Kapitel 27

33 3 1
                                    

Ich kam mir vor, wie ein Häufchen Elend, wie ich dort auf dem Boden saß und darauf warten musste, dass Alaya starb. Die letzte halbe Stunde hatte ich kein Wort gesagt. Meine Handgelenke schmerzten und ich hatte Durst. Doch ich würde diesen Mistkerl weder um Verbandzeug, noch um etwas zu trinken bitten.

Rick hatte ein paar Sätze angefangen, doch keinen davon wirklich beendet. Er wusste selbst nicht wirklich, was er sagen sollte. Wir saßen in der Falle und egal wie sehr ich an diesem verdammten Rohr riss, es bewegte sich nicht.

Ich war nicht nur mit meinen Ideen, sondern auch mit meiner Kraft am Ende. Ich hatte gewusst, der Weg nach Boston würde nicht leicht werden, aber mit solchen Hürden hatte ich nicht gerechnet. Eigentlich müssten wir schon lange zurück sein und ich konnte mir nicht vorstellen, was Alaya gerade durchmachte.

Sie hatte mir ihren einzigen Wunsch genannt. Das ich bei ihr war, sobald es dem Ende zuging. Ich hatte ihr immer gesagt, dass es niemals so weit kommen würde, doch in diesem Moment, wünschte ich mir nichts sehnlicher, als bei ihr zu sein und ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Ich wollte nicht, dass sie starb, aber ich wollte auf gar keinen Fall, dass ich an diesem Zeitpunkt, an dem sie ihre Kräfte verließen, nicht bei ihr sein konnte.

Der Gedanke daran sie zu verlieren, tat nun schon so lange weh. Sie war das, was mich wunschlos glücklich machte, und wenn sie jetzt ging, könnte ich es nicht mehr sein.

Brandon lief schon mehrere Minuten ungeduldig hin und her, an seinem Gang war unschwer zu erkennen, dass er wohl dringendst auf die Toilette musste.

Nachdem ich weitere sechzig Sekunden abgezählt hatte, öffnete er die Tür, schaute hinaus, lief hindurch und schloss sie hinter sich ab. Rick und ich waren alleine im Raum.

"Chris, wir schaffen das." Die Hoffnung die er mir machen wollte, machte mich wütend. "Nein, tun wir nicht!" So verdammt verzweifelt wie ich war, schlug ich erneut gegen das Rohr, doch dieses Mal, gab dieses ein lautes Geräusch von sich.

Ricks Gesicht erhellte sich und als ich auf das Rohr blickte, konnte ich es kaum fassen. Ein Teil davon, hatte sich aus der Wand gelöst und hing in der Luft, der andere Teil, hing noch fest an der Wand.

Mein Ausraster hatte doch seine Wirkung gezeigt. Die Tür öffnete sich erneut und zu unserem Glück, trat wieder nur Brandon ein. Nach dem Gespräch mit Sam, hatte dieser sich kein einziges Mal mehr blicken lassen, was mir auch mehr als recht war.

Ein wissender Blick von Rick zeigte mir, dass dies unsere einzige Chance war. Und verdammt, ich würde es riskieren.

"Na, Arschloch?" Ein provozierendes Grinsen legte sich auf meine Lippen. Brandon blickte uns nur verwirrt an. Mir war gleich aufgefallen, dass er nicht wirklich viel im Kopf hatte.

"Was willst du? Du solltest lieber die Klappe halten." Er kam ein paar Schritte auf uns zu. "Gegen mich habt ihr sowieso keine Chance." Er lachte auf und schlug sich auf die Brust, als wäre er ein ungeschlagener Kämpfer.

Er stand nun direkt vor uns. Sein rechtes Bein und somit auch seine Waffe, hatte er perfekt zu mir gedreht. Und sie lächelte mir nur so entgegen. "Da wäre ich mir nicht so sicher." Ich tauschte noch einen Blick mit Rick aus und dann ging es los. Mit einem kräftigen Ruck, fiel das Rohr auf den Boden. Das zusätzliche Seil, dass die Handschellen, an dem Rohr befestigt hatte, löste sich und fiel ebenfalls auf den Boden. Bevor Brandon reagieren konnte, hielt ich die Waffe auch schon, mit noch immer in Handschellen gelegten Händen, fest umschlossen.

Abwehrend hob Brandon die Hände in Luft. "Ein Mucks und ich schieße dir ein Loch in deinen Schädel", zischte ich ihm zu. Pure Angst flatterte in Brandons Augen auf. Er presste die Lippen fest aufeinander, als ich ihm näherkam.

"Her mit den Schlüsseln!" Er folgte meinem Befehl sofort. Immerhin war ich derjenige, mit der Waffe.

Er warf mir den Bund zu und mit erhobener Waffe und dem Bund fest zwischen die freien Finger geklemmt, lief ich zu Rick. Meine Waffe, hatte immer noch Brandon im Visier, als ich Rick den Schlüssel in die Hand drückte, und er meine Handschellen mit Mühe öffnete.

Der Polizeigegenstand fiel zu Boden. Endlich die Waffe fester in der Hand, nahm ich sie in die rechte. Auch Ricks Handschellen waren in Sekundenschnelle verschwunden.

"Bitte tötet mich nicht!" Brandons flehender Blick traf in mir auf kein Mitleid. Er war daran beteiligt gewesen. Er war ein Grund, warum Alaya leiden musste. Mein Finger auf dem Abzug zuckte und wie gerne hätte ich abgedrückt.

"Chris, lass das, du willst niemanden umbringen." Rick fasste mir an die Schulter und er hatte nicht ganz unrecht.

"Ich muss Sam dafür bezahlen lassen, was er Alaya angetan hat." Meine Stimme war brüchiger als gedacht, doch ich wünschte mir so sehr, Sam für das bezahlen zu lassen. Für einfach alles.

"Was ist dir mehr wert, Alaya zu retten, oder dich an Sam zu rächen?"

Rick hatte recht und er wusste ganz genau was meine Antwort war. "Hände hinter den Rücken!", schrie ich Brandon zu, der nicht lange zögerte. Ich griff nach den Handschellen und legte sie ihm an. "Sicher ist sicher."
Er zischte auf, als ich sie absichtlich fester zog.

Rick reichte mir das Seil und nur wenige Sekunden später, saß Brandon dort, wo ich noch vor ein paar Minuten gesessen hatte. Ich griff nach Brandons Shirt und mit ein wenig Kraft, riss ich ein Stück von dem Kleidungsstück ab.

Während Rick die Pistole in der Hand hielt und Brandon damit immer noch Angst einjagte, zwang ich ihn dazu, seinen Mund zu öffnen. Sicher war nun einmal sicher. Wir wollten ja nicht, dass sobald wir durch das Fenster verschwanden, er auf die Idee kam, nach Sam zu schreien.

Abgedämpfte Laute drangen aus seinem Mund, die ich herzlich gerne ignorierte. "Was ist, wenn das schon wieder eine Falle ist?" Ricks Misstrauen war verständlich, aber es war unsere einzige Chance. "Wir müssen es riskieren."

Mir war klar, dass Rick niemals nein sagen würde. Immer hin, wollte er auch zurück zu Piper. "Was ist mit den Autoschlüsseln?", fragte ich leise. Rick lächelte mir nur zu und schwang den Bund in die Höhe.

"Wenn das keine Falle ist, ist Sam wohl doch nicht so schlau." Er löste den Schlüssel von unserem Wagen, von den anderen und steckte ihn ein. "Jetzt nichts wie weg hier."

The Cure Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt