•Chapter 6•

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"Danny du kommst zu spät!"
Rief ich am Morgen durch die Wohnung, während ich Rosie auf den Arm nahm.
Desinteressiert kam mein kleiner Bruder in die Küche gelaufen, die Schultasche lässig über eine Schulter geworfen.
"Hier sind deine Brote."
Ich stellte ihm seine Tüte hin, nahm Josies Rucksack und suchte verzweifelt nach meiner eigenen Tasche.
"Ich geh nach der Schule zu Marvin."
Hörte ich Dan murmeln.
"Zu Marvin? Hast du David bescheid gesagt?"
"Ja hab ich."
Endlich hatte ich meine Tasche gefunden und warf sie mir ebenfalls über.
"Du bist aber zum Abendbrot wieder zurück!"
"Jaaa... tschau!"
Mit einem dumpfen Geräusch der Tür war er aus dem Haus.
"Ich will jetzt spielen!"
Josie klatschte begeistert in die Hände.
"Ja du spielst gleich im Kindetgarten."
Sichtlich gestresst, da ich mal wieder spät dran war, schlüpfte ich in meine Schuhe, zog Josie ihre Jacke an und sprintete aus der Tür.

Nachdem ich die Kleine in den Kindergarten gebracht hatte, hezte ich in die Schule. Der Tag verging so wie jeder andere auch.
In der Pause ging ich zum Getränkeautomaten und holte mir, wie fast jeden Schultag, eine Schokomilch.
Sobald ich das Getränk an mich genommen hatte, tauchte plötzlich eine bekannte Gestalt vor mir auf.
"Können wir reden?"
Lovis Blackwell schaute auf mich herunter und ich konnte nicht fassen was ich da gerade gehört hatte.
War er endlich vernünftig geworden?
Verarsch dich nicht selbst.
Ich folgte ihm in einen leeren Gang.
"Also, was sollte das gestern?"
Fing er an.
"Ich dachte, wir hatten eine Abmachung."
Und siehe da, Arschloch blieb Arschloch.
"Ist das gerade dein Ernst?"
Ich hatte die Hände vor der Brust verschränkt.
"Hör zu, ich weiß nicht was du noch willst. Ich kauf dir sogar Erdbeershakes und das ist deine Dankbarkeit?"
Ich lachte lautlos auf und schüttelte meinen Kopf.
"Okay, jetzt hörst du mir mal zu. Ich versuche dir zu helfen, okay? Ich reiß mir den Arsch auf, damit wir beide keinen Ärger bekommen und du behandelst mich wie dein persönlicher Sklave. Ich wollte dir einfach nur helfen, Blackwell und du nimmst das nichteinmal ernst, du nimmst mich nichtmal ernst. Und dann hast du auch noch die Dreistigkeit zu fragen was mein Verhalten soll?"
Die ganze Zeit über hatte ich ihn finster in die Augen gestarrt, bei ihm hatte nicht ein Muskel bewegt.
"Du bist das letzte."
Damit ging ich an ihm vorbei.
"Und ich mag erdbeere nichtmal!"
Sagte ich noch hinterher, bevor ich endgültig davon lief.
Schonwieder hatte er nichts gesagt, er stand einfach nur da und ließ es über sich ergehen.
Typisch, große Klappe, abed nichts dahinter!

Nach der Schule holte ich Josie vom Kindergarten ab und fuhr mit ihr Nachhause.
Dort bereitete ich das Mittagessen vor.
Ich hörte die Haustür während ich kochte und wusste, dass es Dan war.
"Hey, wie war die Schule?"
Er setzte sich mit einem genervtem Gesichtsausdruck an den Tisch.
"Wie immer."
Dann holte er sein Handy raus und tippte darauf herum.
Sobald ich fertig war, stellte ich die Teller auf den Tisch und zeitgleich wurde die Haustür erneut geöffnet.
Es war David, der sich mit uns an den Tisch setzte.
Dann aßen wir alle zusammen.
Ich liebte diese Momente in denen wir alle beisammen saßen.
Denn dann war es so, als wären wir eine richtige Familie. Naja fast.
Eine richtige Familie hätte die Eltern gehabt, die noch mit dabei sitzen.
Als wir fertig waren half mir David mit dem Geschirr in der Küche, während Josie und Dan in ihren Zimmern verschwunden waren.
"Und benimmt sich Blackwell, oder muss ich ihm ein paar Manieren beibringen?"
David schielte von der Seite zu mir herüber.
"Er ist so wie alle anderen. Ein Arschloch eben."
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich hab nur keine Lust das ganze weitere Schuljahr damit zu verbringen."
"Kann ich verstehen." Sagte mein Bruder spöttisch.
Dann blieb es für einen Moment ruhig, bevor ich mich zu ihm drehte.
"Kennst du ihn gut?"
Fragte ich nebenbei.
"Gut genug um zu wissen, dass du dich von ihm fern halten solltest."
Ich legte meine Stirn in falten.
"Wieso?"
David seufzte leise.
"Ich bin seit beginn der Highschool mit ihm in einem Jahrgang und seit dem macht er nix als Ärger. Er hat mit Drogen zu tun und macht regelmäßig bei Streetfights mit. Außerdem ist er der größte Player, den ich je gesehen habe."
Endlich drehte sich der rothaarige Junge auch zu mir.
"Genau deswegen will ich eigentlich nicht, dass du mit ihm zu tun hast."
Seine blauen Augen huschten besorgt über mein Geischt.
"Ich hab keine Ahnung wozu dieser Typ alles fähig ist, Jade. Und ich will es auch nicht durch dich herausfinden. "
Langsam nickte ich betrübt.
Irgendwie hatte ich gehofft, dass alles was mir David erzählte, mich noch mehr von Lovis abschreckte.
Aber stattdessen fing mein Gehirn an zu brodeln.
Ich fragte mich, wie ein Mensch so werden konnte.
Gab es einen Grund?
Oder war es vielleicht doch einfach die Persöhnlichkeit?
Es machte mich fast schon... neugierig.
Was denkst du da? Hast du noch nicht genug von sowas?
Ich schüttelte mich innerlich. Denn es war bizarr - ich wurde praktisch mein lebenlang von meinem Vater verachtet und geschlagen. Bei meinem Exfreund war es nicht anders, denn er hat mich wie das letzte Stück dreck behandelt und ist sogar einige male gewalttätig geworden.
Das prägt einen, mehr als es einem bewusst ist.
Und obwohl ich diese natürliche Abneigung habe, spürte ich in Lovis Nähe - neben der ganzen Wut - auch pures Interesse. Bekloppt, ich weiß. Aber es war wie ein undefinierbares Gefühl, welches mir sagte, hinter seine Kulissen schauen zu wollen.
Ein lautes Poltern brachte mich in die Realität zurück und gleich darauf hörte man Josies Geschrei.
"Ich geh schon."
Sagte David seufzend und eilte zu unserer kleinen Schwester ins Zimmer.

Zwei Stunden später machte ich mich auf den Weg zur Arbeit. Ich musste unbedingt Dampf ablassen - neben der Arbeit - und Louisa war die beste, wenn es darum ging, sich bei jemandem auszuheulen.
"Kannst du das glauben?"
Ich hatte ihr von Lovis Verhalte  zwischen unseren Bestellungen erzählt.
"Klingt für mich sehr nach Blackwell."
Sagte sie nur und zuckte die Schultern.
Plötzlich fixierten ihre Augen etwas hinter mir.
"Apropo Blackwell..."
Ich zog die Augenbrauen verwundert zusammen und drehte mich um.
Schlechte Idee.

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