•Chapter 36•

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Plötzlich spürte ich Chris Hand an meiner Tallie, die mich näher an ihn ran zog.
Überrascht blickte ich zu ihm auf, doch er sah sich nur mit ernster Miene um.
"Was ist los?"
Ich versuchte seinem Blick zu folgen.
"Ich glaube, wir haben ein Problem."
Und dann sah ich, was er meinte.
Zwei Kerle bahnten sich den Weg gezielt zu uns frei. Der eine von rechts und der andere von links. Sie hatten uns umzingelt.
Adrenalin durchflutete meinen Körper und Hitze stieg in mir auf.
Was wollten diese Typen?
Und warum steuerten sie aufeinmal auf uns zu?
Es sah fast so aus, als wäre das ganze geplant gewesen.
Ich schaute zu Lovis rüber, wo es gerade heftig zur Sache ging. Und nicht nur sein Gegner musste Schläge einstecken.
Die Menge jubelte bereits lauter.
Der linke von den Typen war schneller und nur wenige Meter von uns entfernt.
"Chris?!"
In meiner Stimme lag Panik, während er mich hinter sich schob.
"Bleib hinter mir, verstanden?"
Meine Gedanken rasten.
Was sollten wir tun?
Es würde nicht lange dauern bis der Komplize auch hier war.
Während ich Chris zu dem Typen reden hörte sah ich, wie sein besagter Partner rechts von mir auftauchte.
Wie war er so schnell her gekommen?
Die beiden machten sich daran Chris anzugreifen. Er wehrte sich gut gegen sie, als er aufeinmal meinen Arm packte und mich an den beiden vorbei in die Menge schubste.
"Lauf!"
Rief er gegen das Gebrüll der Menge an. Ich sah noch, wie die beiden Männer ihn auf den Boden schubsten, bevor ich mich zwischen den Leuten vorbei drängelte.
Niemand hatte mitbekommen was passiert war.
Ich wusste nicht wohin ich lief, doch ich wusste, dass ich verfolgt wurde.
"Jade!" Mein Blick schoss in Richtung Ring, wo mich Lovis mit aufgerissenen Augen anstarrte.
"Lovis!" Warnte ich ihn, doch es war zu spät. Da er abgelenkt von mir war bekam er nicht mit, wie sein Gegner auf ihn zu kam und ihm einen heftigen Schlag verpasste.
Lovis ging zu Boden, die Männer tobten und jubelten. Der Schiedsrichter pfiff ab und hob die Hand des Gewinners, der sich brüllend gegen die Brust klopfte.
Ohne nachzudenken kämpfte ich mich zu Lovis vor.
Oh gott, oh gott!
Mein Herz raste und mein Kopf dachte nur an Lovis.
Aufeinmal packte mich jemand am Handgelenk. Automatisch vollführte ich einer der Abwehrtechnicken, die ich gelernt hatte, als ich in das Gesicht von Chris schaute.
"Hey! Ich bins nur. Fuck."
Er schüttelte seine Hand vor Schmerz und schaute mich verstört an.
"Tut mir Leid."
Sagte ich so laut wie möglich, doch Chris schüttelte nur den Kopf und nickte Richtung Lovis.
Am Ring angekommen kletterte er über die Seile, während Lovis sich vom Boden abstützte.
Chris half ihm hoch, legte einen Arm um seine Schulter und half ihm dort heraus.
"Oh gott."
War das einzige was ich heraus bekam, als ich das Blut in Lovis Gesicht sah.
"Wir müssen ihn nach hinten bringen."
Ich legte den anderen Arm von Lovis um meine Schulter, doch ich hatte nicht wirklich das gefühl, dass ich irgendeine Art von Hilfe war.
Als wir hinten angekommen waren, setzten wir ihn auf dem Boden gegen die Wand gelehnt ab.
Er stöhnte auf, während Chris in seiner Tasche kramte.
"Hier."
Er hatte ein Handtuch und hielt eine Wasserflasche, die er Lovis gab.
"Dieser Bastard."
Zischte Lovis und schaute wütend an uns vorbei.
"Tut mir Leid. Sie waren zu zweit, ich hatte keine Chance."
Das Handtuch drückte er jetzt auf Lovis Stirn, wo sich wahrscheinlich eine Platzwunde befand.
Lovis trank einen Schluck aus seiner Flasche.
"Wie viel ist weg?"
Fragte er Chris.
"Ungefähr Zweidrittel. Nächste Woche gibt es einen von den oberen Rängen. Wenn du den gewinnst, dann kriegen wir das doppelte Geld zurück."
Lovis seufzte frustriert.
"Gut, solange kann ich ihn noch hinhalten."
Ich beobachtete das Geschehen still und verstand nicht wirklich viel.
Es ging um das Gewettete Geld, ganz klar. Doch wen meinte Lovis mit ihm?
In was für eine Sache war er verwickelt?
Und die wichtigste Frage: Wie konnten sie über den nächsten Kampf reden, wenn Lovis einen verdammten Arzt brauchte?
"Okay, lass uns gehen."
Sagte Chris und wollte aufstehen.
"Wo gehen wir hin?"
Fragte ich wie aus der Pistole geschossen.
"Ich gehe nachhause."
Es war Lovis, der mir antwortete und mich jetzt ernst anschaute.
"Was?"
Chris half ihm hoch, wobei er ein zischen von sich gab, aber schließlich stand er auf seinen Beinen.
"Ähm weißt du eigentlich wie du aussiehst? Du musst ins Krankenhaus!"
Sagte ich histerisch.
"Ich muss garnichts."
"Aber deine Wunden du-"
"Hast du nicht schon genug angerichtet für heute?"
Blaffte er mich böse an und schaute auf mich mit zusammen gekniffenen Augen herunter.
Fassungslos blickte ich zurück, während er an mir vorbei ging.
"Nein!"
Ich hielt ihn an seinem Arm zurück.
"Von mir aus kannst du sauer auf mich sein so viel du willst. Aber das muss behandelt werden."
"Tja, ich werde ganz sicher nicht zu einem Arzt gehen, der Fragen stellt."
Machte Lovis mir klar und lief weiter. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und kochte innerlich.
Wie konnte man so stur sein?
Fieberhaft überlegte ich, als ich Chris und ihm nach draußen nach rannte.
"Warte!"
Sie waren bereits an Lovis Auto angekommen. Sein genervter Gesichtsausdruck ruhte auf mir, doch es war mir egal.
"Dann lass mich dich wenigstens verarzten. Die Blutungen stoppen und die Wunden reinigen."
Er drehte seinen Kopf weg und schnaubte verächtlich.
"Ich meine es ernst! Bitte Lovis, lass mich dir helfen."
Einen Moment lang hielt er Inne und schien zu überlegen.
"Immerhin ist das hier meine Schuld."
Fügte ich kleinlaut hinzu.
Dann sah er wieder zu mir.
"Also schön, steig ein."
Der Knoten in meinem Magen löste sich auf und ich konnte erleichtert ausatmen.
"Ich ruf dich an."
Versicherte Lovis seinem Freund, als ich mich anschnallte. Chris nickte und verschwand zu seinem eigenem Auto, während Lovis sich auf den Weg zu meinem Haus machte.
Die Fahrt war still und eine unangenehme Spannung lag in der Luft.
Ich wusste, dass er mich wahrscheinlich gerade hasste, aber ich musste ihm einfach helfen.
Als er sein Auto geparkt hatte stiegen wir aus. Er stöhnte vor Schnerz leicht auf, als er die Tür seines Autos zu machte.
"Geht's?" Fragte ich sofort. Als Antwort bekam ich einen kalten Blick von ihm.
Autsch.
Mit einem flauem Gefühl im Magen schloss ich die Haustür auf. Es war zum Glück niemand zuhause.
"Setz dich hierhin, ich hol den Erstehilfe Kasten."
Ich deutete auf einen Stuhl der an unserem Esstisch stand, bevor ich ins Badezimmer eilte und das Schubfach öffnete.
Mit dem Erstehilfekasten unter dem Arm kam ich wieder zurück zu ihm.
Niemand sagte ein Wort, während ich begann seine Wunde an der Stirn ab zu tupfen. Ich konnte seinen kalten Blick auf mir spüren.
"Das wird jetzt ein bisschen unangenehm."
Warnte ich ihn, als ich das kleine Spray mit Desinfektionsmittel schüttelte und mit meiner anderen Hand seine Augen etwas abschirmte.
Er zischte kurz auf und zuckte leicht, trotzdem sagte er nichts. Die Stille machte mich wahnsinnig. Jetzt wäre es mir sogar recht gewesen, wenn er mich angeschnauzt hätte oder einen abfälligen Kommentar gemacht hätte. Einfach irgendwas. Aber das hier und sein eiserner Blick ließ mich unangehm erschaudern.
"Es tut mir Leid..."
Ich nahm die Packung mit den Flastern und öffnete sie.
"...dass ich trotzdem gekommen bin."
"Wieso hast du es dann getan?"
Fragte er zwischen zusammen gebissenen Zähnen.
Ich war ein bisschen überrascht, dass er redete, doch ich fing mich sofort wieder.
"Weil."
Sagte ich ein wenig vorwurfsvoll, während ich das Pflaster auf seine Wunde klebte.
"Hättest du mich von anfang an richtig aufgeklärt, dann wäre ich auch nicht auf die dumme Idee gekommen!"
"Also ist es meine Schuld?!"
"Nein! Aber wenn du einfach offener sein würdest, dann gäbe es vielleicht auch nicht immer solche Situationen."
Langsam bekam meine Stimme einen aufgebrachten unterton und wir beide wurden immer lauter.
"Was reicht dir an einem einfachem Nein nicht? Ich hab dir schonmal gesagt, du sollst aufhören mir hinterher zu rennen und zu denken, du könntest mich zu irgendwas bringen!"
"Tut mir Leid, aber wir verbringen nuneinmal viel Zeit miteinander, auch wenn es mehr oder weniger erzwungen ist. Du könntest wenigstens versuchen so zu tun, als ob ich dir nicht ganz egal bin!"
Plötzlich erhob sich Lovis von seinem Sitz, sodass wir nichtmehr auf der selben Höhe waren, sondern ich zu ihm aufschauen musste.
"Was glaubst du warum ich nicht wollte, dass du mit zum Kampf kommst?"
Seine Körpergröße begann mich ein wenig einzuschüchtern, doch ich stand immernoch auf der selben Stelle.
"Keine Ahnung, weil du nichts von dir Preisgeben willst? Weil mich das nichts angeht? Weil ichs versaue?"
"Weil es gefährlich war verdammt! Weißt du eigentlich wie wahnsinnig es mich gemacht hat zu wissen, dass dir jeden Moment was passieren könnte und ich nichts hätte tun können?!"
Seine letzten Sätze brüllte er beinahe. Er glühte vor wut und ich starrte nur mit offenem Mund zurück, nicht in der Lage irgendetwas darauf zu antworten. Denn erst jetzt sickerten die Worte langsam zu mir durch.




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