Neun: Der Abend, an dem der Jacky scheiße schmeckte

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ADAM'S POINT OF VIEW

Wie so oft hatte ich mich den ganzen Tag in die Stadtmitte verzogen. 
Die Schule ging mir sowas von am Arsch vorbei. 
Denn wenn ich hingehen würde, müsste ich in ihre Augen sehen und das konnte ich nicht ertragen. 
Ich hatte mich nicht bei ihr gemeldet, weil ich verdammt nochmal unfassbaren Schiss hatte. 
Denn, um ganz ehrlich zu sein, so eine richtige Freundin hatte ich noch nie. 
Nur so kurze Sachen für eine Nacht. 
Mit siebzehn ist das dann doch etwas peinlich. 
Scheiße bin ich 'ne Pussy. 
Seufzend schwang ich mich auf mein Motorrad um in das beste und kleinste Diner der Stadt zu fahren. Ich brauste durch die Straßen und ließ mir für einen Moment Ciana aus dem Hirn pusten.

"Hey Rosie, wie immer", sagte ich laut, als ich reinkam und sie nickte. 
Rosalie "Rosie" Cort war die Besitzerin des gleichnamigen Diners, in dem ich immer meinen schwarzen Kaffee trank und in dem es die besten Burger der Stadt gab.

"Burger sind aus", rief sie aus der Küche und ich musste grinsen. 
Es war ja erst sechs Uhr morgens.
Niemand war hier. 
Das Diner hatte nur vier rote Tische mit Lederbänken, zusammengepfercht auf engem Raum, eine lange Theke und dafür eine große Küche. Der Boden war im Schachbrettmuster gefliest worden, es hatte große Fenster.
Und unfassbar viele Neonschilder. 
Abends tummelten sich hier verschiedene Cliquen, aber morgens war hier so gut wie nie einer. Bis auf mich, vermehrt in den letzten Tagen. 
Ich, der seit Nächten nicht schlafen konnte und sich stattdessen lieber in der Stadt rumtrieb als nach Hause zu gehen. 
Stundenlanges Fahren im Kreis, einmal durch jede Ecke Merridales.
Ich sah aus dem Fenster und meine Laune sank in den Keller. 
Noch mehr Wolken, ein Sturm würde sich zusammenbrauen.

"Du kannst nicht immer herkommen, Adam", flüsterte mir Rosie zu, obwohl niemand außer uns hier war. 

"Irgendwann musst du nach Hause." 
Als Antwort nickte ich nur, gab ihr den Dollar und die 80 Pens, bevor ich das wohltuende Getränk zu mir nahm. 
Heute musste ich, nach drei Tagen Funkstille und Untertauchen, mich zu Hause bei meinem Vater blicken lassen. 
Ich musste nur den richtigen Moment abpassen, gerade dann kommen, wenn er von der Menge Alkohol, die er vermutlich trinken würde, eingepennt war. 
Dann knallte ich ihr etwas lauter und aggressiver als beabsichtigt die Tasse auf den Tisch und verließ schnell mit der Kapuze im Gesicht das Lokal. 
Aufgebracht und geladen fuhr ich durch die Stadt, bis ich mich mal wieder unbewusst am stillgelegten Bahnhof wiederfand. 
Es war ein Uhr.
Als ich gerade über die Mauer springen wollte, kam mir ein Gedanke. 
Er würde ganz sicher wissen, was zu tun war.
Also rannte ich so schnell ich nur konnte zu meinem Motorrad zurück, ließ es kurz schnurren und gab Vollgas. 
Während der Fahrt konnte ich mir viele Gedanken machen. 
Was vielleicht im Moment nicht das Beste war. 
Ciana. 
Immer nur Ciana, die ganze Zeit. 

Versager!, schrie jemand in meinem Kopf. Weichei! Feigling! Idiot!

Knurrend fuhr ich das Gerät bis zum Anschlag und befand mich endlich auf dem Freeway nach Penketh, dachte nun nicht mehr nach, da sich die Aufregung in meiner Magengrube breitmachte.
Ich würde einen Zwischenstopp in Kallington einlegen müssen, der gut auch ein paar Stunden dauern konnte, da ich wenig geschlafen hatte.
Doch in ein paar Stunden würde ich ihn wiedersehen.

In der kleinen Provinz angekommen brauste ich bis zum letzten Haus der Straße, das Haus, dem sich niemand zu nähern traute, da es alt und verfallen war. 
Das Dach hing durch, die Mauern waren brüchig, die hellblaue Farbe blätterte in Fetzen vom Dach und den Leisten und das Einzige, das verheißen ließ, dass dort noch jemand wohnte, waren die Fenster, die feinsäuberlich geputzt worden waren. 
Etwas unheimlich war das Anwesen auch. 
Aber trotzdem ging ich hinein. 
Es war sechs Uhr abends.

ᴀᴅᴀᴍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt