"(Goodbye to my) Santa Monica Dream"

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Wieder konnte der Teenager nichts essen. Sie saß gegenüber ihres Großvaters in der Cafeteria des Krankenhauses an einem kleinen Tisch und sah auf ihr Essen. "Was ist, wenn sie nie wieder so wird wie sie war?", fragte sie, mehr sich selbst als ihren Großvater. Der Captain sah sie an. "Schatz, sie wird Zeit brauchen, keiner weiß, was sie erleben musste, aber ich bin mir sicher, dass sie versucht, bald wieder fest im Leben stehen zu können, sie ist eine Forbes-Montgomery, Ally. Wir geben nicht auf und wir zeigen schon gar keine Schwäche." Die Blonde nickte. "Kann ich wieder zu ihr?" Addison musste schon aufgewacht sein, sie waren lange weg gewesen. Dieser Mark, ihr Vater, hatte seine Zeit bei ihr gehabt, jetzt war sie dran. Woher nahm er sich überhaupt das Recht, sie zuerst zu sehen? Bei ihr zu bleiben, wenn sie nicht da war.

"Ally?", fragte Addison währenddessen. "Sie ist mit deinem Vater etwas essen und trinken.", sagte Mark. "Geht es ihr gut? Wer war bei ihr?", fragte Addison. "Ich war bei ihr Addie, die ganze Zeit und ja, es geht ihr gut, mach dir keine Sorgen.", meinte er und lächelte dabei möglichst authentisch. Addison merkte wohl, dass er nicht ganz die Wahrheit sagte, war jedoch zu geschafft, um weiter nachzuhaken. "Kommt sie her?" "Nachdem sie gegessen hat." Die Tatsache, dass ihr Vater, zu welchem sie nicht das beste Verhältnis hatte hier war, ließ sie momentan kalt.

Eine Stunde später war Addison wieder eingeschlafen, gerade, als der Captain zusammen mit seiner Enkelin den Raum betrat. "Mom!", flüsterte Ally und ging zum Bett, doch Mark hielt sie sanft am Arm. "Sie ist gerade wieder eingeschlafen, weck sie nicht, sie braucht die Ruhe, solange sie die noch hat.", meinte er und dachte dabei an die Befragungen, welche die Polizisten hier bald durchführen würden. Addison sollte solange ihren Frieden haben, bis sie wieder mit der Entführung konfrontiert werden musste. Irgendwann musste sie sich ihrem Entführer stellen, ihn identifizieren, dass wussten sie alle und sie alle hatten Angst vor den Emotionen und Reaktionen, die das in Addison auslösen würde. Sie würde Unterstützung brauchen und Mark war bereit, alles zu geben, um ihr zu zeigen, dass er nicht der Mann war, welcher es mit jeder Krankenschwester trieb und es mit keiner Frau ernst meinte.

"Sie war wach?!"

Allys forsche Frage riss ihn je aus seinen Gedanken. "Ja, gerade, als ihr gegangen seid ist sie aufgewacht.", meinte Mark und lächelte sie an. "Du hättest mich sofort holen müssen.", zischte Ally, leise, um ihre Mutter nicht zu wecken. "Das wäre zu viel gewesen, außerdem war es wichtig für dich, Kräfte zu sammeln, Kind.", raunte Mark. "Ich sage dir was. Du bist zu viel. Du nimmst es dir heraus, jahrelang nicht da zu sein, dich jahrelang nicht zu melden und dann bist du wie selbstverständlich der, welcher an ihrem Bett sitzt, wenn sie nach SOWAS wieder das Bewusstsein erlangt? Das ist das letzte, wirklich!", polterte das Mädchen nun ungehalten. "Alianore Grace Forbes- Montgomery, benimm dich!"; meldete sich nun der Großvater zu Wort. Sofort wurde das Mädchen etwas kleinlauter, hatte sie den Captain nur zu oft wütend erlebt. "Das ist nicht fair, wir haben alles allein gemacht, alles. Und jetzt kommt Mark Sloan und nimmt mir meine Mom weg...", sagte sie jetzt. "Niemand nimmt dir deine Mutter weg.", entgegnete Mark. "Geschwängert hast du sie auch noch!", schrie das Mädchen wieder aufgebracht. Mark antwortete im selben Tonfall, Ally schrie etwas darauf. Dass sie Addison weckten, merkten die beiden nicht.

Die Rothaarige schlug die Augen auf. Darin zu sehen war die reinste Panik. Panik, nun wieder gefoltert und wachgehalten zu werden. Starr sah sie zur Decke, um sich nur nicht bemerkbar zu machen, keiner der drei Streitenden bemerkte es auch jetzt.

"Du kommst einfach nach sechzehn Jahren wieder in ihr Leben und benimmst dich, als wärst du nie weg gewesen. Ich bin dir sehr dankbar, für die Vater-Nummer, wirklich, aber jetzt kannst du wieder verschwinden, wir brauchen dich nicht. Sie nicht und ich noch weniger.", blaffte das Mädchen. Ihr Großvater nahm sie am Arm und zischte ihr wütend zu, dass sie sich nicht so verhalten konnte, doch hatte sich das Mädchen gerade in Rage geredet und dachte gar nicht daran, aufzuhören.

"Alianore", versuchte Mark es erneut ruhig, doch wurde er von einem giftigen Blick des Mädchen unterbrochen. Ihm war es genug und so holte er zu einer genauso lauten Antwort aus.

"Hören Sie auf, hören Sie endlich auf. Ich bin fertig, sehen Sie nicht, dass Sie es geschafft haben?" Alle Augen richteten sich auf Addison. Alles war still, eine auf den Boden fallende Stecknadel wäre zu hören gewesen, so leise war es plötzlich in dem Raum.

Mark ging auf das Bett zu. "Addie, beruhige dich, es sind nur wir, dein Vater, deine Tochter und ich.", meinte er und wollte ihr beruhigend über den Arm streichen, welchen sie sofort wegzog. "Wann hört das auf? Es muss aufhören... Sofort aufhören, ich bin müde. Ich will nicht mehr. Machen Sie, dass es einfach zu Ende ist... Ich will nicht mehr... ich will das nicht mehr." Unkontrolliert schluchzte die Rothaarige und wiederholte den Satz immer wieder, fast drohte sie zu hyperventilieren. Sofort kam ein Arzt in den Raum.

"Raus, alle. Sie verlassen sofort den Raum. Wie kommen Sie auf die Idee, hier herumzubrüllen? Jeder konnte sie hören, gerade von Ihnen beiden, Dr. Sloan und Dr, Montgomery, hätte ich mehr Empathie und Vernunft erwartet. Raus hier!", schimpfte der Arzt leise, bevor er zu Addison trat und ihr ein Beruhigungsmittel verabreichte.

Der Captain schickte Mark und Ally nach Hause. Ohne ein Wort stieg das Mädchen aus dem Wagen ihres Vaters und drehte sich nicht nochmal um. Wütend auf ihn und auf sich selbst ging sie nach oben in ihr Zimmer.

Mark fuhr nach Hause, in seine Wohnung.

"Sloan?" Er sah auf und bemerkte, dass seine Nachbarin Callie vor der Tür stand und ihn musterte. "Ich sollte sie loslassen. Sie will mich nicht und ich will ihr ihre Mutter nicht nehmen.", meinte er matt und ließ sich an der Mauer neben seiner Wohnungstür auf den Boden herabsinken. Er merkte, wie geschafft er war, wie müde es ihn gemacht hatte. Das Bangen, das Warten, die Ungewissheit und die Pflege seiner Tochter, die ihn nicht in ihrem Leben haben wollte. "Du überlegst nicht ernsthaft aufzugeben, Sloan?", fragte Callie nun. Mark sah zu ihr auf, sie musterte ihn mit strengem Blick. "Es ist besser so, sie hat doch recht. Sechzehn Jahre haben sie es ohne mich geschafft, Addie war sechzehn Jahre auch ohne mich glücklich. Sie brauchen mich nicht.", weinte er nun. "Sloan, du gibst nicht auf, hörst du? Du gibst nicht auf!", meinte sie und fing an zu grinsen, als sie ihn am Arm packte und hochzog. "Niemand mag dich gleich auf den ersten Blick, Sloan, wirklich, ich kenne niemanden, doch wenn du einmal bewiesen hast, wer du sein kannst, wenn man dich in sein Herz gelassen hat, lässt man dich nicht mehr gehen. Das wissen deine Freunde, das weiß Addison und deiner Tochter musst du es zeigen. Mark, du kennst sie ein paar Wochen. Falsch, du weißt ein paar Wochen, dass es sie gibt. Beweg deinen Hintern! Aufgeben bist nicht du! Hol dir die Frau und das Kind."

Mark stand auf. "Danke Torres." Grinsend ging er in seine Wohnung. Er wusste nicht wieso, aber seine beste Freundin hatte immer die richtigen Worte parat, die ihn dazu brachten, nach vorn zu sehen.

Seine Tochter hingegen weinte immer noch. Es war so unfair. Sie hätten in Los Angeles bleiben sollen, in ihrem Haus in Santa Monica, wo es scheinbar keine Probleme gab, außer die in der Praxis aufkommenden, welche Addison aber nach Feierabend oft vergessen konnte. Sie waren Addison und Ally gewesen, das unverkennbare Mutter-Tochter-Gespann, welchem nichts und niemand etwas anhaben konnte. Warum musste es Seattle sein? Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als zurück zu ihrem Haus am Strand zu gelangen. In ihren Träumen, nachts, wenn sie schlief, war sie dort. Unbeschwert, mit ihrer Mom, ihrer besten Freundin und den Freunden, die ihre Mutter hatte. Sie hörte das Meer rauschen, die Möwen kreischen.

Doch, wenn sie aufwachte, wurde ihr bewusst, dass ihr Traum, bald nach Santa Monica zurückzugehen, nur ein Traum blieb. Ihre Mom liebte diesen Mann und so sehr sie sich gegen ihn wehren wollte, so sehr wusste sie, dass sie es nicht schaffen wollte, ihre Mom und den Mann, welchen sie scheinbar nie vergessen konnte, auseinanderzubringen. Sie musste sich von ihrem Traum verabschieden und nahm sich im gleichen Moment vor, zu versuchen, hier ein Leben zu beginnen.

BelievingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt