Still saß ich am Rand der Klippen und ließ meine Beine über den tötlichen Abgrund baumeln. Meine Flügel schmiegten sich sanft um meinen Körper und wärmten mich wie eine liebevolle Umarmung.
Und trotzdem konnten sie es nicht vermeiden, dass eine eisige Gänsehaut meinen gesamten Körper überzog.
Meine Tränen waren aufgebraucht. Stumm beobachtete ich die Sonne, wie sie sich durch die dichte Wolkenbank Richtung Ozean kämpfe.
Nur noch meine rötlichen Augen und die salzigen Spuren auf meinen Wangen erinnerten an die Tränen, die vor wenigen Minuten noch geflossen waren.
Mein Blick huschte auf die Armbanduhr.
20:00h.
Noch vier Stunden.
Wie von Magie gelenkt, wurde mein Blick plötzlich nach oben gezogen und ich blickte in die strahlende Sonne, die sich gerade ihren Weg durch die Wolken gebahnt hatte und ihre Umgebung in einem goldenen Licht tauchte.
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schloss ich meine Augen und genoss die sanfte Wärme auf meiner Haut.
Ich spürte, wie das Licht immer schwächer wurde und öffnete meine Augen, um zu sehen, wie die Sonne mehr und mehr von dem endlosen Ozean verschlungen wurde und letztendlich zusammen mit ihrem Strahlen vollkommen in ihm verschwand.
Und obwohl dieser kleine Augenblick vielleicht nur wenige Sekunden gedauert hatte, hatte er mir etwas gegeben, was ich genau jetzt gebraucht hatte.
Hoffnung.
-- --
Mittlerweile war es stockfinster.
Erschöpft lauschte ich dem leisen Ticken meiner Armbanduhr, dessen Zeiger sich weiter und weiter nach rechts bewegte.Lange konnte es nicht mehr dauern.
Vielleicht noch halbe Stunde? Zwanzig oder zehn Minuten? Ich wusste es nicht. Und wenn ich ehrlich war, wollte ich es auch gar nicht wissen.Hinter mir konnte man noch einen schwachen Schein des Lichtes aus dem Inneren des Internats erkennen, während vor mir der endlose, schwarze Ozean lag.
The black Sea.
So wie alles angefangen hatte. Lächelnd errinnerte ich mich an die aufregenden Momente zurück, die ich hier erleben durfte.
Als Jasmin und ich das Buch gefunden haben, an meine Verwandlung, an meinen und Aiden's ersten Kuss und noch so viel mehr Dinge.
Seufzend bemerkte ich, wie das Licht immer schwächer und die Dunkelheit dominanter wurde und alles in ihrer Umgebung in sich verschlang.
Und obwohl mir die Dunkelheit immer unangenehm war und mir Angst eingejagt hatte, fühlte sie sich jetzt mehr wie eine wohlige Umarmung an, in dessen Schutz ich am liebsten abhauen und vor meinem Schicksal davon laufen würde.
Aber vor meinem Schicksal konnte ich nicht davon laufen. Mir blieben nur zwei Möglichkeiten.
Entweder ich versteckte mich hier und würde wie ein letztes Häufchen Elend gefunden werden oder ich sammelte meinen letzten Stolz zusammen und kämpfte, anstatt wegzulaufen.
Im Hintergrund nahm ich wahr, wie die Turmglocken leuteten. Mitternacht. Es war soweit.
Ein letztes Mal atmete ich tief durch und zog die frische Nachtluft ein, bevor ich mich aufrappelte und mich so gut es ging durch den schmalen Pfad in Richtung des Internats durchtastete.
Wie von selbst öffnete meine Hand die schwere Außentür und meine Beine bewegten sich durch die menschenleeren Flure. Es schien so, als würde mein Körper mir nicht mehr gehorchen und nur noch Befehlen nachgehen, die ich nicht beeinflussen konnte.
DU LIEST GERADE
The angel's feather
Fantasy»Und das Einzige, das du tun musst, ist deine Augen zu schließen und an die eine Sache zu denken, die dein Herz schneller schlagen lässt.« Skyla Rose. Ein hübsches, junges Mädchen, welches ein völlig normales, durchschnittliches Leben führt. Sie hat...