The Cure

Kapitel 38

Ich konnte nicht beschreiben, an was ich dachte. Meine Gedanken kreisten rund um Alaya, aber ich spielte auch mit dem furchtbaren Gedanken, sie tot aufzufinden. Nicht noch einmal könnte ich es schaffen, nicht vollkommen die Kontrolle zu verlieren und alles um mich herum in Stücke zu reißen. Nicht noch einmal könnte ich den Schmerz ertragen. Wenn Rick falsch lag, war das mein Ende. Wie am Ende ich schon war, bemerkte ich erst, als es mir schon schwerfiel, das Heilmittel vernünftig festzuhalten.

Meine Hände hörten nicht auf zu zittern. Sie gehorchten mir nicht mehr. Mein Herz schlug so schnell, dass ich jede Minute tief Luft holen musste, um klare Gedanken fassen zu können. Rick hielt den Blick starr auf die Straße gerichtet und ich glaubte, dass er gar nicht mehr richtig anwesend war. Dennoch fuhr er makellos.

Pipers Stimme nach so einer langen Zeit wiederzuhören, musste ihn völlig aus der Bahn geworfen haben. Ich würde alles dafür geben, um noch einmal Alayas Stimme hören zu können. Nur noch einmal. Ich wollte bei ihr sein. Sie nicht wieder im Stich lassen. "Es wird alles gut", murmelte Rick von der Fahrerseite aus. Ich wollte ihm glauben. Ich wollte seinen Instinkten vertrauen, doch das was die letzten Tage passiert war, ließ es nicht zu.

"Piper, sie... Es läuft irgendwas gewaltig schief. Sie hat mir gesagt sie würde mich lieben. Mit einem Ton, als würde sie sich von mir verabschieden." Die Ratlosigkeit war mir mitten ins das Gesicht geschrieben. "Chris, wir haben eine Chance. Die Chance besteht, dass Alaya noch lebt." Beinahe euphorisch schlug er gegen das Lenkrad, das einen ungesunden Laut von sich gab. Nach unserer Reise, würde das Auto unbenutzbar sein. Wortwörtlicher Schrott.

Ich konnte es nicht fassen, als ich die bekannten Schilder sah. Die bekannten Häuser. Ich fühlte mich, als ertränke ich an all meinen Erinnerungen, die mir in den Kopf schossen und meinen Mund nicht verließen. Erinnerungen, die nie ein anderes Zuhause als meinen Kopf hatten. Erinnerungen, an die ich nie wieder denken wollte.

Und trotzdem waren sie alle da. Mein Verstand setzte vollkommen aus, als ich das Haus sah, das ich vor langer Zeit mit einem Ziel vor Augen verlassen hatte. Und dieses Ziel lag in meinem Schoß. Rick hatte noch nicht einmal die Handbremse gezogen und ich war schon aus dem Auto gestürmt. Es sah genauso aus, wie wir es verlassen hatten. Tiefe Unruhe machte sich in mir bemerkbar, als ich etwas entdeckte, das vor unsere Abreise noch nicht da gewesen war. Splitter lagen auf dem Boden und ich eilte zum Fenster. Das Fenster war hinüber. Eingeschlagen. Nur Blutreste klebten an den spitzen Überresten. Da war wohl jemand unsanft hängen geblieben.

Ich nahm Anlauf und kam unverletzt in das Wohnzimmer. Absolute Stille herrschte und dann ein Schrei. Rick der mittlerweile schon neben mir stand, erkannte es sofort. Die Stimme gehörte Piper. Ich umklammerte das Heilmittel in meiner rechten Hand so fest, dass meine Knöchel weiß hervorstachen. Die Rachelust kam mir den Magen und dann den Hals hoch, als wollte ich Feuer auf alle meine Feinde spähen.

Ich rannte so schnell wie noch nie, lauschte und stieß dann die Tür mit einem Stoß auf. Was ich dort sah, verschlug mir die Sprache. Ein dumpfer Laut verließ Ricks Kehle, als er Piper entdeckte. Sie war an Brandon gedrückt, der ihr eine Waffe an den Kopf presste.

Während ich vor Entsetzen die Augen aufriss und Jay auf dem Boden fand, tot, spürte ich Sams widerwärtiges Grinsen auf mir. Wie er es genoss. Als ich dann eine zierliche Person auf dem Bett erkannte, vollkommen regungslos, brannten bei mir alle Sicherungen durch. Die Angst die mir in den Gliedern hinaufkroch war unerträglich. "Was hast du getan?" Mein Mund machte sich selbstständig und ich ließ die Augen nicht von der braunhaarigen Schönheit, deren Gesicht so blass war, dass mein Herzschlag aussetzte, nur um dann so heftig weiter zu pochen, dass ich Angst bekam, mein Brustkorb würde zerspringen. "Alaya", wisperte ich. Ich hörte ein leises Wimmern, doch es kam nicht von Alaya, so sehr ich mir auch ein Lebenszeichen von ihr wünschte. Gerade noch rechtzeitig konnte ich Rick davon abhalten, auf Brandon zu zustürmen, der Piper die Waffe fester an Kopf presste. Eine Bewegung und er würde abdrücken. Hundertprozentig.