Kapitel 28

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Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich auf den Betonboden trat. Adrenalin rauschte durch meinen Körper und ließ mich aufmerksam sein. Mit meinen Augen scannte ich die Gegend ab und hielt Ausschau nach Sam oder Simon. Dass niemand zu sehen war, ließ mich nur noch misstrauischer werden. Es konnte unmöglich so leicht sein, zu entkommen. Sam war niemals so blöd, uns alleine mit Brandon zu lassen, in der Hoffnung er würde uns in Schach halten.

Vielleicht war aber auch genau das die Falle. Vielleicht wollte er, dass wir entkamen, sodass er uns erschießen konnte. In der nächsten Sekunde kam mir dieser Gedanke aber vollkommen schwachsinnig vor. Das hätte er auch tun können, so lange wir noch gefangen waren. Außerdem wollte er sehen, wie ich zusammenbrach, sobald Alaya wirklich tot war.

Doch sie würde nicht sterben. Nicht, wenn ich es verhindern konnte. Rick tippte mir auf die Schulter und wies auf den Jeep in der Einfahrt. Unseren Jeep. Jackpot! Ich konnte nicht glauben, wie leicht es war und ich wurde von Minute zu Minute nur noch misstrauischer.

"Das ist zu leicht", sprach Rick meine Gedanken aus und schaute sich nervös um. Seine Hand öffnete und schloss sich wie mechanisch immer und immer wieder. Wir beide waren so unglaublich angespannt.

Ich umklammerte die Schlüssel fester und machte einen Schritt auf den Wagen zu. Wenn es eine Falle war, hatte ich genauso viel zu verlieren, wie wenn ich gar nicht erst versuchte, zu entkommen. Nämlich Alayas Leben.

Rick hielt mich nicht wie erwartet zurück, sondern folgte mir. Immer wieder schellte sein Kopf zurück zu dem Haus, in dem wir Brandon gefesselt und außer Gefecht gesetzt hatten. Ich bezweifelte, dass er sich so schnell losreißen konnte.

Prüfend lief ich um das Auto herum. Ich kniete mich nieder und blickte darunter. Ich öffnete die Tür und blickte in das Innere. Es schien alles in bester Ordnung zu sein. Ich warf Rick einen Blick zu und zuckte mit den Schultern. Sie trugen noch immer viel Ballast.

Das könnte verdammt schiefgehen, musste es aber nicht. Wo blieben Sam und Simon? Ich hatte ein Schussfeuer erwartet, sobald wir auch nur das Haus verließen und jetzt, war alles mucksmäuschenstill. Rick öffnete die Beifahrertür und saß als Erster im Wagen. "Du fährst", sagte er knapp und schlug die Tür leise zu.

Der bekannte Geruch von Zuhause stieg mir in die Nase, als ich den Motor aufheulen ließ. Ich erwartete, dass wir in die Luft flogen oder etwas Feuer fing, doch nichts dergleichen geschah. Das einzige Geräusch das erklang, war das des laufenden Motors, der wirklich nicht mehr der Neuste war.

Auch als ich von der Einfahrt raus, auf die Straße abbog, hielt uns niemand auf. Als ich jedoch aus dem Fenster blickte, konnte ich Sahra am Fenster stehen sehen. Sie schaute uns nur nach und bewegte sich nicht vom Fleck. Sie war wie erstarrt.

Ich drückte so fest, wie es mir möglich war, auf das Gaspedal und raste los. Wenn sie zu Sam rannte, um ihm zu berichten, dass wir gerade dabei waren, abzuhauen, hatten wir nicht viel Vorsprung. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob es nicht doch eine Falle war, doch wenn es eine war, würden wir als Erste davon erfahren.

"Wie lange brauchen wir nach Cleveland?" Rick wusste solche Dinge auch ohne Navi. Er lag nie auf die Minute genau richtig, aber gut genug, um ungefähr zu wissen, wann wir ankommen würden.

"Zehn Stunden. Wenn wir schnell sind, weniger", antwortete er, wie aus der Pistole geschossen. Die Wut machte sich erneut in mir bemerkbar. Wir waren zehn Stunden umsonst gefahren und direkt an unserem Ziel vorbeigeschossen. Alaya musste zehn Stunden mehr kämpfen, nur, weil ich alle meine Hoffnungen in Sam gesteckt hatte, der überhaupt erst die Ursache für all die schrecklichen Dinge war, die gerade passierten. Und das nur, weil ihn eine Hand voll Menschen falsch behandelt hatte.

"Chris, was ist dein Plan? Wir wissen nicht einmal, wo das Heilmittel hergestellt wurde, geschweige denn, wie wir es finden sollen." Ich umklammerte das Lenkrad fester und atmete tief ein. Mein Kopf pochte erneut, vor lauter Anstrengung.

Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf und ich konnte nur hoffen, dass ich richtiglag. "Gibt es in Cleveland nicht dieses große Gebäude, das sich einzig und alleine um Medizin dreht?" Wenn ich richtiglag, würde es Rick wissen.

"Ja, du hast recht!" Euphorisch klatschte Rick in die Hände. "Das ich dort nicht draufgekommen bin. Dort muss es sein." Wenn unsere Vermutung doch falsch war, bedeutete es Schreckliches für Alaya. Doch nach all dem, konnten wir es nur noch versuchen und weiter hoffen.

Ich war noch nicht am Ende angekommen. Mein Leben mit Alaya war noch nicht vorbei.

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