"Where did I go wrong"

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Erschrocken nahm das Mädchen die Kopfhörer ab, als Addison in ihr Zimmer stürmte.
"Mom? Kannst du nicht klopfen?", zischte sie.
Ohne darauf zu antworten, stellte sich die Mutter mit verschränkten Armen vor das Bett ihrer Tochter und sah sie streng an.
"Was?", fragte der Teenager.
"Es geht so nicht weiter Alianore.", sprach Addison und kam ein Stück näher ans Bett ihres Kindes.
"Geht es wieder um meinen Vater?", fragte das Mädchen und rollte genervt mit den Augen.
"Rede mit ihm, du kannst nicht über jemanden urteilen, den du nicht kennst, das habe ich dir nicht beigebracht und auch so bist du niemand, der jemand anderen einfach in eine Schublade steckt. Was ist los mit dir Ally?", fragte ihre Mutter wütend, aber doch mit besorgtem Unterton.
"Ich lag fünf Tage im Koma, habe fünf Tage meines Lebens verpasst, kann mich an den Tag davor nicht wirklich erinnern und du gabelst einfach einen Kerl auf, der sich auch noch "mein Vater" schimpft? Einen Mann, von dem du selbst seit ich lebe nichts mehr gehört hast und nun tust du so, als wäre es normal, wenn er den besorgten "Daddy" spielt und jeden Tag an meinem Bett steht!? Entschuldigung, dass ich mich gerade nicht normal benehme!", keifte das Mädchen, um sich dann erschöpft zurückzulehnen.
Ihre in Mitleidenschaft gezogene Lunge war dieser Anstrengung noch nicht gewachsen.

Addison wich zurück und seufzte. Alianore hatte im Grunde Recht.
"Alianore... Er ist dein Vater und er wollte dich vom ersten Tag an.," sagte Addison etwas ruhiger.

"Das ist mir völlig egal, ob er mich wollte oder nicht. Er ist zu spät und jetzt will ich das nicht mehr. Ich brauche ihn nicht, wir brauchen ihn nicht, Wir kamen gut ohne ihn zurecht.", argumentierte das Mädchen gegen die Aussage ihrer Mutter.
Addison nickte nur kurz.

"Trotzdem ist das keine Entschuldigung dafür sich jetzt ins Zimmer zu verkriechen und nicht mehr hinaus zukommen.", mahnte Addison.
"Lass mich doch. Ich bin komplett eingegipst, ich kann nicht mal allein auf die Toilette oder duschen... Ich möchte so nicht in die Öffentlichkeit.", schimpfte sie und war sogleich wütend auf sich selbst. Wie konnte sie nur so kopflos auf die Straße rennen?
"Du sollst nicht in die Öffentlichkeit. Du sollst dich in den Garten auf einen Liegestuhl legen, etwas Sonne tanken, lesen, dich nicht so gehen lassen und in dein Zimmer einsperren.", meinte die Mutter.
"Ich komme nach unten wenn es mir passt, ja? Im Moment muss ich zusehen, dass ich eine Liegeposition finde, in welcher nicht alles wehtut.", erklärte sie und Addison wusste genau, dass sie diesmal nicht wollte, dass ihr Mom sah, wie eingeschränkt und hilflos sie trotz aller ihrer Bemühungen und großer Genesungsfortschritte war.
"Zum Abendessen kommst du nach unten, wir essen Punkt sieben.", wies Addison an und als Ally etwas dagegen sprechen wollte, zog sie eine Augenbraue hoch und stemmte die Hände in die Hüften.
Widerrede war zwecklos. Das blonde Mädchen kannte ihr Mutter gut und gab sich nun geschlagen.

Entgegen der Erwartungen der Gynäkologin kam Alianore tatsächlich abends zum Essen nach unten in die Wohnküche. Sie sagte nichts, setzte sich nur schweigend und fing an zu essen.
Mark war, wie sie es geahnt hatte auch noch da.

"Wie geht es dir denn, Kind?", fragte der blonde Mann besorgt und musterte sie.
"Danke, würden Sie endlich verschwinden, wäre es noch besser.", sagte das Mädchen trocken.
Addison sah von ihrem Teller auf, Mark aß einfach weiter.
"Du bewegst dich auf ganz dünnem Eis. Ich hatte lange Verständnis dafür, aber langsam reicht es!", zischte die Mutter.
Alianore reagierte nicht, aß weiter und stand auf, als sie fertig war.
"Ich sollte zum Essen kommen, ich war da, darf ich jetzt gehen?", fragte sie. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Addison wusste nichts mehr zu sagen und nickte.
Ihre Tochter stellte sich stur und dagegen konnte sich nichts tun.

Zwei Tage später hatte sich die Sachlage nicht unbedingt gebessert. Alianore kam zwar zum Essen nach unten und war Mark gegenüber nicht mehr gehässig, aber das war es auch gewesen.
Sie redete nicht, ließ sich nicht helfen und wann immer Addison nach ihrem Befinden fragte, bekam sie keine vernünftige Antwort.

"Ich weiß nicht was ich noch machen soll, Mark. Was habe ich denn falsch gemacht, dass sie sich jetzt so benimmt?", fragte Addison eines Abends, als sie mit dem Vater ihrer Tochter bei einem Glas Wein auf dem Sofa saß.
"Gar nichts, Addie. Sie wird dich nicht ewig mit Missachtung strafen können.", bemerkte Mark und strich ihr über den Kopf, welchen sie an seine Schulter gelegt hatte.
"Ich will mein Kind zurück haben, meine Tochter, die sich mir in allen Situationen anvertraut. Mit welcher ich Lachen konnte, welche meine beste Freundin war.", jammerte die Rothaarige.
"Gib ihr ein bisschen Zeit, sie muss alles verarbeiten, ja, sie kam immer mit allem zu dir, aber das, Addie, das ist etwas anderes, etwas Neues und etwas vielleicht Traumatisches für sie. Sie muss lernen, damit umzugehen und eventuell ist das ja ihr Weg. Egal, was sie tun wird, es erfahren zu haben verändert ihr Leben von Grund auf.", versuchte Mark seine Freundin aufzubauen.
Addison setzte sich auf und sah den blonden Mann neben sich an.
"Ich werde wieder arbeiten gehen ab morgen.", beschloss die Frau plötzlich, "wenn sie mich hier nicht haben will, dann werde ich mich vormittags wenigstens nützlich machen.", meinte Addison.
Mark nickte.

Vielleicht war etwas Abstand keine schlechte Idee. Ihm war aufgefallen, dass das Mädchen ihre Schmerzen regelrecht zu verstecken versuchte, war Addison anwesend. Sie wollte ihrer Mutter nicht noch mehr Sorgen bereiten, als diese sich sowieso schon machte.

Am nächsten Morgen ging die Gynäkologin tatsächlich wieder zur Arbeit.
Während sie auf dem Weg zum OP-Plan durch die Gänge lief, erreichten sie einige Genesungswünsche von Schwestern und Ärzten an ihre Tochter.
Sie lächelte und versprach, diese weiterzugeben.

"Addison, schön, Sie wieder zu sehen, wir brauchen Sie, dringend.", meinte Richard Webber freudestrahlend, als er die Frau um die Ecke kommen sah.
Addison lächelte, sie hörte es gerne, wenn sie jemand brauchte und sie schätzte.
"Was haben Sie für mich, Richard?", fragte die Frau und blieb vor ihm stehen.
"Ally, sie macht Fortschritte?", fragte Richard, anstatt ihre Frage zu beantworten, verwundert darüber, dass Addison knapp eine Woche nachdem ihre Tochter das Krankenhaus verlassen hatte, wieder so arbeitsbereit war.
Die Rothaarige nickte zögerlich und sofort bildeten sich in ihren Augen Tränen.
Richard sah sie an und seufzte.
"Sie redet nicht mehr mit Dir?", fragte er einfühlsam und wechselte, wie er es auch damals nach dem Unfall getan hatte, zum persönlichen Du.

Addison schüttelte den Kopf.
"Ich kenne sie nicht. Sie geht mir aus dem Weg, seit wir zu Hause sind.", meinte die Frau.
Richard strich ihr über den Rücken.
"Es wird wieder gut werden, sie muss sich daran gewöhnen, jetzt zu wissen, wer ihr Vater ist und sie muss sich entscheiden, was sie tun möchte, es dauert. Du hast nichts falsch gemacht, Addison, sie braucht ihre Zeit, war es nicht immer so?", tröstete auch der Chefarzt und zog die Frau in eine freundschaftliche Umarmung.
Addison blinzelte eine Träne weg.
"Danke, dass Sie alle für uns da sind."
"Ich habe einen..."...


"Helfen Sie mir!"
Der Schrei nach Hilfe riss Addison und Richard aus ihrem Gespräch.
Ein Mann stand mit einer schwangeren Frau mitten im Gang.
Sie hielt eine Hand auf ihren Bauch, hielt sich mit der anderen an ihrem Mann fest, atmete angestrengt und schwitzte furchtbar.
Addison sah das Blut an ihren Beinen entlang laufen.
Sofort ergriff sie die Initiative, eilte auf die Frau zu und versuchte zu helfen.

Was geschehen sollte, konnte sie nicht ahnen...

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