Kapitel 21

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Ein fester Druck an meinem Arm ließ mich aus dem Schlaf hochschrecken. Mein Blick richtete sich sofort auf mein Handy. Es war bereits nachts, so gegen zwei Uhr. Mich durchzog eine Welle der Panik, als ich das realisiert hatte. Hoffentlich machte sich meine Nana keine Sorgen um mich. Jetzt war es zu spät, um bei ihr anzurufen, und nachts traute ich mich auch nicht durch dieses dunkle Viertel zu gehen.

Der Druck auf meinem Arm wurde stärker. Verwirrt schaute ich zu Chris. Ich versuchte, ihn durch ein sanftes Rütteln aufzuwecken, aber er schlief tief und fest. Mit seiner Hand umklammerte er meinen Arm.

„Chris?" Ich fuhr vorsichtig mit meiner Hand seinen Arm hinauf. Dabei fiel mir sofort auf, dass er total verschwitzt war. Auch auf seiner Stirn konnte ich im schwachen Licht das Glitzern einiger Schweißperlen erkennen.

„Nein!" Chris stieß mich weg. Besorgt rüttelte ich erneut an seiner Schulter.

„Wach bitte auf", flüsterte ich und beobachtete, wie er zu blinzeln begann. Er rückte ein wenig von mir weg, aber ließ mich dabei keine Sekunde aus den Augen.

Ich spürte, wie sich eine Gänsehaut auf meinen Armen und Beinen bildete. Die Situation war mir fremd. Wenn Mia Albträume gehabt hatte, hatten sich diese nie so schlimm geäußert. Ich hatte mich auch nie zuvor so hilflos gefühlt, wie jetzt gerade bei Chris.

„Was ist mit dir?", fragte ich vorsichtig. Chris starrte mich vollkommen verzweifelt an. Er war fertig mit der Welt, das sah ich auch in der Dämmerung sofort.

Anstelle einer Antwort ließ Chris sein Gesicht müde in seine Hände sinken. Es zerriss mir das Herz, ihn so zu sehen. Also rutschte ich näher an ihn heran. Mit meinen Händen ertastete ich seine. Langsam hob Chris wieder seinen Kopf. Schweißnasse Haarsträhnen hingen ihm in sein Gesicht.

„Avery."

„Ja, ich bin hier", murmelte ich erleichtert und schlang meine Arme um ihn. Seine unkontrollierte Atmung wurde immer gleichmäßiger.

„Hast du zufällig eine Decke in deiner Wohnung? Mir ist kalt ..." Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich das sagte. Chris löste sich aus der innigen Umarmung. Er stand vom Sofa auf und lief ins Schlafzimmer. Dann kam er mit einer großen Decke in der Hand wieder zurück.

Ich rollte mich so gut es ging in die Decke ein, um mich ein wenig aufzuwärmen. Meine Kopfschmerzen machten sich wieder bemerkbar. Normalerweise hasste ich es, nachts aufzuwachen. Heute Nacht empfand ich es als gar nicht so schlimm.

Das Geräusch eines Reißverschlusses riss mich abrupt aus meinen Gedanken. Irritiert wandte ich mich Chris zu, der gerade seine Jeans auszog. „Was wird das?"

„Die restliche Nacht schlafe ich ganz sicher nicht in meiner Jeans", antwortete Chris mir leise. Und obwohl seine Worte so vorwurfsvoll rüberkamen, klang seine Stimme alles ndaere als das.

Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als Chris sich wieder neben mich legte. Er hob fragend eine Augenbraue undich erwachte aus meiner Starre.

„Wenn ich lieber im Bett schlafen soll, weil dir diese Situation unangenehm ist, dann musst du das schon sagen", forderte Chris mich auf. Ich nickte zaghaft.

„Schlaf gut, Avery." Chris setzte sich erneut auf. Er griff nach einem Kissen, welches kurz vor der Sofakante lag.

„N-Nein ..." Ich rieb mir verschlafen über die Augen. „So hatte ich das mit dem Nicken eigentlich nicht gemeint."

Chris stand vom Sofa auf. „Wie hast du es denn dann gemeint?", fragte er verwirrt.

Mist. Wie sollte ich Chris jetzt sagen, dass ich bei ihm bleiben wollte? Jegliche Formulierung dieses Satzes klang dämlich. Es war mir so unfassbar unangenehm.

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