•Chapter 3•

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Ich steckte den Schlüssel ins schloss und öffnete die Tür zu meiner Wohnung.
Mit meinem Handy hatte ich mir die Busroute herausgesucht, denn Lovis hatte mich natürlich nicht nachhause gefahren.
Dafür hatte er den Erdbeershake bezahlt, den ich so schnell wie möglich heruntergespült hatte.
Ich hasste einfach die Sorte Erdbeere, egal in welcher Kategorie Essen ich mich befand.
Das Café war nicht wirklich weit entfernt von meinem Zuhause, trotzdem grummelte meine Magen, als ich im Flur meine Schuhe auszog.
David wird mich umbringen.
"Jade?" Hörte ich seine Stimme rufen.
"Ja..."
Schritte näherten sich mir. Mein großer Bruder stand mit böser Miene vor mir.
"Wo zur Hölle warst du? Und was sollte die Nachricht? Ich hab dich tausend mal angerufen! Wegen dir musste ich spontan Training absagen, du weißt wie sauer mein Coach ist, wenn wir das nicht rechtzeitig ansagen!"
Ich trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
"Ich weiß... es tut mir Leid..."
Einen Augenblick starrte er nur auf mich runter, dann glätteten sich seine Stirnfalten und er nahm mich in den Arm.
"Schon gut. Sag mir nächstes mal einfach früher bescheid, okay?"
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und ich nickte.
"Es war so spontan weißt du. Mr. Raynold hat mich als Nachhilfelehrerin verdonnert, weil ich immer zu spät komme. Und dann hab ich ihm Nachhilfe gegeben und konnte dich nicht-"
"Warte warte warte... Nachhilfe? Ich meine klar du bist gut in der Schule aber wem sollst du denn bitte Nachhilfe geben?"
"Diesem Schwachkopf Lo-"
"JADEEEE!"
Plötzlich wurde ich von meiner kleinen Schwester Josie überfallen.
"Hey!" Ich lachte und nahm sie auf den Arm.
"Na du. Warum bist du denn noch nicht im Bett?"
"Sie hat auf dich gewartet." Erklärte David und streichelte ihren Kopf.
"Jetzt bin ich ja da, also schnell in die Falle!" Ich kitzelte Josie, ihr Kichern brachte mich zum Lachen und ich trug sie in ihr Zimmer, um sie schlafen zu legen. Dabei lief ich an Dan vorbei, meinem zweit jüngsten Bruder. Er war 13.
"Hey Danny."
"Hallo" Er war so mit seinem Handy beschäftigt, dass er mich nichteinmal ansah.
Ich legte Josie in ihr Bett, küsste ihre Stirn und machte das Licht aus.

Am nächstem Tag war ich wieder mit Lovis nach der Schule verabredet.
Ich packte meine Sachen in mein Schließfach und bewegte mich Richtung Ausgang.
"Jade! Hey."
David holte mich ein.
"Oh Hey. Was ist los?"
"Ich wollte dir nur sagen, dass ich Josie morgen nicht zur Kitaübernachtung bringen kann. Könntest du das übernehmen?"
"Ja klar. Kein Problem."
"Danke."
Ich lächelte. Mittlerweile standen wir vor dem Parkplatz.
Ein lautes Hupen ließ mich plötzlich erschrecken. Ich sah zu Lovis, der neben seiner geöffneten Autotür stand und auf das Lenkrad gedrückt hatte.
Sein Blick sagte, dass ich mich beeilen sollte.
"Okay, ich muss los."
Gerade als ich einen Schritt vorwärts gemacht hatte, packte David mich an meinem Handgelenk und zog mich ruckartig zurück.
"Hey!" gab ich aus reflex von mir.
"Warte mal kurz. Willst du mir gerade sagen Lovis Blackwell ist dein Nachhilfeschüler??"
Ich runzelte die Stirn.
"Ja... ich weiß - auch nicht meine erste Wahl, aber-"
"Du wirst nicht in dieses Auto steigen!"
Ich betrachtete meinen Bruder genauer und mir fiel auf, dass er aufeinmal wirklich wütend aussah.
So richtig wütend.
"Was? Waru-"
"Dieser Typ ist gefährlich, Jade! Ich will, dass du dich von ihm fern hälst!" Es war fast schon unheimlich, wie bedrohlich er Lovis anstarrte.
"Das kann ich nicht und das weißt du. Mr. Raynold bringt mich sonst um."
Ich wollte endlich gehen, doch David drückte meinen Arm noch fester.
Etwas panisch schaute ich ihm in die Augen.
"David." Sagte ich, während ich mich losriss und dabei einen Schritt zurück stolperte. Mit meinem Rücken stieß ich gegen etwas, sodass ich meinen Kopf direkt drehte, um zu sehen was es war.
Lovis stand hinter mir, seine Hände in den Hosentaschen.
"Gibt es ein Problem?"
Seine Stimme war ruhig und bestimmt.
Wenn Blicke töten könnten, dann wäre Lovis jetzt mit sicherheit schon beim lieben Gott. David durchbohrte ihn praktisch mit seinen bösen Blicken.
"Ich weiß, dass ihr das hier tun müsst, weil ihr keine andere Wahl habt. Aber bekomme ich auch nur ansatzweise mit, dass du meiner Schwester ein nich so kleines Haar krümst, werde ich dich erledigen, Blackwell."
Ein Grinsen erschien auf Lovis Lippen.
"Okay Chef."
Mein Bruder warf mir noch einen letzten Blick zu.
"Bis nachher. Wenn was ist, ruf mich an."
Ich nickte etwas verstört, als ich aufeinmal Lovis Arm spürte, der sich lässig um meine Schultern gelegt hatte. Bei der Berührung zuckte ich etwas zusammen.
"Keine sorge großer Bruder, ich pass schon auf sie auf."
An seinem verschmitztem Grinsen und an David, der seine Hände zu Fäusten ballte, konnte ich erkennen, dass er ihn mehr als provozierte.
woah, in was hatte ich mich hier reingeritten?
Lovis drehte sich mit mir zusammen um und führte mich zum Auto.
Plötzlich fingen seine Schultern leicht an zu beben und ein leichtes Lachen drang aus seinem Mund.
"Also du bist Bensons Schwester... das wird ja immer besser."
Irgendwie machte sich ein unwohles Gefül in mir breit und mein Herz schlug wie wild gegen meine Brust. Das tat es schon, seit sein Arm mich berührte.
Ich musste David nachher aufjedenfall fragen, was das hier alles zu bedeuten hatte.

Die "Nachhilfestunde" lief genauso ab wie gestern. Ich machte seine Hausaufgaben, er bestellte mir einen Erdbeershake und interessierte sich einen Dreck für mich.
Auf dauer konnte ich das nicht so weiter machen, denn schließlich hatte ich noch eigene Hausaufgaben um die ich mich kümmern musste.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich spät dran war.
"Ich muss los!"
Mit Lichtgeschwindigkeit packte ich meine Sachen zusammen und stand auf.
"Hey warte, wo gehst du hin?"
"Arbeit. Tschau!"
Damit rannte ich zum Bus.
Ich hatte einen kleinen Nebenjob, mit dem ich etwas zu unserem Unterhalt beisteuerte.
Unser Vater bezahlte zwar irgendwie die Wohnung und gab uns auch Geld, aber es war viel zu unregelmäßig und unvorhersehbar, wann er es tat.
Schon vor dem Tod unserer Mom war er nie wirklich ein sehr guter Vater gewesen, doch seit sie gestorben war, drehte er völlig durch.
Wir wussten nie wo er war. Wenn er kam dann meistens betrunken und es war nicht selten, dass er dabei ausrastete. Dann verschwand er wieder für ein paar Tage, Wochen und manchmal sogar auch für einen ganzen Monat.
Der Bus hielt an, ich stieg aus und lief auf die Kneipe zu, in der ich arbeitete.
Ich weiß.
Ich war 17 und eigentlich durfte man überhaupt nicht mit Alkohol am Arbeitsplatz arbeiten, aber die Ladenbesitzer interessierte das nicht wirklich. Sie hatten schon oft damit zu tun gehabt und dementsprechend auch ihre Tricks auf Lager.
Natürlich total illegal, aber ich verdiente ganz gut, weshalb ich nicht so viel darüber nachdachte.
"Du bist spät dran Süße."
Bemerkte Louisa, meine Mitarbeiterin und gleichzeitig beste Freundin.
"Danke Sherlock." Gab ich zurück während ich meine Schürze überwarf und mir meine Haare hoch band.
Ich umarmte sie zur Begrüßung.
Louisa hatte blonde Haare, blaue Augen und war 19 Jahre alt.
Um ehrlich zu sein war sie nicht nur meine beste Freundin sondern auch meine einzige Freundin.
"Und was ist der Grund deiner Verspätung?"
"Ich hab noch Nachhilfe gegeben."
Erklärte ich.
"Nachhilfe? Wem denn?"
"Lovis Blackwell."
Ein hohes Quiecken kam geschockt aus ihrem Mund.
"Niemals! Blackwell?"
Louisa war auch mal auf meiner Schule gewesen, weshalb sie Lovis ebenfalls kannte.
"Dieser Typ, Jade. Ist er immernoch so heiß wie damals?"
Ich schaute sie angewiedert an.
"Bist du nicht ein bisschen zu alt für ihn?"
Louisa schnappte empört nach Luft.
"Also erstens: Er ist 18, nur 1 jahr jünger und zweitens: zwar war er damals auch jünger, aber halleluhja das war mir sowas von egal."
Ich rollte mit den Augen.
"Okay, können wir bitte über was anderes reden?"
Es interessierte sie wohl wenig, dass er für eine Menge andere Sachen, als nur sein gutes Aussehen bekannt war.
Sie kicherte, als plötzlich der Barkeeper Josh zu uns kam.
"Wie wärs mit weniger tratschen und mehr arbeiten."
Stimmt ja.
Ich krallte mir das Notizbuch und machte mich auf den Weg zum nächsten Tisch.

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