Kapitel 24

39 3 0
                                    

Nachdem Snape und ich uns endlich ausgesprochen hatten, ging es mit mir wieder bergauf und langsam entspannte sich alles wieder.
An diesem Wochenende war das Quidditchspiel zwischen Gryffindor und Hufflepuff. Es herrschte also reger Betrieb in der Großen Halle beim Frühstück.
„Oh Mann, bin ich aufgeregt", murmelte Aaron, als wir schließlich aufstanden, weil er langsam los zu seiner Mannschaft musste. Er hatte kaum etwas gegessen und sah nervös in der Gegend herum.
„Das wird ein super Spiel, Aar. Ich bin mir sicher, du wirst großartig spielen", meinte Penny mit einem sanften Lächeln.
„Oh ja, ich sehe die Party heute Abend jetzt schon vor mir", grinste Ruby. Aber Aaron sah nicht gerade begeistert aus.
Ich griff nach seiner Hand und drückte sie leicht. Er sah zu mir und lächelte schwach.
„Du schaffst das", versprach ich ihm und nahm ihn dann fest in den Arm. Aaron vergrub für einen Moment sein Gesicht in meinen Haaren, ehe er seufzte und sich wieder von mir löste.
„Bis später", murmelte er uns zu und verschwand schließlich mit schnellen Schritten aus der Großen Halle.

Das Spiel war großartig. Gryffindor hatte zwar zu Anfang ein paar Startschwierigkeiten, aber nach dem ersten Gegentreffer erwachte der Kampfgeist der Mannschaft und sie vernichteten Hufflepuff mit einer geradezu eleganten Leichtigkeit. Ich saß zwischen meinen Freundinnen auf einer der Tribünen und jubelte und feierte mit unseren Mitschülern mit.
Als unser Sucher schließlich den Goldenen Schnatz fing und das Spiel beendet war, machten wir uns langsam auf den Weg zurück zum Schloss.

„Habt ihr gesehen, wie Jonathan die Treiber kalt gemacht hat?", schwärmte Ruby gerade, als neben mir eine Person in schwarzem Umhang auftauchte.
„Auf ein Wort, Grimmauld", brummte er mit tiefer Stimme und lief dann einfach weiter, bis er in der Menge vor uns verschwunden war.
„Was will Snape denn jetzt von dir?", fragte Ruby mit irritiertem Blick.
„Keine Ahnung", murmelte ich.
„Habt ihr euch nicht wieder vertragen?" Penny sah mich fragend an.
„Ja schon, aber wir haben seither nicht viel gesprochen", überlegte ich.
„Vielleicht ist irgendwas passiert?"
„Ich werde es wohl gleich wissen", seufzte ich und verabschiedete mich dann bald von meinen Freundinnen, um den Weg in die Kerker einzuschlagen.

Snape war in seinem Büro und öffnete mir sofort die Tür, als ich dagegen klopfte. Allerdings ließ er mich nicht rein, sondern blieb auf der Türschwelle stehen. Mein Blick lag fragend auf seinen ruhigen Augen.
„Ich habe wenig Zeit, aber ich..." Er stockte kurz.
„Aber?"
„Ach nichts, es... war eine dumme Idee. Du wirst heute Abend sicherlich mit deinen Freunden feiern wollen. Vergiss es einfach." Er wich meinem Blick aus und war beinahe schon in Begriff, mich vor seiner Tür stehen zu lassen.
„Nein, was ist denn los?", hielt ich ihn schnell auf. Er seufzte und sah wieder zu mir.
„Ich hatte beim Spiel nur den Gedanken, dass du heute Abend vielleicht vorbeikommen könntest. Ich meine, wir könnten uns einen Tee machen und ein wenig Zauberschach spielen, bevor die Sperrstunde beginnt, aber das ist heute sicher schlecht wegen der Feier und allem." Snape druckste beinahe herum und fast erahnte ich einen leichten Rotschimmer um seine Wangen herum. Sofort musste ich grinsen.
„Ich komme gerne. Die Feier geht doch noch lange nach Einbruch der Sperrstunde weiter. Aber das weißt du natürlich nicht. So oft kommt das bei Slytherin ja nicht vor." Ich zwinkerte und schlug mit einem Grinsen den Rückwärtsgang ein. Snape funkelte mich aus schmalen Schlitzen an, aber ich entdeckte das winzige Lächeln um seine Lippen trotzdem.

Von da an verbrachte ich meine Abende öfter in den Kerkern zwischen all den Bücherregalen und Trankzutaten in Snapes Büro und seinen Privaträumen. Wir sprachen nie besonders viel, aber ich genoss es, gegen ihn Zauberschach zu spielen und einfach ein bisschen Zeit mit ihm zu verbringen. Snape taute ein wenig auf, obwohl es immer noch häufig diese peinlichen Momente zwischen uns gab, in denen wir beide nicht so recht wussten, wie wir mit dem anderen umgehen sollten.
Ich mochte es trotzdem sehr, dort unten zu sein. Manchmal machte ich an Dads Schreibtisch auch einfach nur meine Hausaufgaben, während er Aufsätze kontrollierte oder Tränke braute. In den Kerkern war immer genug Ruhe und Snape hatte mir zugesichert, dass ich immer vorbeikommen könnte, wenn er da war.

Auch heute war ich bei ihm gewesen und kam um kurz vor halb neun mit einem fertigen Verwandlungsaufsatz in den Gemeinschaftsraum zurück.
Mit einem breiten Lächeln setzte ich mich zu meinen Freunden auf eines der gemütlichen Sofas.
„Da bist du ja wieder", grinste Ruby.
„Irgendwann musste ich den Aufsatz ja schreiben", sagte ich gespielt beleidigt und lachte auf. Eigentlich hatten wir ihn zusammen schreiben wollen, aber Ruby hatte heute Morgen eine Freistunde gehabt und war einfach ohne mich angefangen.
„Tut mir Leid", grinste sie und stieß mir sanft in die Seite.
„Lily, für dich ist ein Brief angekommen", meinte Aaron da plötzlich, als es ihm einzufallen schien und zog einen Umschlag aus seiner Robe.
„Von wem ist der?", fragte ich verwundert und öffnete das Siegel. Dann entfaltete ich das Pergament und begann zu lesen.

Lily,

mir sind da ein paar Sachen zu Ohren gekommen und ich glaube nicht, dass du sonderlich erfreut wärst, wenn es alle erfahren. Du möchtest dir und dem lieben Professor Snape ja sicherlich nicht schaden, wo ihr euch doch gerade erst gefunden habt.

Du wirst also machen, was ich sage, oder die ganze Zaubererwelt wird von euch erfahren. Halte dich von ihm fern. Keine Treffen mehr oder die Welt wird geschockt zuschauen, während einer von euch um den anderen trauert.
Ich an deiner Stelle würde machen, was ich sage, denn ich meine es bitterernst!

Herzlichste Grüße,
Eine liebe Freundin

Entsetzt las ich den Brief immer und immer wieder, bis Ruby ihn mir aus den Händen zog und sich selbst durchlas, was dort stand.
„Ach du Scheiße", flüsterte sie und ließ das Papier sinken.
Ohne nachzudenken, riss ich ihr das Pergament aus der Hand, sprang auf und rannte Hals über Kopf aus dem Gryffindor-Gemeinschaftsraum.

Ohne stehen zu bleiben, rannte ich bis in die Kerker zu Snapes Büro. Davor angekommen blieb ich weder stehen, noch sah ich mich um. Ich stürmte einfach außer Atem in den Raum hinein.
„Lily, du kannst hier nicht einfach so reinplatzen!", rief Snape aufgebracht und schloss die Tür krachend hinter mir, indem er seinen Zauberstab schwang. Ich zückte meinen ebenfalls und wirkte wortlos den Muffliato.
„Hier könnte sonst wer sein. Du könntest wenigstens den Respekt haben und klopfen."
„Bei unserem Gespräch im Zaubertränke-Klassenzimmer, als ich dir das Tagebuch gezeigt habe... Hast du da den Muffliato gewirkt? Und auch sonst immer, wenn ich hier war?", fragte ich nach Luft schnappend und ignorierte seinen empörten Blick einfach. „Oder vielleicht hat mich auch jemand gesehen, ich...oh Gott." Ich brach ab und hielt mir eine Hand vor den Mund.
„Warum zur Hölle sollte ich den..."
„Deswegen!" Ich knallte den Brief auf seinen Schreibtisch und ließ mich dann kraftlos in einen der Stühle sinken. Snape starrte mich fassungslos an, doch schließlich schaute er auf den Brief hinunter und hob ihn auf. Seine Augen wanderten jede Zeile entlang und je mehr er las, desto entsetzter wurde sein Blick. Schließlich ließ er das Pergament sinken und starrte kurz ins Leere.
„Das ist eine Morddrohung", murmelte er schließlich mit leerem Blick, bevor er mir in die inzwischen tränennassen Augen schaute. Aus seinem Blick sprach die pure Sorge.
„Was bedeutet das?", flüsterte ich und versuchte, mich zusammen zu reißen.
„Wir dürfen kein Risiko mehr eingehen. Wir werden tun, was dort steht, bis wir herausgefunden haben, von wem der kommt", meinte er leise.
„Das kann ich nicht!", rief ich empört und stand auf. „Ich kann nicht einfach so tun, als wäre alles, was in den letzten Wochen passiert ist, nicht geschehen. Ich kann dich nicht einfach als Lehrer ansehen und mich aus allem raushalten! Ich will weiterhin hierher kommen", quiekte ich, ehe meine Stimme brach und mir wieder Tränen über die Wangen rannen.
„Nicht weinen", flüsterte Snape und schien selbst mit den Tränen zu kämpfen.
Ich brauchte ein paar Minuten, in denen Snape hilflos hinter seinem Schreibtisch stand und mich gequält ansah. Schließlich hatte ich mich wieder im Griff.

„Also, was machen wir?", fragte ich erstickt.
„Wir tun das einzig Sinnvolle. Wir müssen rausfinden, von wem der Brief kommt. So lange müssen wir beide tun, was die Person von uns verlangt. Ich werde einen Weg finden, dir Nachrichten zukommen zu lassen, ohne dass es jemand merkt. Wir dürfen ab sofort nicht mehr so offen Zeit miteinander verbringen, Lily", meinte er sachlich.
„Okay...", murmelte ich und sah zu Boden. Mein Innerstes sträubte sich gegen meine Worte.
„Lily..." Snape kam um den Tisch herum und griff nach meiner Hand. Er verschränkte unsere Finger ineinander. "Wir werden diese Person finden, das verspreche ich dir. Bitte, mach nichts Dummes. Komm nicht hier her", bat er leise.
„Ich geb mir Mühe", flüsterte ich mit einem Nicken. Snapes Augen schienen noch dunkler als sonst, als ich seine Hand los ließ und mit langsamen Schritten zur Tür ging. Als ich mich noch einmal umdrehte, stand Snape noch immer da und sah so aus, wie ich mich fühlte. Am Boden zerstört.     

Snape - Sein letztes GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt