Kapitel 26

43 3 7
                                    

Meine Augenlider fühlten sich schwer an, als ich sie öffnete. Es brauchte ein paar Sekunden, bis ich erkennen konnte, wo ich mich befand. Meine Schläfe pochte fürchterlich und als ich meine Hand darauflegen wollte, rieb diese an etwas Kühlem. Ich konnte sie nicht bewegen.

Ich war mit Handschellen an ein altes Rohr gefesselt worden. So ein Mist! Ich blickte neben mich und entdeckte Rick, der immer noch ohnmächtig war.

"Rick." Meine Stimme war rau und heiser. Er reagierte nicht. "Rick!", rief ich. Langsam aber sicher, öffnete auch er seine Augen und blickte sich verwirrt um.

Sam hatte uns hintergangen, doch ich konnte mir nicht erklären, wieso. Mit ganzer Kraft, versuchte ich, dass alte Rohr aus der Wand zu ziehen, doch es war aussichtslos. Es war zwar alt, aber saß bombenfest.

Wie hatte ich nur so dumm sein können. Ich hätte gleich auf mein Bauchgefühl vertrauen sollen, doch ich war zu sehr darin vernarrt gewesen, dass Heilmittel für Alaya zu bekommen.

"Wir müssen hier irgendwie raus."

"Und wie stellst du dir das vor?" Ich lehnte meinen Kopf in Richtung Handschellen, die uns an diesem Ort festhielten. Es war nicht zu übersehen, dass ich auf dem kalten Boden eines Kellers saß.

Die Tür wurde lautstark geöffnet und um sich ohnmächtig zu stellen, war es schon zu spät. Es war Sam, dicht gefolgt von Brandon. Unbewusst ballte ich die Hände zu Fäusten. Was war das für ein Spiel, das er mit uns spielte?

"Was soll der Scheiß?" Meine Wortwahl ließ Sam amüsiert grinsen. Wie gerne ich ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht geschlagen hätte.

"Macht uns los!" Meine Stimme war bedrohlich leise, doch Sam ließ sich davon nicht beeindrucken. Er kam einen weiteren Schritt auf uns zu.

"Warum sollte ich das tun?" Seine dämliche Frage machte mich wütend. Er wusste genau warum."Weil Alaya das Heilmittel braucht!"

Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde breiter. "Was ist, wenn ich nicht möchte, dass sie es bekommt." Urplötzlich wurde mir alles klar. Es traf mich wie ein Schlag.

"Du?" Der Kloß steckte tief in meinem Hals. "Na endlich hast du es herausgefunden. Das hat aber ziemlich lange gedauert." Er machte sich über mich lustig.

"Ja, ich gehöre zu den Bösen. Ich bin für alle Anschläge, für all das Leid und vor allem für den Ausbruch des Virus verantwortlich."

Mir war danach zu schreien. Meine Fingernägel bohrten sich in meine Handinnenfläche und ich schmeckte Blut in meinem Mund, weil ich so fest auf meine Zunge gebissen hatte. Ich wollte nichts mehr, als ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen. Ihn einfach umzubringen.

"Du mieses Arschloch!" Ich war so rasend vor Wut, dass ich anfing unkontrolliert gegen die Handschellen anzukämpfen. Ich spürte die Schnitte, die ich mir durch den Versuch zu entkommen, zufügte. Sie brannten, doch es war nichts im Gegensatz zu dem Brennen in meiner Brust. Er war verantwortlich für Alayas Schmerzen und den Kampf gegen den Tod.

"Du hast Alaya und auch so viele Kinder infiziert!" Ich brüllte so laut, dass ich glaubte, wirklich kurz Furcht in Sams Augen aufblitzen zu sehen. Dies hielt leider nicht lange an.

Sam lachte laut los und meine Wut stieg bis in das Unermessliche. Plötzlich fielen mir so viele Arten ein, wie ich ihn schmerzvoll dafür bezahlen lassen könnte, was er Alaya und all den anderen Menschen angetan hatte. Ein Kopfschuss kam mir viel zu harmlos dafür vor.

Ich war Rick dankbar dafür, dass er nicht versuchte mich aufzuhalten, auch nicht, als mir das Blut die Finger hinablief.

"Es war nicht geplant, dass es Alaya trifft, aber es war schon ein schönes Gefühl, als ich davon erfahren habe." Das dreckige Grinsen auf seinen Lippen, ließ mich schreien. Ich wollte ihn töten.

Das Pochen in meinem Kopf hatte schon lange aufgehört. Ich hatte nur noch das Verlangen nach Rache.

"Du frägst dich bestimmt, warum das Ganze?" Sam lief hin und her. "Ich habe mir immer gedacht, ich wäre zu mehr bestimmt, als nur für einen einfachen Bürojob, leider haben das viele nicht so gesehen. Die Menschen sind alle so unglaublich dumm. Sie haben es verdient, habe ich mir gesagt. Und das tun sie auch wirklich. Du glaubst gar nicht, wie leicht es war, Anhänger zu finden, die genau so sauer auf die Menschheit sind, wie ich. Es fing harmlos an, aber es ist wie eine Befriedigung tief in mir, wenn ich sehe, wie die Menschen wegen mir leiden."

Ich konnte nur den Kopf schütteln. Er hatte so viele Menschen umgebracht, nur, weil er sauer auf solche Leute wie mein Vater war. Wieso war er nicht einfach Wissenschaftler oder etwas Anderes geworden, um zu beweisen, dass er mehr draufhatte. Wieso hatte er so etwas Schreckliches tun müssen?

"Es hätte so viele andere Wege gegeben und du hast dich für diesen entschieden?" Endlich meldete sich Rick auch zu Wort und sprach genau das aus, was ich nicht verstand.

Sam zuckte nur mit den Schultern. Er war zwar schlau, aber genau so krank. "Du bist verrückt und ich hasse dich dafür, was du Alaya angetan hast!" Meine Worte trafen ihn kein bisschen und ich hatte es auch nicht anders erwartet.

Das Lächeln auf seinen Lippen verschwand immer noch nicht. Er hatte Spaß daran, zu wissen, dass jemand am Sterben war, den ich liebte. Ich hatte aufgehört, mich gegen die Handschellen zu wehren und lehnte mich gegen die kalte Wand. Die Wunden brannten schrecklich.

"Das Heilmittel ist gar nicht hier, oder?" Ich klang auf einmal so unglaublich erschöpft und als Sam den Kopf schüttelte, schlug ich mit geballter Faust gegen das Rohr. Wir waren die ganze Zeit umsonst hierhergefahren.

"Gibt es denn überhaupt eins?" Ich hatte Angst davor, die Antwort zu hören. Wenn es keins gab, hatte ich die letzte Zeit mit Alaya nicht genutzt. Ich wäre umsonst durch diese ganzen Staaten gefahren, um nach etwas zu suchen, dass gar nicht existierte.

"Doch, das gibt es, aber-" Sam hielt inne. "Ach was soll's. Spätestens in zwei Tagen, sind alle tot, die sich an dem Virus infiziert haben, und ihr werdet hier festsitzen, während deine Freundin stirbt."

Alles in mir zog sich zusammen und das Atmen fiel mir schwer. Der Gedanke, dass ich Alaya nicht mehr sehen könnte, ihr nie wieder in die Augen blicken könnte, war zu schrecklich, um wahr zu sein. Und Sam machte das Ganze auch noch Spaß. Dieser Mistkerl würde mir Alaya nehmen.

"Das Heilmittel ist eigentlich in Cleveland, aber dort werdet ihr es sowieso nicht mehr hinschaffen. Keine Sorge, ich weiß noch nicht, ob ich euch umbringen will. Ich denke, ich will erst einmal dein Gesicht sehen, wenn du in zwei Tagen erfährst, dass Alaya tot ist."

"Du wirst dafür bezahlen", brachte ich unter zusammengebissenen Zähnen hervor. Er würde für alles bezahlen. Für jeden Schmerz den er Alaya oder mir zugefügt hatte. Für alle Menschen, die er umgebracht hatte. Ich würde nicht aufgeben. Auch jetzt nicht. Alaya durfte nicht sterben.

The Cure Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt