•Chapter 16•

220 17 0
                                    

Nachdem wir eine ganze weile trainiert hatten, machten wir eine Pause.
Ich trank gierig aus meiner Wasserflasche, es war heute sehr heiß und da wir den Raum direkt unter dem Dach hatten, hatte der sich ziemlich erhitzt.
"Also Feuerlöckchen, verräts du mir jetzt, in welche Prügelei du geraten bist?"
Lovis saß neben mir und zeigte auf meine Wange.
Die Verletzung war beinahe nicht mehr zu sehen, man konnte lediglich einen lila, blauen Fleck erkennen.
Ich fasste mir an die Stelle, Erinnerungen an den Streit mit meinem Vater kamen wieder hoch.
Es war nicht das erste mal gewesen, dass er Handgreiflich geworden war.
"Jade? Wer war das?"
Lovis Stimme klang jetzt nicht mehr, als würde er scherzen.
Ich schaute in sein ernstes Gesicht und seufzte.
"Mein Dad." Gab ich kleinlaut von mir.
Keine Ahnung warum ich ihm das erzählte. Zum einen wusste ich, dass ich ihn wahrscheinlich sowieso nicht anlügen konnte und zum anderen hatte ich das Gefühl, als könnte ich es ihm anvertrauen.
Als würde er mich verstehen.
Lovis machte seinen Mund auf, doch bevor er etwas sagen konnte,redete ich weiter.
"Er hat ein kleines Alkoholproblem, weißt du. Und ich hab ihn ziemlich wütend gemacht, als er an dem Abend wieder betrunken war."
Eine kurze Zeit war es still.
"Verstehe."
Hörte ich dann Lovis sagen und hob meinen Blick, um ihn anzusehen.
"Komisch." Murmelte er.
Ich runzelte meine Stirn.
"Was?"
"Du sagst das so, als wäre es deine Schuld gewesen."
Seine braunen Augen starrten direkt in meine und es fühlte sich an, als würde ich von der Wärme, die sie austrahlten, umhüllt werden.
"Ich meine... hätte ich einfach meine Klappe gehalten dann-"
Plötzlich spürte ich Lovis warme Hand die sich auf meine gelegt hatte.
Innerhalb von einer Millisekunde strömte das Blut in meine Wangen und mein Herzschlag verschnellerte sich.
"Nein. Es ist nicht deine Schuld. Egal, was dein Kind zu dir sagt, du hast kein Recht es zu schlagen. Noch dazu kann ich mir vorstellen, dass du nur die Wahrheit gesagt hast. Und dann ist es erst recht nicht gerechtfertigt."
Wieso versteht er mich so gut?
Es war, als wüsste er genau, wie sich soetwas anfühlte.
Was war das für ein Gefühl?
Ich konnte einfach nicht aufhören ihn anzuschauen.
Meine Hand war taub und gleichzeitig kribbelte es an der Stelle, wo er mich berührte.
Ich nickte langsam.
Er hatte wirklich recht.
Und das überraschte mich so.
Aufeinmal nahm er seine Hand von meiner und stand auf.
"Komm, wir machen weiter."
Ich griff nach seinem ausgestrecktem Arm und ließ mir von ihm hochhelfen.
Wie ein anderer Mensch.
In dem Moment kam Hunter wieder herein.
Er half uns als Außenstehender und konnte Lovis tips geben.
"Okay, ich denke wir können den Anfang der Choreo probieren."
Sagte er und ich nickte.

                                  . . .

Die nächste Woche war stressig. Zwischen den Klausuren hatte ich alle Hände voll zu tun mit Lovis Nachhilfestunden und meiner Arbeit.
Außerdem ging mir Lovis seit dem Wochenende nicht mehr aus dem Kopf, nun ja - eigentlich hatte ich mir auch schon davor die ganze Zeit gedanken über ihn gemacht.
Aber diesesmal war es besonders, ich musste daran denken, wie verwandelt er aufeinmal wieder gewesen war.
Ich hatte mich richtig wohlgefühlt in seiner Nähe.
Umso mehr befürchtete ich jetzt, dass er mich wieder von sich stoßen würde.
Louisa war natürlich total hin und weg von dem Erlebnis.
"Magst du ihn?"
Die Frage überrumpelte mich etwas, denn klar hatte ich mir schon unzählige male selber eingestanden, dass ich Lovis attraktiv fand. Aber generell hatte ich darüber noch nicht so intensiv nachgedacht.
"Ja... naja also, wenn er nicht immer diese Stimmungsschwankungen haben würde. Außerdem kenne ich ihn ja nichtmal richtig."
Ich zuckte meine Schultern
"Bitte? Ich glaube du bist einer der wenigen die ihn ziemlich gut kennen. Alleine schon weil ihr so oft abhängt."
"Ja schon aber... auch wenn ich schon so oft mit ihm Zeit verbracht habe, habe ich das Gefühl er hat sich kein bisschen geöffnet. "
Und ich hatte so meine Zweifel, dass er es irgendwann mal tun würde.

Heute war Donnerstag, es waren nur noch 4 Klausuren übrig bis zu den Herbstferien.
Ich lief von der Schule zu meiner Bushaltestelle, wo ich sah, dass mein Bus ausfiel.
Super.
Jetzt musste ich mich beeilen, um Josie rechtzeitig aus dem Kindergarten abzuholen.
Also machte ich mich zu Fuß auf den Weg und nahm eine Abkürzung, die ich eigentlich nie gerne benuzte.
Sie führte an der anderen Highschool vorbei. Die Schule hatte nicht wirklich einen guten Ruf, mal ganz abgesehen davon, dass unsere Schulen praktisch Rivalen waren.
Ich lief die Straße runter, es war ziemlich ruhig hier in dem Abschnitt.
Aufeinmal sah ich aus dem Augenwinkel, wie drei Jugendliche in meine Richtung liefen.
Zuerst beachtete ich sie nicht weiter, doch als ich merkte, dass sie nicht auf den Weg, sondern auf mich zu steuerten, warf ich einen genaueren Blick auf die Jungs.
Sie waren von der anderen Schule, der eine zog gerade an einer Zigarette, während sie alle lässig aber gezielt auf mich zu kamen.
Sofort beschleunigte ich meinen Gang so unauffällig wie möglich.
Panik durchflutete mich.
Sollte ich rennen?
Sollte ich schreien?
Was wenn sie mich nur verarschten?
Vielleicht war ich auch einfach nur Paranoid.
"Hey Kleine."
Okay, ich war aufjedenfall nicht Paranoid.
Ich schaute über meine Schulter.
"Wo willst du denn hin?"


Near To YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt