•Chapter 13•

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"Mach es einfach so, wie wir es geübt haben."
Die erste Klausur dieses Semesters stand an und ich war zugegebener Maßen ein wenig nervös.
Nicht, weil ich angst hatte die Klausur zu verhauen.
Es war der entscheidende Moment, ob  Lovis sich verbessert hatte, oder nicht.
Und eigentlich ging es auch darum, ob Mr. Raynold uns ordentlich die Hölle heiß machen würde, oder wir verschont blieben.
"Hast du nocheinmal alles wiederholt?"
Fragte ich Lovis, als wir vor dem Chemieraum standen.
"Ja."
"Und vergiss nicht, dass du-"
"Kannst du mal deine verdammte Klappe halten? Ich brauche keine Tips von dir. Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß!"
Da war es wieder.
Diese Seite von ihm, die mich komplett von ihm abzustoßen schien.
Geschockt starrte ich ihn einige Sekunden an, bis Mr. Raynold endlich kam und den Raum aufschloss.
Ich kassierte noch einen bösen Blick von Lovis, bevor wir uns setzten und die Klausur schrieben.
Noch nach der Klausur grübelte ich darüber nach, warum Lovis im einen Moment ganz normal zu mir war und im nächsten so tat, als würde er mich hassen.
Ich konnte darauß einfach nicht schlau werden, ich wusste nur, dass es immer wieder ein Schlag in meine Magengrube war.
Wir sprachen den ganzen Tag nicht miteinander, erst als wir uns zur Nachhilfe trafen.
Jedoch war er dort besonders kalt zu mir.
Wenn er es so wollte, dann bitteschön. Ich hatte keine Lust, jedesmal den Streitschlichter zu spielen und dabei noch mehr von ihm runter gemacht zu werden.
Warum sollte ich übwrhaupt den Streitschlichter spielen?
Warum juckte es mich überhauot so sehr?
Wenn es nach ihm ging, waren wir wahrscheinlich nichteinmal Freunde.
Ich war und blieb die Nachhilfelehrerin.
Ich half ihm auch in anderen Fächern, in denen wir jetzt die nächsten Wochen Klausuren schreiben würden.
Ohne sich wirklich zu verabschieden ging er und es machte mich noch wütender.
Wie konnte man so ein Arsch sein?
Nach der Arbeit kam ich erschöpft Zuhause an.
Ich wollte einfach nur ins Bett.
"Hey. Alles okay?"
David schaute vom Sofa herüber zu mir.
"Jaja... ich bin nur fertig."
Ich holte mir etwas zu Trinken aus dem Kühlschrank und setzte mich zu meinem Bruder.
Eine Weile lang schauten wir einfach nur Fernsehen, als David plötzlich die Fernbedienung nahm und leise schaltete.
"Hey! Ich will das hören-"
"Psst. Hast du das gehört?"
Ich lauschte und tatsächlich hörte ich etwas. Der laute Motor eines Autos, das auf unsere Einfahrt fuhr.
"Ist das Dad?"
Fragte ich verängstigt.
Ich mochte es nicht, wenn er vorbei kam.
"Ich weiß nicht..."
Wir lauschten weiter und hörten, wie sich Schlüssel im Schloss unserer Haustür drehten.
"Ja, er ist es."
Bestätigte David jetzt.
Wir sprangen vom Sofa auf und liefen in den Flur.
"David?"
"Hey Dad."
Dort stand er, der Mann der sich unser Vater nannte, eine Flasche in der Hand - höhstwahrscheinlich Alkohol - und total von der Rolle.
"Was machst du hier?"
Fragte David vorsichtig, während er sich an uns vorbei in die Küche schob.
"Was stellst du für dumme Fragen. Das ist meine Wohnung!"
Und er war aufjedenfall Betrunken.
Ich hielt mich etwas hinter David verdeckt.
"Ihr seid schon ein paar dumme Gören." Dad lachte bitter.
"Guckt euch doch an. Jade, wie unhöflich dich hinter deinem Bruder zu verstecken."
"Du solltest besser gehen, Dad."
Kam es ruhig aus meinem Mund.
Plötzlich änderte sich seine Miene und er war aufeinmal sehr angespannt.
"Halt deinen Mund! Wie kannst du es wagen deine eigenen Vater rauszuschmeißen!"
Mit geballten Fäusten kam er auf uns zu, doch David streckte seine Hand aus und hielt ihn auf abstand, indem er gegen seine Brust drückte. Doch das hielt ihn nicht vom Reden ab.
"Du bist ein armseliges Miststück."
Ich spürte wie die Wut in mir, die sich immer aufstaute, die Kontrolle über meine Vernunft gewann.
"Und du bist ein verdammtes Schwein! Du lässt deine Kinder im Stich und schmeißt dein Leben weg, als wären wir nichts wert! Ich hasse dich!"
Kaum hatte ich den Satz beendet, spürte ich einen höllischen Schmerz auf meinem Wangenknochen.
Ich relasierte erst ein paar Sekunden später, dass unser Vater Davids Arm bei seite geschubst und mir mit voller Kraft eine verpasst hatte. Undzwar so doll, dass ich nach hinten geschwankt und auf den Boden gefallen war.
Unter Schock hielt ich mir die pochende Wange und starrte zitternd zu dem Mann nach oben, der mich soeben geschlagen hatte.
"Pass auf was du sagst!" Ermante er mich mit erhobener Stimme und kam erneut auf mich zu.
Voller Angst rutschte ich von ihm weg und konnte spüren, wie seine Hand meine Kopf streifte.
David hatte blitzschnell reagiert und schubste den Mann jetzt weg.
"Bist du noch ganz bei trost?"
Brüllte er ihn an.
"Hau endlich ab, du hast hier nichts mehr verloren."
Als ich David so sah, wusste ich, dass er bereit war, alles zu tun um ihn aus dem Haus zu bekommen.
Er war sauer.
Aber so richtig.
"Das wird noch ein Nachspiel haben."
Der Mann nahm seine Flasche und schwankte Richtung Ausgang.
"Ihr Scheißkinder!"
Brüllte er, bevor er die Tür zu knallte.
"Jade!"
Mein Bruder hockte sich vor mich, seine Augen voller Sorge und erst jetzt bemerkte ich, dass mir Tränen die Wange hinunter liefen.
"Es tut mir so Leid. Ich hätte besser aufpassen müssen."
Ein Schluchzen entfloh meinem Mund.
"Komm her."
David nahm mich hoch und setzte mich aufs Sofa. Ich klammerte mich fest an ihn, während ich in sein Shirt weinte.
Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, hob David mein Kinn.
"Fuck."
Meine Wange tat immernoch höllisch weh.
"Ich hol dir ein Kühlpack."
Dan schaute hinter der Wohnzimmertür hervor, an sein Bein geklammert stand Josie.
"Dan, bringst du bitte Josie wieder ins Bett?" David blieb stehen und musterte die beiden ernst.
"War Papa da?"
Fragte er mit ängstlichem Gesichtsausdruck.
"Ja, aber er ist wieder weg. Jetzt geht in eure Zimmer. Es ist alles okay."
Dan tat was sein Bruder ihm sagte und nahm Josie auf den Arm, um mit ihr zurück zu gehen.
Den Rest der Nacht schlief ich nicht wirklich viel.

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