Kapitel 3

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„Aaron, du wirst es nicht glauben!" Ruby redete schon wieder ohne Punkt und Komma, als wir am Ende des Schultages geschafft aber erleichtert zu dritt über den Innenhof gingen. Es war bereits recht spät, aber ein wenig Zeit blieb uns noch.
Aaron sah unsere Freundin zweifelnd an.
„Snape war nett zu Lily!" Sie schrie es fast, sodass ich ihr schnell den Mund zuhielt. Wenn irgendein Slytherin sie hören würde, gäbe es gewaltigen Ärger.
„Nett ist übertrieben. Er war nur nicht so fies wie sonst", murmelte ich.
„Was ist denn mit dem kaputt?", fragte Aaron verblüfft, ließ das Thema dann aber gleich wieder fallen. „Ich bin nur froh, dass ich kein Zaubertränke mehr habe. Wenn wir im nächsten Spiel gegen Slytherin wieder verlieren, würde Snape mich verspotten und vor allen zur Schnecke machen. Wenn ich denn überhaupt wieder ins Team komme."
„Hey, du wirst beim Auswahltraining großartig spielen, Aaron. Du bist einer der besten Treiber, die Gryffindor seit langer Zeit hatte", versuchte ich, ihn zu beruhigen. Er war vor jedem Quidditch-Spiel nervös. Aber jetzt stand erst einmal das Auswahltraining an, das darüber entscheiden würde, ob er wie letztes Jahr wieder ins Gryffindor-Quidditchteam kommen würde. Das Training war schon morgen und ich war überzeugt davon, dass er es packen würde. 

„Lasst uns zu Hagrid gehen. Er hat mich zu sich eingeladen, das wird dich auf andere Gedanken bringen", schlug ich vor und beide waren einverstanden.

Wir machten uns also auf den Weg zu dem kleinen Abhang, der geradewegs zu Hagrids Hütte und dem Verbotenen Wald führte. Ruby erzählte gerade davon, wie toll sie es jedes Mal fand, bei einem Quidditch-Spiel zuzuschauen, als ich inne hielt.
„Versteckt euch!", forderte ich und zog meine Freunde eilig mit mir hinter einen großen Stein, der hier neben dem Schloss lag und uns jetzt gerade guten Sichtschutz bot.
„Was ist denn?", flüsterte Ruby und lugte genau wie ich über den Stein hinweg den Abhang hinunter.
„Dort hinten am Waldrand... Ist das Lydia?", fragte ich leise und zeigte grob in die richtige Richtung. Sie hätte uns aus der Entfernung niemals hören können, aber ich flüsterte trotzdem.
„Was will sie im Verbotenen Wald?", fragte Aaron und sah uns zweifelnd an.
„Wir müssen ihr hinterher!" Ich war schon aufgesprungen, als Ruby mich zurück hielt und an der Hand wieder hinter den Stein zog.
„Bring dich nicht schon wieder in Schwierigkeiten", bat sie und schaute mich eindringlich an.
„Ich muss wissen, was sie vor hat, Rub!"
Damit drehte ich mich um und rannte den Anhang über den gepflasterten Weg hinunter. Meine Freunde waren mir dicht auf den Fersen. Wir mussten jetzt nur irgendwie an Hagrid vorbei kommen, ohne dass er uns bemerkte. Aber er schien in seiner Hütte zu sein und uns nicht zu sehen. Seidenschnabel, der Hippogreif, von dem der Halbriese mir bereits erzählt hatte, lag vor dem kleinen Gebäude. Als wir an ihm vorbei rannten, hob er den Kopf und sah uns neugierig an. Doch wir hielten genügend Abstand, um ihn nicht aufzuschrecken. An den ersten Bäumen angekommen blieb ich stehen und drehte mich zu meinen Freunden um. Auch sie suchten hinter einem großen Baum Schutz.
„Ihr müsst nicht mitkommen", flüsterte ich ihnen zu, aber beide sahen mich nur mit hochgezogenen Augenbrauen an und hatten das „Das kannst du vergessen!" beinahe auf der Stirn geschrieben.

Also betraten wir den Wald. Hier war es zu jeder Tageszeit dunkel und kalt. Trotzdem verzichtete ich auf den Lichtzauber, um Lydia nicht unnötig auf uns aufmerksam zu machen. Was wollte sie wohl hier?
Mit vorsichtigen aber schnellen Schritten eilten wir durch den Wald, sahen uns in alle Richtungen um und wichen dabei immer wieder Ästen und Unebenheiten im Boden aus.
Nach einer Viertelstunde blieb ich stehen. Wir waren inzwischen tief im Wald und von Lydia war noch immer keine Spur.
„Ich glaube, wir finden sie hier nicht mehr", meinte Ruby und drehte sich mit dem Zauberstab in der Hand einmal um die eigene Achse.
„Ruby hat Recht, Lily, lass uns hier wieder verschwinden." Aaron schaute zwischen den dunklen Baumwipfeln hindurch in den Himmel. Die Dämmerung brach bereits herein.
„Na schön, ihr habt Recht." Ich seufzte resigniert, lief dann aber mit den beiden zurück.

Schweigend liefen wir eine Weile hintereinander her und hofften alle stumm, dass wir uns nicht verlaufen hatten. Der Wald sah überall gleich aus und je dunkler es wurde, desto unheimlichere Schatten traten wie aus dem Nichts hervor.
Nach vielleicht zehn Minuten blieb Ruby plötzlich stehen, krallte sich an Aarons Arm fest und schrie kurz entsetzt auf. Sofort umklammerte ich meinen Zauberstab fester, hielt ihn in Angriffshaltung vor mich und sah mich um. Mein Blick flog hektisch über die Schatten und Bäume, aber ich konnte nichts erkennen, was Ruby aufgeschreckt haben könnte.
„Was ist los?", fragte Aaron erschrocken.
„Da... da bewegt sich was", quietschte Ruby und zeigte mit ihrem Zauberstab nach vorne. Wir blieben alle drei stocksteif stehen und starrten nach vorne. Und tatsächlich, dort bewegte sich etwas.
Lumos", flüsterte ich und mein Zauberstab gab sofort ein helles Licht ab. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich verstand, was da vor uns war. Ich erkannte ein paar haarige lange Beine und dann hörte ich das klanglose Klicken der giftigen Kneifzangen.
„Scheiße, Leute, rennt!", brüllte ich und lief zur Seite weg. Mit Erleichterung bemerkte ich, dass meine Freunde mir mit entsetzten Gesichtern folgten.
„Acromantula!", schrie Aaron, der es jetzt scheinbar auch geblickt hatte.

Die riesige Spinne verfolgte uns auf der Stelle. Wir rannten vor ihr weg, während sie uns mit schnellen Schritten und einem gefährlichen Rascheln dicht auf den Fersen war. Äste peitschten gegen mein Gesicht, verfingen sich in meinen Haaren und hinterließen brennende Kratzer. Ruby hinter mir strauchelte und fiel mit einem erstickten Aufschrei zu Boden. Entsetzt drehte ich mich um. Die Spinne kam immer näher.
„Tu was!", rief ein völlig überforderter Aaron zu mir rüber.
Ich richtete den Zauberstab auf das riesige Tierwesen und schrie ihr ein: „Arania Exumai!", entgegen. Die Spinne wich zurück und Ruby rappelte sich auf und rannte weiter. Im Laufen feuerte ich den Zauber noch ein paarmal hinter mich, ganz egal, ob die Spinne dort noch war oder nicht.

Mit zerrissener Kleidung, schrammigen Gesichtern und rasendem Herzen kamen wir schließlich auf dem Rasen vor Hagrids Hütte an. Dort brannte kein Licht, wir konnten uns also nicht zu ihm flüchten.
„Weiter!", forderte ich die anderen beiden deshalb auf und sprintete auch noch den Abhang hoch.
„Stopp! Luft!" Hechelte Ruby, als wir oben an dem riesigen Stein angekommen waren. Sie hatte Recht. Hier her würde die Reisenspinne nicht kommen. Und wenn doch, sahen wir sie schon aus weiter Entfernung. Also stützte ich mich mit den Händen auf den Beinen ab und ließ die Luft gierig in meine Lunge strömen, wo sie sich mit einem Stechen ausbreitete.

Inzwischen war es dunkel und das große Schloss warf beunruhigende Schatten auf den Rasen.
„Gerade einmal einen Tag Unterricht und schon brechen Sie wieder die Regeln, Grimmauld." Ich erstarrte, als ich die tiefe, kalte Stimme hinter mir hörte. Ruby und Aaron sahen mich völlig entsetzt an. Ich musste heftig schlucken.
„Professor Snape..." Ich drehte mich langsam zu ihm um und schaute dem Lehrer dann mit einem Kloß im Hals entgegen.
„Was hatten Sie im Verbotenen Wald zu suchen?", rief er bitterböse und funkelte mich an.
„Professor, ich..."
„Und diese zwei hatten Sie mal wieder mit dabei. Kingham, Duninghill." Er sah zu ihnen, doch ich stellte mich sofort dazwischen, sodass Snapes strafender Blick wieder allein auf mich fiel. Der Blick seiner pechschwarzen Augen brannte sich beinahe in meinen. Aber ich hielt dem stand.
„Es war meine Idee, Sir. Die beiden haben nichts damit zu tun", verteidigte ich meine Freunde sofort. Snape lachte verächtlich auf.
„Sie werden nachsitzen, Grimmauld. Morgen Abend um fünf Uhr in meinem Büro!"
„Was ist hier los, Severus?" Die Schulleiterin tauchte hinter meinem Lehrer für Zaubertränke auf und sah erschrocken drein, als sie uns erkannte. Sie schien sofort eine böse Vorahnung zu haben, als sie uns sah.
„Die Schüler haben sich während der Sperrstunde im Verbotenen Wald herumgetrieben, Minerva", erklärte Snape kurz angebunden. McGonagall schaute uns enttäuscht an.
„Sechzig Punkte Abzug für Gryffindor. Für jeden von Ihnen", sagte sie bitter. „Ich bin sehr enttäuscht. Verschwinden Sie auf Ihre Zimmer und behandeln Sie Ihre Wunden. Wir sprechen uns morgen." Wenn sie das sagte, klang es noch viel schlimmer, als hätte Snape es gesagt.

Mit hängenden Köpfen und trotzdem so schnell wie möglich machten wir uns also auf den Weg zum Gemeinschaftsraum. Dort verabschiedeten Ruby und ich uns fast wortlos von Aaron und gingen zu unserem Zimmer. Penny schlief schon, also machten wir uns so leise wie möglich bettfertig und legten uns dann schließlich erschöpft schlafen. 

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Das letzte Kapitel für dieses Jahr🙉
Ich hoffe, 2018 war für euch ein schönes und erfolgreiches Jahr😊
Nächstes Jahr (das klingt so weit weg...) geht es hier dann natürlich mit vielen neuen Kapiteln weiter😊

Snape - Sein letztes GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt