Chris schloss die Wohnungstür hinter Martin und Lianne. Seine Augen waren untermalt von tiefen Augenringen. „Du willst also wieder mit mir zusammen sein?", stieß er hervor, während er nach der Zigarettenschachtel griff.
„Nur für die Hochzeit. Nur, damit die beiden glücklich sind." Ich beobachtete Chris. Wütend schleuderte er die Schachtel gegen die Küchenwand. Verzweifelt sah er mich an. „Ich kann nicht nur für die Hochzeit mit dir zusammen sein."
Ich legte meine Hand auf die Arbeitsplatte der Einbauküche. „Du kannst Lianne und deinem Vater auch gleich sagen, dass du es kaputtgemacht hast. Vermutlich erwarten sie gar nichts anderes mehr", sagte ich vorwurfsvoll.
„Bitte, Avery!" Chris fluchte und trat schließlich doch näher. Vorsichtig nahm er meine Hand. Der Schmerz in seinen Augen flammte wieder auf. Ich wollte mich abwenden, ihn in Ruhe lassen. Vielleicht konnte ich den heutigen Tag mit Emma verbringen.
„Wenn wir ein realistisches Paar abgeben wollen, sollten wir miteinander Zeit verbringen", warf Chris ein. Er ließ meine Hand los.
„Ich denke, es ist nicht gut, wenn wir beide so viel Zeit zusammen verbringen", erwiderte ich. Es tat immer noch weh, Chris zu sehen, ihn zu berühren und mit jedem Mal wollte ich ihn einfach nicht mehr loslassen. Ich hätte mich an ihm wie ein stures Kind festklammern können, um ihn niemals wieder zu verlieren. Doch dann musste ich mir vor Augen führen, dass wir einander schon längst verloren hatten. Es brach mir das Herz, aber zu sehen, wie Chris litt, linderte den Schmerz ein wenig.
„Wir beide gehen auf eine Hochzeit. Man wird uns nicht abkaufen, dass wir ein Paar sind, wenn wir es nicht üben."Chris sah mich verzweifelt an. „Komm schon."
Ich zeigte ihm einen Vogel und drehte mich um. Mit einigen Schritten war ich im Wohnzimmer verschwunden. Hinter mir hörte ich ein leises Räuspern. Ich sah mich um und entdeckte Chris, wie er im Türrahmen lehnte. Er sah verboten gut aus.
Eilig versuchte ich, diesen Anblick wieder aus meinem Kopf zu bekommen. Sonst würde ich nachher an nichts anderes mehr denken können, als an diesen unglaublichen Jungen mit seinen tiefblauen Augen. Mein Herzschlag beschleunigte sich.
„Du bist wunderschön, wenn du so selbstbewusst bist."
Ich warf Chris einen genervten Blick zu. Er lächelte mich schief an.
„Ehrlich, Avery. Ich liebe es, wenn du in meiner Wohnung bist. Ich mag es, wie du riechst, wie du mich manchmal beim Schlafen beobachtest und wie du ins Badezimmer schleichst, um mich nicht zu wecken. Mir fällt bestimmt noch viel mehr ein, aber-"
„Du beobachtest mich dabei, wie ich dich beobachte?" Ich war bisher planlos durch das Wohnzimmer gelaufen, doch nun blieb ich abrupt stehen. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich musste es verstecken, damit Chris es nicht sah.
„Lass uns ein Paar sein." Er hielt mir seine Hand hin.
„Nur für die Hochzeit." Ich trat näher und legte meine Hand auf seine.
Meine Gedanken kreisten darum, dass Chris seine Eltern vor ein paar Monaten noch komplett verabscheut hatte. Und heute wollte er mit mir auf ihre Hochzeit gehen.
Plötzlich spürte ich einen Ruck an meiner Hand. Chris hatte mich zu sich gezogen. Nun lag meine Hand auf seiner Brust und ich war ihm mit einem Mal viel zu nahe. Meine Welt stand für einen Moment still. Ich dachte, dass selbst mein Herz einen Aussetzer machte. Ich traute mich nicht, mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Die Spannung zwischen uns war elektrisierend.
Chris beugte sich zu mir herunter. Er legte seine Lippen sanft auf meine und ich spürte, wie in mir ein Feuerwerk explodierte. Alles kribbelte vor Aufregung. Ich wollte mehr. Es war wie eine Sucht.
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Lügennetze
Novela JuvenilAverys perfekte Welt bricht auseinander. Um ihr Ansehen zu bewahren, flüchtet sie sich in Lügen. Doch ausgerechnet der von ihren Freunden verhasste Chris weiß Bescheid und obwohl Avery sich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren versucht, schleicht...