"Ally!"
Sofort stand Addison auf und ging an das Bett ihrer Tochter, nahm ihre Hand und strich ihr mit der anderen sanft über die Wange. "Mommy...", wisperte die Angesprochene heiser. Mark war auch aufgestanden und musterte Alianore lächelnd vom Bettende aus.
"Ja, ich bin hier. Ich bin bei dir, du musst keine Angst haben, ich bin da", versicherte Addison dem Mädchen freudig lächelnd. Alianore sah zu Mark. "Wie geht es dir Alianore?", fragte dieser besorgt. Seine Tochter wich seinem Blick aus, schaute stattdessen zu ihrer Mutter. Wie konnte er sie einfach ansprechen?!
"Was ist passiert?", fragte das Mädchen leise.
"Du hattest einen Unfall und... du lagst fünf Tage im künstlichen Koma.", beantwortete Addison die Frage ihrer Tochter ehrlich.
Alianore nickte langsam.
"Ich bin müde...", flüsterte das Mädchen und schloss kurz die Augen. "Ist in Ordnung, schlafe ruhig wieder.", antwortete Addison ihr. Sie blieb an ihrer Seite. Kurz darauf schlief der Teenager auch wieder ein, in Sicherheit, ruhig, weil sie wusste, dass ihre Mutter da war.
Während Addison bei ihr blieb, ging Mark los um Richard zu informieren. Wenige Stunden später wurde Alianore von Derek neurologisch untersucht. Die anderen Kontrollen wurden für den nächsten Tag angesetzt.
Am nächsten Morgen gingen Addison und Mark auch direkt wieder zu der Sechzehnjährigen, welche schon wach in ihrem Bett lag. Die Visite würde gleich beginnen und dann würde Alianore erfahren, was alles mit ihr passiert war. An den Unfall selbst konnte sie sich bisher nicht erinnern. Aber sie wusste noch, was davor passiert war. Wie sie geflüchtet war, weil ihr alles zu viel wurde. Wie sie panisch das Krankenhaus verließ und einfach rannte. Und dann wurde alles schwarz.
Als ihre Mutter mit Mark das Zimmer betrat, sah sie erst lächelnd die Rothaarige an, ehe sie Mark hinter ihr erblickte und ihr Lächeln erstarb.
"Mom, was macht der hier?!", fragte sie leise. Wütend funkelte sie Mark an. Dieser sah betreten zu Boden. Irritiert sah Addison ihre Tochter mit hochgezogener Augenbraue an. Solch ein Verhalten kannte sie nicht von ihr. "Schatz er ist dein Vater... deshalb ist er hier. Er möchte auch wissen, wie es dir geht...", erklärte sie sanft. Langsam ging sie an das Bett von Alianore heran. Mark folgte ihr zögernd.
"Ich will ihn nicht sehen! Ich will ihn nicht hier haben!", Tränen sammelten sich in ihren Augen, als sie Mark wieder ansah. "Verschwinde! Sofort!", herrschte sie ihn an. Addison sah hilflos zwischen dem Mann, den sie liebte und ihrer Tochter hin und her. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, immerhin war es Ally's gutes Recht, ihn nicht sehen zu wollen. Aber ihn so anzuschreien, das war nicht fair. "Alianore! Jetzt benimm dich!", zischte sie also. "Nein Mom! Er soll gehen!", meinte sie aufgebracht und fing an zu weinen. "Bitte...", flehte sie. Traurig blickte Addison Mark an. Dieser verstand und verließ mit gesenktem Blick den Raum.
"War das wirklich nötig, Alianore?!", böse sah sie ihre sechzehnjährige Tochter an, die Hände in die Hüften gestemmt. Diese wagte es nicht, ihre Mutter anzusehen, sondern starrte reumütig auf die Bettdecke. "Eigentlich nicht aber... ich möchte ihn wirklich nicht hier haben...", murmelte sie dann. Addison schüttelte nur den Kopf und sagte erstmal nichts weiter dazu, weil ihre Kollegen in diesem Moment das Zimmer betraten, um die Visite fortzusetzen. Richard war auch mit dabei. „Guten Morgen Addison, Alianore", begrüßte er die Beiden und nickte ihnen zu. „Wie fühlst du dich, Kleine?", fragte er dann an das Mädchen gewandt. „Als hätte mich ein Lastwagen überrollt.", antwortete diese leicht schmunzelnd, doch sah man ihr an, wie sehr sie unter den Schmerzen litt. „Das ist auch verständlich. Du hast dir auch einige Verletzungen zugezogen. Einige deiner Rippen waren gebrochen, zudem noch dein Becken und deine Milz hatte einen Riss. Hinzu kommt noch eine schwere Gehirnerschütterung und eine Femurfraktur. Also solltest du dich die nächsten Tage erstmal weitestgehend schonen. Du wirst noch nicht richtig laufen können, die Fraktur im Becken und Oberschenkel mussten wir ebenfalls wie die Rippen, die Milz und deinen linken Lungenflügel operativ versorgen, aber in ein paar Tagen wird dann deine Physiotherapie starten. Es wird ein langer Weg, aber wir sind froh, dass du alles ohne Folgeschäden überstanden hast. Außerdem bist du ja in guten Händen.", beendete er seinen Vortrag und nickte Addison lächelnd zu. Alianore hatte ihm schweigend zugehört. Sie dachte kurz nach und konnte mit seinem Vortrag etwas anfangen. „Das heißt, wenn ich mal aus meinem Zimmer hier raus will, muss ich in einen Rollstuhl?"
Entsetzt sah das Mädchen ihre Mutter an. Addison nickte: „Ja, das wirst du müssen aber wenn die Physiotherapie angefangen hat, wirst du bald lernen, an Unterarmgehstützen zu laufen. Ich weiß, das klingt jetzt auch nicht sonderlich berauschend aber da musst du jetzt durch.", antwortete sie ihr und drückte leicht ihre Hand.
Nachdem die Ärzte das Zimmer verlassen hatten, unterhielten sich Mutter und Tochter noch eine ganze Zeit lang, jedoch sprachen sie nicht über Mark. Addison wollte das Thema nicht direkt wieder anschneiden und nahm sich vor, am nächsten Tag erneut mit ihr darüber zu reden. Die Mutter ging, als ihre Tochter erschöpft einschlief.
Spät am Abend kam Addison dann zuhause an und ließ sich müde auf das Sofa im Wohnzimmer nieder. Mehrmals hatte sie bereits versucht, Mark zu erreichen, aber er ging nicht an sein Telefon. Im Krankenhaus war er nicht mehr gewesen, auch Derek wusste nicht, wo sich sein bester Freund befand. Langsam machte sie sich große Sorgen um ihn, als es plötzlich an der Tür klingelte. Verwundert ging die Gynäkologin auf diese zu und öffnete sie. Vor ihr stand Mark, sichtlich bemüht, sich auf den Beinen zu halten.
"Du bist betrunken.", stellte Addison trocken fest. Mark sah auf und stolperte in's Haus, als sie ihm den Weg frei machte. Taumelnd ging er ins Wohnzimmer, Addison folgte ihm. "Mark was soll das?", fragte sie ihn. Dieser drehte sich nun zu ihr um und funkelte sie wütend an. "Ich habe viel nachgedacht, die letzten Stunden.", erwiderte er, bemüht, die richtigen Worte zu finden. Für seinen Alkoholpegel klang seine Stimme außergewöhnlich deutlich. "Was ist denn los, dass du mich so ansiehst?" Schwankend ging dieser nun ein paar Schritte auf sie zu. Addison musterte ihn, wusste nicht, was sie von dieser Situation halten sollte.
"Was los ist?! Meine Tochter hasst mich, deinetwegen! Du hast sie mir vorenthalten, all die Jahre. Hast mich denken lassen, ich wäre ein schlechter Vater gewesen und unfähig, eine Beziehung mit dir zu führen! Hätte sie mich von Anfang an kennengelernt, würde sie mich nicht so wütend ansehen! Dann würde sie wissen, dass ich sie liebe und mich nicht wegschicken! Was hast du dir dabei gedacht, Addison?! Mir sagen, du willst kein Kind mit mir, es dann zu behalten und nach sechzehn Jahren auf die verdammte Idee zu kommen, dass sie mich dann vielleicht ja doch mal kennenlernen könnte?!", schrie er ihr entgegen.
Entsetzt über seinen Ausbruch ging Addison einige Schritte zurück. Noch nie hatte sie ihn so erlebt. Aber er hatte Recht. Und das wusste sie. Sie versuchte, die Tränen herunterzuschlucken und den Kloß, der sich in ihrem Hals gebildet hatte, zu ignorieren. Sie wollte ihm ja antworten. Doch ihr fehlten die Worte. Addison Montgomery fehlten tatsächlich die Worte.
"Mark, ich... ", stammelte sie. "Was, du?! Jetzt bin ich aber auf deine Erklärung gespannt!", unterbrach er sie aufgebracht und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
"Ich weiß doch auch nicht, was damals mit mir los war... Ich... war so durcheinander und wollte eigentlich meine Ehe retten. Ich hatte das Gefühl, dass ich für dich nicht die Einzige gewesen wäre. Ich ging davon aus, dass ein Mark Sloan nicht für eine Familie gedacht ist. Und ich habe mich geirrt. Was meinst du, wie oft ich mir bereits Vorwürfe gemacht habe? Ich habe Alianore oft auf ihren Vater angesprochen, mir ihr geredet. Aber sie wollte nichts davon hören... Es tut mir leid...", sagte sie und sah ihm verzweifelt in die Augen.
"Wenn ich könnte, hätte ich anders gehandelt. Alianore braucht jetzt nur Zeit. Ich kann dich verstehen, wirklich...", langsam ging Addison wieder ein paar Schritte auf ihn zu, "...aber leider kann ich mein Handeln von damals nicht rückgängig machen. Ich kann dir nur sagen, wie leid es mir tut. Und das ich alles dafür tun werde, dass sie dich akzeptiert. Weil ich möchte, dass ihr euch versteht. Dass wir eine Familie werden. Mark, ich liebe euch... Und ich möchte den Gedanken nicht aufgeben, mit euch irgendwann zusammen hier zu leben." Mark wich ihrem Blick nun aus. "Ich werde etwas Zeit brauchen, um dir das zu verzeihen. Und ich werde ebenfalls darum kämpfen, dass sie mich akzeptiert...", sagte er leise und sah ihr nun doch wieder in die Augen.
"Es tut mir leid, dass ich gerade so aufgebracht war... Ich wollte dich nicht anschreien... Aber als Alianore mich heute aus dem Zimmer geschmissen hat, hat mich das sehr verletzt..." Die Rothaarige ging die letzten Zentimeter auf ihn zu, die sie noch voneinander trennten und legte dann ihre Arme um ihn. Sanft drückte sie ihn an sich und strich ihm kurz über den Rücken.
"Ich weiß, Mark... Ich hab's in deinen Augen gesehen. Alianore ist noch ziemlich durcheinander. Ich bin mir sicher, dass sie es nicht so böse gemeint hat. Sie weiß selbst noch nicht, mit der ganzen Situation umzugehen.", versuchte sie ihn etwas zu beruhigen. Mark legte seine Hand auf ihren Kopf und strich ihr über die rote Haare. "Lass uns schlafen gehen und morgen sehen wir weiter, okay?", schlug sie schließlich vor. Mark nickte nur, wandte sich aus der Umarmung und Hand in Hand gingen sie hoch in Addison's Schlafzimmer.
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Believing
FanfictionWas wäre, wenn Mark nie gestorben wäre? Was wäre, wenn Addison das Baby nie abgetrieben und ein gesundes Mädchen von Mark auf die Welt gebracht hätte? Und was wäre, wenn die beiden sich nach Jahren wieder treffen würden und Addison ihm die Wahrheit...