Kapitel 15

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Lautes Husten und leises Weinen rissen mich aus meinem Schlaf. In der nächsten Sekunde saß ich hellwach und kerzengerade im Bett.

Alayas Hand zitterte und ihr ganzer Körper bebte. Sie weinte. Und es versetzte mir einen Stich in die Brust.

"Alaya, was ist los? Hast du Schmerzen?"

Sie antwortete mir nicht. Wieso antwortete sie mir nicht?

Die Sorge in mir stieg und ich konnte sie kaum kontrollieren.

"Alaya."

Ich strich ihr sanft über den Rücken und legte mich wieder zurück in meine Schlafposition.

Ihr Kopf und ihre Hand ruhten auf meiner Brust. Ich zog sie näher an mich, doch auch nach einigen Minuten hörte das Zittern nicht auf.

Panik kroch in mir hoch und ich versuchte flach und ruhig zu atmen. Ich setzte mich erneut auf und fuhr über Alayas Kopf.

Ihre Stirn war glühend heiß.

Ihr ging es immer schlechter und ich konnte einfach nichts tun. Sachte hob ich sie an und platzierte sie auf meinem Schoß, sodass sie mir ins Gesicht schauen musste.

Ich knipste das Licht der Stehlampe an. Ihre Augen waren rot und geschwollen vom Weinen.

Es tat weh, sie so aufgelöst zu sehen und zu wissen, ich könnte nichts gegen die Schmerzen tun, die sie quälten.

"Sind die Schmerzen sehr stark?"

Endlich nickte sie und erneute Tränen fanden den Weg auf das Bett.

"Was kann ich tun, um dir zu helfen?"

Ihre Stimme war kratzig und leise, als sie mir antwortete.

"Wasser. Ich brauche Wasser."

Ich sprang förmlich vom Bett und lief die Treppe hinunter, um so schnell wie möglich wieder oben bei ihr zu sein. Ich wollte sie keine Sekunde aus den Augen lassen und ich war mir sicher, dass dies einer dieser Tage war, an denen wir die ganze Nacht nicht schlafen würden.

Es war erst unsere fünfte Nacht in unserem neuen Zuhause und schon vier Nächte hatte ich kaum geschlafen. Und es lag nicht daran, dass das Bett so klein war. Doch die Angst und Sorge hielten mich tagsüber wach.

Ich griff nach einem Glas und schenkte es voll ein. Ich nahm die Wasserflasche mit, falls Alaya noch mehr brauchen würde.

Vollbepackt, sprintete ich die Treppe hinauf und ignorierte, dass ich damit Piper und Rick wecken könnte.

Die Symptome hatten sich in den letzten Tagen um einiges verschlechtert und ihr Zustand machte mir Angst.

Auch die Hoffnung, dass es ihr an einem ruhigen Ort bessergehen würde, war verpufft.

Sie konnte kaum stehen und hatten mindestens zwei Kilo abgenommen, seitdem wir hier waren.

Es war schrecklich und jeden Tag hoffte ich, dass sich etwas ändern würde. Und ich hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben.

Alaya war aufgestanden und verschaffte sich Halt durch einen Stuhl. Sie war so wackelig auf den Beinen, dass sie drohte umzukippen.

Gerade noch rechtzeitig, ließ ich alarmierend Flasche und Glas fallen, welche auf dem Boden zersprangen und fing sie auf, bevor sie auf dem Boden aufschlug.

Die Panik hatte sich in meinem ganzen Körper ausgebreitet. Sie lag in meinen Armen, bewusstlos und wenn sie nicht mehr aufwachen würde - Nein, daran durfte ich nicht denken.

Mit Alaya in meinen Armen, rannte ich zu Ricks Zimmer und klopfte lautstark an seiner Tür.

Er öffnete mir verschlafen und als er Alaya in meinen Armen sah, griff er nach dem Telefon.

"Schnell, ruf Dr. Winston an, es ist ein Notfall."

"Es tut mir leid dir das sagen zu müssen, aber sie wird immer schwächer und ich kann ihr nicht mehr als zwei bis drei Wochen zumuten."

Der Schock saß tief und verzweifelt blickte ich zu dem Arzt. Verdammt.

Unkontrollierbar schlug ich gegen die Wand. Rick wollte mich aufhalten, doch der Schmerz meiner Hand, welche auf die Wand einschlug, linderte den Schmerz, den ich empfand, wenn ich daran dachte, dass Alaya sterben würde.

Sie durfte nicht sterben. Verdammt. Sie durfte nicht.

"Ich kann verstehen, dass es ein Schock sein muss, so etwas zu hören, aber ich würde dir vorschlagen, noch mal etwas Schönes zu unternehmen, so lange es noch geht."

Diese Worte brachten mich komplett aus der Fassung. Noch einmal etwas miteinander unternehmen? Ich wollte noch tausendmal etwas mit Alaya unternehmen und nicht nur noch einmal.

"Gibt es denn gar keine Chance mehr?"

Der Arzt, ein alter Freund meines Vaters, der immer den Weg in Kauf nahm, um Alaya zu helfen, schüttelte den Kopf.

"Es wurde noch kein Heilmittel entwickelt und auch wenn, bis es wirklich sicher ist, dauert es und so lange wird sie nicht mehr haben."

Er klopfte mir auf die Schulter "Es tut mir leid, Chris, ich wünschte, ich hätte bessere Nachrichten."

Doch die hatte er nicht. Und ich war froh, dass er ehrlich zu mir war.

Er ließ, so wie jedes Mal Schmerzmittel da, welche helfen sollten, sobald Alayas Schmerzen unerträglich wurden. Diese sie jedoch um einiges schwächten.

Alaya blinzelte ein paar Mal, bis sie ihre Augen aufschlug und direkt in meine blickte.

Ich reichte ihr sofort das Glas von der Kommode, welches sie gierig leer trank.

"Wie geht es dir?"

Sie schluckte das restliche Wasser in ihrem Mund herunter.

"Besser."

Sie hatte noch Schmerzen, jedoch waren diese nicht mit denen vor ein paar Stunden zu vergleichen.

"War der Arzt da?" Ich nickte und fuhr über ihre Stirn. Das Fieber war zurückgegangen.

"Es sieht nicht gut aus, oder?"

Ich hielt inne und sie wusste, dass es so war. Dass es mir nicht möglich war es auszusprechen.

"Du wirst gesund, ich verspreche es dir."

Ich hatte noch nie ein Versprechen gebrochen und ich würde nicht damit anfangen.

Sie zog mich zu sich herunter und küsste mich. Ich erwiderte den Kuss und legte mich zu ihr nieder.

Das Bett war immer noch klein, doch es bat genügend Platz, wenn wir beide eng beieinanderlagen. Und ich brauchte ihre Nähe.

"Dana ist gestorben."

Ich erinnerte mich an den Namen. Alaya hatte mir gleich am ersten Tag, als sie in Phoenix angekommen war, aufgeregt von Dana erzählt, mit der sie sich blendend verstanden hatte.

Und dass sie gestorben war, war der nächste Schock.

"Es tut mir leid, Engel." Ich küsste sie auf die Stirn und Tränen flossen auf mein Shirt.

Sie war ihre Freundin gewesen und sie war auch dem Virus zum Opfer gefallen.

Es machte mir Angst, denn das bedeutete, dass auch Alaya nicht mehr lange Zeit haben würde.

"Sie haben mich gestern angerufen und gesagt, sie wäre einfach umgefallen. Sie hat es nicht mehr geschafft, Chris."

Ihr Körper bebte.

"Aber du wirst es schaffen, und dann werden wir uns an den Menschen rächen, die Dana und dir das angetan haben. Und ich verspreche dir, sie werden nicht davonkommen, bevor sie nicht genauso gelitten haben, wie du es gerade tust."

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