Zwei: "Houston, wir haben ein Problem"

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Ich starrte aus dem Autofenster der Limousine. 
Die Häuser huschten vorbei, wurden unscharf, Menschen, Strommasten, Tiere und Straßenschilder verschmolzen ineinander und wurden zu einer undefinierbaren Masse. 
Ich wand schnell meinen Blick ab und sah meinen Vater an. 

"Ciana, hör auf, deinen Vater so anzustarren." Ich antwortete meiner Mutter mit einem Nicken und blickte auf meine Schuhe. 
Wie ich diese Stille hasste, ich könnte ausrasten.

"Es ist das Beste so, glaub mir", redete Papà  auf mich ein und versuchte mich anscheinend zu beruhigen.
Ich schnaubte. 

"Ich dachte immer, du wärst derjenige von uns, der gegen das Lügen war. Schon als ich klein gewesen bin, war die schlimmste Sünde stets das Lügen."

"So wird kein Blut vergossen", hielt er dagegen und seufzte. 

"Aber ein Herz gebrochen", erwiderte ich und sah wieder auf. 

"Adam's Herz?", lachte er, "Dass ich nicht lache! Der Junge hat wahrscheinlich nur eins, um Blut durch seine Adern zu pumpen. Außerdem musst du es tun, du hast keine Wahl. Denn wenn die Stadt erst einmal den Ricchi gehört, haben wir keine Chance mehr."
Darauf hatte ich nichts mehr zu sagen.
Und von Adam's Herz habe ich auch nicht geredet, denn was mir am meisten Sorgen bereitete, war, dass ich mich in ihn verlieben könnte. 
Es bestand immerhin eine dreißig prozentige Chance, dass dies passierte. 
Der Fahrer klopfte an die Scheibe und schob sie danach zur Seite.

"Wir sind angekommen, Sir."
Nachdem meine Eltern ausstiegen und nichts sagten, musste ich etwas von mir geben.

"Danke, Geoffrey." Dieser nickte mir lächelnd zu und hob seine Mütze an.

Als ich auf das Gebäude zuschritt, welches eher einem Schloss glich, versuchte ich bemüht, meinen Mund geschlossen zu behalten. Hohe Säulen im Eingangsbereich vor der Tür, die an die griechische Baukunst erinnerten, riesige Fenster und Mauern weißer als die Wolken am Himmel und der gigantische Vorgarten ließ einen noch größeren geradezu gewaltigen Garten vermuten. Die Morgensonne spiegelte sich in dem Panoramafenster im zweiten Stock.

"Cici!", schrie eine quietschende Stimme und kam auf mich zugerannt und ehe ich's mir versah wurde mir die Sauerstoffzufuhr abgeschnürt.

"Hey Livi", sagte ich mit dem Rest Luft, der mir blieb, bevor ich wieder atmen konnte.
Sauerstoff.

"Ich hab dich SO vermisst! Und du siehst blendend aus."

"Kann ich nur zurückgeben", grinste ich und strich über ihr mit Spitze besetztes Kleid. 
Sie wusste gar nicht, wie schön sie wirklich war. 

"Du bist so Zucker!", quiekte sie gerührt weiter und schubste mich freundschaftlich zur Seite.

"Was heißt das denn schon wieder?", wunderte ich mich wie so oft und sah sie fragend an. Liv's Angewohnheit war es, irgendwelche Sprichwörter, die niemand kennt, wieder etablieren zu wollen oder einfach selbst welche zu erfinden.

"Naja, das erklärt sich doch von selbst. Wenn ich sage, dass du Zucker bist, dann bist du süß, weil Zucker logischerweise auch süß ist, verstehst du? Schalt mal dein Hirn ein, Maus."
Und noch mehr Kosenamen. 
Ich war bloß froh, dass sie nicht ciccina  gesagt hatte. 
Diese Phase war vor zwei Monaten.
Ich wollte nicht an den Abend mit Adam und den Ricchi erinnert werden.

"Hallo? Erde an Ciana", kam es von meiner Freundin, die schon ungeduldig vor meinem Gesicht herumfuchtelte. 

"Du denkst zu viel", stellte Liv fest, hakte sich bei mir ein und zog mich in Richtung Feier. 
Ich wollte da nicht hinein. 
Ich wollte nicht zu Adam, weil ich wusste, dass ich es tun musste, ich musste mich an ihn ranschmeißen wie ein Flittchen, versuchen, irgendwie mit ihm zusammen zu kommen.
Und nur der Gedanke daran ließ mich schaudern. 

Leichte Klaviermusik ertönte von allen Seiten und ich erblickte kaum Personen bei so viel Tüll. Alle wichtigen Menschen der Stadt waren da, inklusive Stadtrat und Bürgermeistergesellschaft. 

"Was machen wir jetzt?", flüsterte mir Liv zu und ich musste grinsen. 

"Wir holen uns Champagner, reden mit den Pinguinen damit unsere Dads zufrieden sind, dann gehen wir weg und später auf eine Party, ja?" Zur Erklärung: Ich und Liv nannten die Männer in Anzügen immer Pinguine, da sie uns irgendwie an die Tiere erinnerten. Sie nickte und wir bewegten uns langsam auf den einen der Kellner zu. 
Nachdem wir beide Alkohol hatten und uns eigentlich ganz gut amüsierten da die Typen, mit denen wir uns bis gerade noch unterhalten hatten, eigentlich ganz lustig waren, blickte ich mich weiter um. 
Oh Nein.

"Ciana! Hey", sagte Karen in dem unangenehmsten Tonfall, den ich jemals gehört hatte, mit Ally und Julie im Schlepptau.
Diese drei traurigen Gestalten wurden von allen anderen Mitschülern "mein Hofgefolge" genannt. Weil die drei a) der Überzeugung waren, dass sie super gut mit mir befreundet waren und b) sie mir seit der sechsten Klasse hinterherrannten. 
Mit der Zeit nervte es einfach.

"Hey", antwortete ich notgedrungen und zog dabei das E extra lang. 
Dann nippte ich an dem Glas. 
Ohne Alkohol überlebte ich das nicht. 

"Also... was macht ihr hier?", fragte sie gedankenlos und stemmte die Hände in die Hüften.

"Das Selbe wie ihr, schätze ich. Der Veranstaltung beiwohnen", lachte ich gedrungen und verdrehte innerlich die Augen. 
Hirnmasse von Karen, wo bist du? Melde dich!
Anscheinend merkte sie, dass sie unerwünscht war und zog samt ihren Doubles wieder ab. Manchmal war es gemein, aber nach ein paar Jahren muss man doch merken, wenn man nicht mit dieser Person befreundet sein kann, weil es einfach nicht passt. 
Karen redete über jeden hinter deren Rücken. 
Ally war die Schulmatraze, die schon mit jedem was hatte (und sich dementsprechend benahm sowie einkleidete) und Julie war einfach nur anstrengend, da sie immer etwas zu sagen hatte und der Meinung war, dass sie alles besser wüsste. 
Gerade atmete ich erleichtert aus, als ich die Luft schon wieder anhalten musste. 
Auf der anderen Seite des Raumes stieg gerade Adam langsam die Stufen hinunter. 
Das Hemd hatte er anscheinend zwei Nummern zu klein gekauft, sodass sich seine Muskeln darauf leicht abzeichneten. Er zog die Ärmel des Sakkos samt Hemd nach vorne und fuhr sich durch die lockigen Haare. 
Ich verschluckte mich währenddessen beinahe an meinem Champagner, den ich auf Ex runterkippte. 
Liv schien das zu merken, denn als ich sie ansah, lächelte sie nur wissend. Dann nahm sie mir das Glas ab, grinste und sagte etwas, was ich niemals vergessen werde. 

"Houston, wir haben ein Problem."

Scheiße ja, dachte ich, denn Mr. Adonis höchstpersönlich schritt gerade auf uns zu und aus irgendeinem Grund war ich aufgeregt. 
Und dass mir genau heute auffiel, WIE gut er eigentlich aussah, half auch nicht wirklich. 

***

22:32, 19. Juli 2018

Ciao bellissimi

jaja, ich weiß, gerade noch so ans Datum gehalten... Ich arbeite gerade an so vielen großen Projekten, das alles ist echt schwer zu jonglieren! (Ich weiß, keine Ausrede *seufz*)
Aber ab jetzt werde ich mich nur noch auf Adam konzentrieren, versprochen!
ANKÜNDIGUNG: Am 29.07. geht es richtig los und als "Pfand" werde ich eine Lesenacht machen. Damit ihr wisst, dass ich es ernst meine! 

Immer fleißig weiterlesen! 

Arrivederci amici della letteratura

Sanja :)

V O K A B U L A R

il papà - Vater, Papa
la ciccina - Schätzchen
Ciao - Hallo sowie Tschüss
i bellissimi - die Schönen, Plural der Substantivierung des Adjektives "bellissimo"
Arrivederci - Auf Wiedersehen
amici - Plural des Nomens "amico" welches Freund bedeutet
della - Kombination der Worte 'de' (von) und 'la' (die), in diesem Fall der (Zugehörigkeit)
la letteratura - die Literatur

+ Adonis - griechischer Gott der Schönheit, auch 'männliche Aphrodite' genannt

ᴀᴅᴀᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt