"Telling the Truth"

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Zwei Tage war es nun her.
Zwei Tage war Addison nun weg.
Seit dem vergangenen Tag war man sich nun ganz sicher, dass sie nicht freiwillig weg war.

Das Tuch, welches man in ihrer Handtasche gefunden hatte, war in Chloroform getränkt gewesen, wie auch der Polizist am Entführungstag schon wusste. Man hatte die Fingerabdrücke ihrer Mutter, die wohl versuchte sich zu wehren und die eines noch unbekannten Menschen gefunden, bei dem es sich wohl um den Täter handeln musste.

Diese Abdrücke waren aber in keiner Datenbank zu finden, jegliche Suche nach Addison war erfolglos, Hinweise führten ins Leere.

Alianore fing wieder an zu weinen, als ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen. Sie tat seit ihre Mutter weg war nichts anderes. Sie war noch nie ohne Addison gewesen, selbst wenn diese in einem anderen Staat eine OP durchführte, war sie immer telefonisch für sie erreichbar gewesen. Man hatte sie noch nicht gefunden. Man hatte ihren leblosen Körper noch nicht gefunden, noch niemand hatte sie irgendwo "entsorgen" wollen. Das war doch ein gutes Zeichen. Addison lebte... Oder etwa nicht?!

Mark war sofort vorübergehend eingezogen, um für Ally da zu sein und gegen alle seine Befürchtungen ließ sie seine Nähe zu, ließ sich von ihm trösten.
Er machte sich nicht nur Sorgen um seine Freundin, sondern auch um seine Tochter, welche seit sie von Addisons unfreiwilligem Verschwinden wusste, weder aß noch ihr Zimmer verließ, wenn sie nicht musste.
Seufzend klopfte er an ihrer Zimmertür.

"Geh.", meinte das Mädchen leise, er hörte, dass sie wieder weinte.
"Ally, du tust ihr keinen Gefallen damit, wenn du dich hängen lässt.", sagte Mark und kam mit diesen Worten in das Zimmer des Mädchens.
Das Unwissen, ob es Addison gut ging, wo sie war, die Vorstellungen, was ihr passieren könnte, machten auch Mark zu schaffen, er selbst könnte heulen. Er tat es nachts, um tagsüber für seine Tochter stark zu sein.
"Denk nach, denk nach Mädchen, was ist dir aufgefallen? War irgendetwas? Gibt es irgendjemanden, der ihr etwas tun wollte?!", fragte Mark aufgebracht und raufte sich dabei die Haare.

Ally wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, als er sich an ihr Bett setzte und sie mitleidig wie auch erwartungsvoll ansah.
"Wüsste ich etwas, hätte ich es verdammt nochmal gesagt. Ich weiß nichts.", meinte sie und hatte die Telefonanrufe verdrängt.
"Sie werden Addison finden, Ally, sie werden alles tun, um herauszufinden, wo sie ist, Kleine.", versuchte er sie zu ermutigen. Er hätte sie nicht unter Druck setzen dürfen.

Alianore hörte ihm nicht zu.
Siedendheiß fiel es ihr ein.
Er wusste nicht, was sie wusste.
Er hatte keine seltsamen Anrufe bekommen, keinen Brief, von dem er niemandem erzählen durfte.
Er wusste nicht, dass Addison schwanger war.
Alianore gab sich die Schuld.

Hätte sie erzählt, von den Anrufen, von dem Brief. Vielleicht hätte man etwas tun können. Die Polizei hätte den Täter schon geschnappt, bevor dieser ihre Mutter überwältigen konnte.

So kam es, dass Ally immer schweigsamer wurde und auch Mark nicht mehr wusste, wie er an sie herankommen sollte.
Sie wusste nicht, wie sie das, was sie wusste, erzählen sollte.
Mark würde ihr Vorwürfe machen, wenn sie es jetzt erst erzählen würde.
Die Anrufe hatten aufgehört, nachdem Addison verschwunden war und Ally ahnte, dass beides miteinander zusammen hing.

Am späten Abend des Tages kam Mark wieder ins Zimmer seiner Tochter, um sie zu fragen, ob sie Hunger hatte.
Das Mädchen las in einem Buch und legte es weg, als ihr Vater ins Zimmer trat, dabei fiel es hinunter.
Aus dem Buch rutschte der Brief, welchen Ally vor einigen Tagen bekommen hatte. Sie hatte die Meldung auf dem schnellsten Wege verschwinden lassen, irgendwohin, wo Addison niemals hinsehen würde.
Gerade als Ally gesehen hatte, dass der Brief nun lose auf dem Boden lag, bückte sich Mark, um es aufzuheben.

"Ich mache das schon selbst.", meinte sie, etwas nervös und bückte sich selbst, um das Buch aufzuheben.
Mark sah genau, dass sie Schmerzen hatte bei der Bewegung.
"Bleib liegen, Kind.", meinte er nur und ehe sie selbst nach dem Brief greifen konnte, hatte er ihn in der Hand.
Als sie dann noch nervös versuchte, ihm diesen aus der Hand zu ziehen, wurde er stutzig.
"Was ist los?", fragte er.
Alianore schüttelte den Kopf.
"Gib mir einfach den Brief.", meinte sie zittrig und hielt das Blatt fest.
Mark nahm ihn ihr aus der Hand und sie musste wehrlos ansehen, wie er den Zettel auseinander faltete und las. Immer wieder las Mark die Zeilen, die auf dem Papier geschrieben waren.
"Ally... Das ist ein Drohbrief.", erkannte er, ließ diesen sinken, um seine Tochter anzusehen.

Das Mädchen sah weg.
"Wann hast du den bekommen?", fragte ihr Vater ernst.
Sie wusste, sie konnte jetzt nicht mehr darum herum reden.
"Ein paar Tage bevor Mom entführt wurde. Ich habe auch seltsame Anrufe von einer unbekannten Nummer bekommen, mehrmals war niemand dran. Das letzte Mal sagte er etwas, aber die Stimme war verzerrt.", flüsterte das Mädchen, bemüht, nicht zu weinen.
Bei dem Gedanken an die Anrufe lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Dieser Anrufer musste ihre Mutter haben.

"Warum hast du nicht vorher etwas gesagt, Ally?", fragte Mark etwas geschockt.
"Ich hielt es anfangs für einen schlechten Scherz, irgendjemand, der mitbekommen hat, dass wir Geld haben und nun vielleicht etwas erpressen wollte.", sagte das Mädchen und zuckte mit den Schultern. Sie wollte es ihrer Mutter sagen, aber bevor sie das tun konnte war Addison weg.
"Spätestens als wir wussten, dass deine Mutter entführt wurde, hättest du es sagen müssen, Ally. Du hättest viel verhindern können, wir könnten dem Entführer einen Schritt näher kommen und herausfinden, was er mit ihr gemacht hat und wo sie ist. Ally. Alles, was du weißt, jeder Hinweis ist wichtig.", sagte er und setzte sich an ihr Bett.
Alianore sah ihn an, dann sah sie weg und spielte am Saum ihrer Bettdecke. Irgendwie beruhigte sie das etwas. Sie atmete durch und sah ihren Vater an.

"Die Anrufe haben angefangen, nachdem Mom diese Patientin und ihren Sohn verloren hatte. Ich habe mir echt nichts dabei gedacht, bis dieser Brief kam. Ich habe mich nicht getraut, es ihr zu sagen, sie hätte sich Sorgen gemacht. Am Tag, als sie verschwand, haben wir uns lauthals im Auto vor dem Krankenhaus auf dem Parkplatz gestritten, ich bin mir sicher, dass man das auch außerhalb des Wagens gehört hat.", sagte das Mädchen.
"Worüber habt ihr gestritten, Kind?", fragte Mark, der nun alarmiert war. Die Entführung hatte mit den Anrufen und dem Brief zu tun und Mark hatte die Befürchtung, dass auch der Tod der Patientin eine Rolle spielte. Sie mussten sofort herausfinden, wie der Witwer hieß.
"Sie meinte, ich wäre schweigsam geworden, ich warf ihr das Gleiche vor. Mom erzählte mir dann, was mit ihr los ist, woraufhin ich ihr wieder Vorwürfe gemacht hatte. Sie war enttäuscht und wollte dann mit dir deswegen reden... sie wollte dir etwas wichtiges sagen.", erklärte Alianore und klang dabei wahnsinnig verzweifelt.

Sie konnte nicht sagen, was Addison ihr erzählt hatte, Mark würde durchdrehen und sich noch mehr Sorgen machen. Er würde sich wahnsinnig über die Neuigkeit freuen und sich seine Zukunft ausmalen.

Es würde enden wie damals, als Alianore selbst unterwegs war.
"Ally, was hat deine Mutter dir erzählt? Es ist wichtig.", flehte Mark.
Das Mädchen seufzte. Sie konnte ihm nicht erzählen, was sie wusste.
Mark sah sie fragend an und ließ nicht locker.
"Alianore. Alles, wirklich alles könnte helfen, sie wieder zu finden.", sagte der Mann ein weiteres Mal.

Alianore seufzte und sah ihn fest an.
"Sie ist schwanger...." 

BelievingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt