"Addie...", erwiderte Mark noch einmal ungläubig. Er hätte nicht gedacht, sie überhaupt jemals wieder zu sehen, seit dem Tag, als sie ihm sagte, sein Kind nicht austragen zu wollen.
Wie sehr er es in diesem Moment versuchte, die Vergangenheit diese auch sein zu lassen, er konnte den Schmerz, die Traurigkeit, die Wut, welche er in diesem Moment empfand, nicht unterdrücken.
Es schien, als käme alles, was er verdrängt hatte, wieder hoch, wenn er sie jetzt, sechzehn Jahre später, ansah.
"Hallo Mark.", sagte Addison mit fester Stimme.
In Momenten wie diesen war sie froh, sich selbst und die Ausbrüche ihrer Gefühle im Griff zu haben.
"Was machst du hier?", fragte er sie, immer noch ungläubig.
"Arbeiten, Mark, und genau das solltest du auch tun?! Hast du keine Patienten? Keine Assistenzärzte, denen du was beibringen sollst?", gab sie ihm schnippisch zur Antwort.
"Du hast dich nicht verändert, Addie.", stellte er kopfschüttelnd fest.
"Wir sind Kollegen Sloan, klar? Nichts anderes und wir werden auch nichts anderes mehr sein.", gab sie ihm barsch zu verstehen.
Sie wusste nicht, warum sie so zu ihm war. Es tat ihr fast leid. Vielleicht, ging es darum, den Schmerz zu unterdrücken, das schlechte Gewissen, welches sie ihm gegenüber hatte.
Er war damals so euphorisch gewesen, hatte sich so gefreut. Dachte sie jetzt darüber nach, wusste sie, dass sie es hinbekommen hätten. Nicht nur er hatte damals keine Ahnung, wie man ein Kind großzieht, auch sie war ahnungslos. Sie hätten zusammen lernen können, möglicherweise wäre sie mit vielen Dingen nicht so überfordert gewesen.
Dachte sie jetzt über alles nach, wurde ihr bewusst, wie sehr ihrem Kind ein Vater gefehlt hatte.
Sie war hier, weil sie es wusste, weil es der einzige Weg war, die beiden miteinander bekannt zu machen, ohne, dass ihre Tochter abblockte.
Sie hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, ihren Vater nicht kennen lernen zu wollen. Einen Grund nannte sie nicht, jedoch vermutete Addison, dass sie Angst hatte, von ihm verletzt zu werden.
Vielleicht hatte sie selbst Angst, von ihm verletzt zu werden. Sie liebte ihn noch immer, doch das wollte sie sich nicht eingestehen.
Richard trat aus dem Büro, Mark ging, Addison unterschrieb ihren Vertrag und lernte ihr Team auf den Stationen kennen.
Zu Hause fand Addison ihre Tochter eingeschlafen auf dem großen, neuen Sofa, eingewickelt in einer dicken Decke vor, als sie spät abends zurück kam.
Sie legte leise ihre Sachen in der Garderobe ab und ging dann ins Wohnzimmer, wo sie sich dabei ertappte, ihr Kind beim Schlafen zu beobachten.
Sie war, keine Frage, von Kopf bis Fuß, innen wie außen, ihre Tochter.
Alianore war sehr groß, schlank, hatte ihr Gesicht, ihr Lächeln. Sie hatte ihr Temperament, ihre Art, mit Dingen umzugehen. Sie bewegte sich wie sie, artikulierte sich wie sie und legte ähnliche Verhaltensweisen an den Tag.
Doch es waren die Augen und die Haarfarbe.
Alianore war blond, genau wie er.
Ihre Augen, es waren seine.
Vorsichtig, um sie nur nicht zu wecken, strich sie ihr über die Wange.
"Du musst ihn kennenlernen, Kleines, ich habe ihn dir zu lange vorenthalten. Ich hoffe nur, ihr versteht euch.", flüsterte sie und sprach dabei mehr mit sich selbst.
"Ich hoffe er freut sich auch darüber, dich kennenzulernen..."
Flackernd öffneten sich die Augenlider des Mädchens, welches leicht lächelte, als es Addison sah.
"Da bist du ja", meinte sie müde.
"Geh ins Bett, Schatz, du hättest nicht auf mich warten müssen.", meinte Addison und strich ihr sanft übers Haar.
"Es ist unheimlich hier... allein. Diese Geräusche, alles ungewohnt.", erklärte Alianore, die wusste, dass sie ihre Sorgen an ihre Mutter herantragen konnte.
"Weißt du was? Schlaf bei mir, Schatz.", schlug Addison warmherzig lächelnd vor.
Sie hielt ihre Tochter in ihren Armen, bis sie eingeschlafen war. Alianore liebte die Nähe, welche sie zu ihrer Mutter hatte und Addison genoss es selbst sehr, ein so gutes, enges und ehrliches Verhältnis zu ihrem Kind zu haben.
Lange lag Addison selbst noch wach und lauschte den gleichmäßigen Atemzügen ihres Kindes.
Sie wusste, würde sie das Thema "Vater" lostreten, ihr ihren vorstellen, würde Alianore ebenfalls erfahren, dass Addison sie zunächst nicht haben wollte. Der Teenie würde ihr Vorwürfe machen, sie würde das "Warum" ergründen wollen.
Sie ahnte, dass das der letzte Moment war, für eine lange Zeit, in welchem Ally ihr so nah sein würde und sie konnte es ihr beim besten Willen nicht verübeln.
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Believing
FanfictionWas wäre, wenn Mark nie gestorben wäre? Was wäre, wenn Addison das Baby nie abgetrieben und ein gesundes Mädchen von Mark auf die Welt gebracht hätte? Und was wäre, wenn die beiden sich nach Jahren wieder treffen würden und Addison ihm die Wahrheit...