Kapitel 24

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Piper

Vollkommen fertig mit den Nerven, fuhr ich mir durch das blonde, strapazierte Haar. Vor mir im Bett lag Alaya. Gequält von Schmerzen und einer Willenskraft, die ich so sehr an ihr bewunderte. Sie konnte sich vor Schmerzen und Erschöpfung kaum noch wachhalten. Sie zitterte am ganzen Körper, und auch die vielen Sweatshirts von Chris, oder der ganze Haufen an Decken, konnten sie nicht warmhalten.

Die pure Angst war mir förmlich in das Gesicht geschrieben. Doch vor Alaya ließ ich mir nichts anmerken, wie überfordert ich eigentlich war. Meine Ideen gingen langsam, aber sicher aus und die Verzweiflung machte sich bemerkbar. Ich hatte schreckliche Angst, denn ich wusste, was auf Alaya zukommen würde, wenn die Jungs nicht bald eintrafen. Sie waren schon zu lange unterwegs.

Innerlich hatte ich gehofft, es würde schneller gehen und die Angst, es könnte etwas passiert sein, ließ mich nicht los. Ich hatte nicht erwartet, eine Nachricht zu bekommen, doch ich hatte es mir erhofft. Leider war ich umso enttäuschter, dass es doch nicht so war.

"Chris." Alayas Stimme war nur ein leises Wimmern. Sie sagte seinen Namen immer wieder. Ganz egal ob sie wach oder in einem Traum gefangen war. Es war furchtbar mitanzusehen, wie sie immer wieder um sich schlug, doch wegsehen konnte ich genauso wenig.

Sie war meine beste Freundin und ich hatte Angst um sie. In den letzten Tagen war sie nur noch schwächer geworden, und man sah ihr an, dass sie nicht mehr lange durchhalten konnte.

Als sie aufschreckte, war ich schneller an ihrem Bett, als sie vollständig ihre Augen öffnen konnte. "Chris. Wo ist Chris? Ist er schon zurück?"

Diese Frage stellte sie mir jeden Tag. Erst vor ein paar Tagen hatte sie nach meiner Hand gegriffen und mir gesagt, dass ich Chris zurückholen sollte, weil sie ihn noch einmal sehen wollte. Es war erschreckend, weil sie nicht wirklich daran glaubte, dass Chris sie retten könnte.

Ich wünschte ich könnte ihr sagen, dass er zurück war, mit dem Heilmittel, doch das konnte ich nicht. "Nein, noch nicht." Ich strich ihr sanft über die Hände, welche eiskalt waren.

"Wie fühlst du dich?", fragte ich leise. Bevor Alaya jedoch antworten konnte, schluckte sie und hustete laut. Mit zitternden Händen griff sie nach dem Glas Wasser. Natürlich ging es ihr nicht besser. Und ohne das Heilmittel, würde es ihr auch nie wieder bessergehen.

"Du musst noch etwas durchhalten. Die Jungs kommen bald, da bin ich mir ganz sicher." Als Alaya Würgegeräusche von sich gab, hielt ich hastig eine Schüssel vor ihre Nase. Es war nicht das erste Mal, dass sie Blut spuckte und sicherlich auch nicht das letzte Mal.

Ich streckte ihr ein Taschentuch entgegen, das sie mit einem sanften Lächeln entgegennahm.

In irgendeiner Weise war ich erleichtert, dass Chris sie so nicht sehen musste. Ich wusste, es hätte ihm das Herz gebrochen. Er hätte nicht mehr tun können, als ich. Und ich war mir nicht sicher, was es mit ihm machen würde, wenn sie wirklich nicht mehr konnte.

Ich wusste auch nicht, was es mit mir machen würde. Die drei waren meine Familie. Wir alle hatten kein gutes Verhältnis zu unseren Eltern und hatten uns gemeinsam ein Leben aufgebaut.

Ich wollte niemanden verlieren. Alaya war für mich wie eine Schwester die ich nie hatte. Wenn sie nicht mehr da war, würde sich alles verändern. Ich wollte nicht, dass sich etwas veränderte.

Alaya vergrub sich wieder in Chris Pullover und ich strich ihr sanft über den Rücken. Ich nahm es ihr nicht übel, dass sie mir kaum antwortete. Es war anstrengend für sie und sie musste ihre Kräfte sparen.

Ich hatte die Hoffnung nicht aufgegeben und ich war mir mehr als sicher, Chris auch nicht. "Wo bleibt ihr nur?", flüsterte ich in die Dunkelheit.

Ich griff mir an meinen schmerzenden Rücken. Fast jeden Tag stützte ich Alaya bis auf den Balkon. Leider machte sich diese Belastung bemerkbar. Alleine zu laufen, war für Alaya beinahe unmöglich. Doch es war mir wichtig, dass sie auch noch an die frische Luft konnte. Es heilte sie zwar nicht, doch es machte sie glücklich.

"Glaubst du", setzte Alaya an. Ich wollte sie davon abhalten, doch sie ließ es nicht zu.

"Glaubst du, die Jungs schaffen es?" Sie musste mehrere Mal im Satz stoppen und Luft holen. "Ja. Ich glaube fest daran." Alaya wusste, wie schlecht ich im Lügen war. Letztes Jahr hatte ich beinahe ausversehen, ihre Überraschung für Chris ausgeplaudert. Man war mir das unangenehm gewesen. Sie konnte sich also sicher sein, dass ich es ernst meinte.

"Dann werde ich wohl weiterkämpfen." Ein müdes Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

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