ich schon lange nicht mehr gestellt bekommen und für einen kurzen Moment, war ich ratlos.
"Pancakes?"
Alaya hatte sie immer gemacht, auch wenn sie der festen Überzeugung war, dass meine besser schmeckten."Klar, warum nicht. Luke, ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht immer dein Schokomüsli essen!"
Kopfschütteln stand sie vor ihrem Sohn, was mich zum Schmunzeln brachte."Tut mir leid, Mom", sagte Luke gespielt reuevoll und mit vollem Mund. Er erinnerte mich immer mehr an mich selbst. Er gefiel mir.
Sie schüttelte nur erneut den Kopf und machte sich in der kleinen Küche an die Arbeit."Wie spät ist es?" Rick war endlich aufgewacht.
Ich blickte auf die Uhr an der Wand. Kurz nach neun. Wir hatten nicht besonders lange geschlafen, doch in den letzten Monaten noch viel weniger. Ich fühlte mich erholter und ich stellte erleichtert fest, dass meine Seite kaum noch schmerzte. Perfekt.
Rick und ich verschwanden in Claudias und Lukes Zimmer. Unser Koffer lag noch immer auf dem Boden. Ich schnappte mir meine schwarze Hose von gestern und ein neues Shirt. Alayas Shirt verstaute ich unter unseren Klamotten. Immerhin musste ich es ihr zurückbringen. Es war eines ihrer Lieblingsshirts und sie würde mich Köpfen, wenn ich dieses verlor.
Bei diesem Gedanken musste ich Schmunzeln. Ich vermisste ihre Art, wenn sie wütend wurde. Es hatte mir immer Spaß gemacht, zu sehen, wie sie sich wegen meinen Klamotten, die ich auf den Boden geworfen hatte, aufregte.
Wir liefen zurück in das Wohnzimmer und ließen uns an dem Tisch nieder. Claudia stellte die Pancakes vor uns ab.
Sie hatte wirklich viel für uns getan und das, würde ich ihr sicher nicht vergessen.Wir aßen stillschweigend auf und kurze Zeit später, betrat Jacob dem Raum. Er begrüßte uns beide mit einem freundschaftlichen Handschlag und setzte sich zu uns.
Rick und ich packten unsere Sachen zusammen und verließen gemeinsam mit Luke, Claudia und Jacob das Haus. Ich verstaute den Koffer wieder in den Kofferraum und gesellte mich zu den anderen.
Rick machte den ersten Schritt und schlug mit Jacob ein, während ich auf Claudia zu ging.
"Wirklich, danke für alles. Du hast uns sehr geholfen."
"Keine Ursache. Danke euch. Wir hatten schon lange keinen solch angenehmen Besuch."
Sie zog mich in ihre Arme. Etwas überrascht, erwiderte ich ihre herzliche Geste. Und zum Schluss flüsterte sie mir noch ins Ohr: "Du wirst es schaffen. Lasst es mich wissen, wenn ihr wieder in der Stadt seid und nimm deine Freundin mit."
Dankbar lächelte ich ihr zu und löste mich von ihr."Werde ich."
Ich schlug mit Jacob ein und auch mit Luke, den ich wohl auch etwas ins Herz geschlossen hatte.
Rick und ich stiegen ein. Ich war wieder mit Fahren an der Reihe. Ich startete den Motor und wir fuhren los. Erneut in das Ungewisse.
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The Cure
RomanceRomantik/Abenteuer Nachdem Chris' Freundin an einem gefährlichen Virus erkrankt ist, versuchen sein Freund Rick und er alles, um Alaya zu retten, welche nur noch ein paar Wochen zu leben hat. Ihre Hoffnung ist ein Heilmittel in Boston. Doch der W...