Jasper's P.O.V
Nach dem Nachsitzen sprinten David und ich zum Training. Am Platz angekommen sehen David und ich Coach Miller schon auf dem Platz stehen und Matts Schlägerhaltung verbessern. Prustend und schnaubend halten David und ich uns an den Tribünen fest. Der Coach scheint uns zunächst nicht zu bemerken, kommt aber dann doch auf uns zugelaufen. Er bleibt direkt neben uns stehen und bläst in seine Pfeife. Ich zucke zusammen. Es fühlt sich so an, als würde der hohe Ton der Trillerpfeife mein Trommelfell zerfetzen.
"Hallo", sagen David und ich immer noch völlig außer Atem.
Mit den Händen in die Hüften gestemmt steht Coach Miller vor uns. Er ist ziemlich groß und relativ jung, ungefähr Mitte dreißig. Er hat kurze schwarze Haare und ist ziemlich breit. Niemand, mit dem man sich gern anlegen würde. Vor allem jetzt nicht. Mit zusammengepressten Lippen und mit wütendem Gesichtsausdruck sieht er uns an.
"12 Runden um den Platz. Jetzt."
"Das ist unfair! Wieso denn?", protestiert David.
Ich werfe ihm einen Blick zu. Es ist eine aussichtslose Situation, zu protestieren würde nichts bringen.
"Ich bin unfair? Gut, 14 Runden für Sie Harper und auch für Sie Hannigan."
"Aber-"
"Los. Beim nächsten Mal sollten Sie sich vorher überlegen, ob sie sich prügeln und sich selbst Nachsitzen einhandeln. Wir stehen kurz vor einem Spiel und ich kann beim Training nicht auf den Mannschaftskapitän und meinen besten Pitcher verzichten! Lassen Sie sich das eine Lehre sein. Und jetzt los! Bevor es 15 Runden werden."
"Ja Sir, komm David", sage ich, bevor er uns noch eine Runde einhandeln kann.
David murmelt nur ein 'verstanden Sir' und fängt mit mir an zu laufen.
Nach dem Training lasse ich mich einfach mitten auf dem Platz fallen. Schwer atmend schließe ich die Augen. Mein Herz pocht schwer gegen meinen Brustkorb und mein Gesicht brennt förmlich.
Ich öffne die Augen und sehe einen mitleidig lächelnden Alex über mir stehen.
"Komm Kumpel", Alex hält mir seine Hand entgegen, "Ich fahr dich nach Hause. Hab das Auto meiner Mom."
Ich nehme seine Hand und er zieht mich zurück auf die Beine.
"Danke", keuche ich. Alex ist ein wahrer Freund.
Zuhause angekommen entferne ich zunächst die Kontaktlinsen aus meinen Augen und gehe dann duschen. Beim Duschen denke ich nochmal über das Gespräch mit Patrick nach. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Patrick mit jeder Konversation entspannter wird. Ich denke an seine Bemerkung. Er ist schwul. Als er mir beim Nachsitzen seine Sexualität offenbarte, spürte ich einen kurzen Moment der Erleichterung. Verwirrt über meine eigenen Gedanken ziehe ich mich an und setze mich an mein Schreibtisch in meinem Zimmer. Ich schaue auf die Skizze, die ich gestern Abend angefangen habe. Meine gesamte Bleistiftsammlung liegt noch über meinen Schreibtisch verteilt, allerdings würde es keinen Sinn machen, jetzt aufzuräumen, ich würde sie bald sowieso zur Fertigstellung des Bildes benötigen.
"Das wird allerdings nicht heute sein", sage ich mir selbst und gähne.
Ich taumele zu meinem Bett und lasse mich auf dieses fallen. Ich schließe die Augen, mein Schädel pocht und meine Füße schmerzen. Ich will nur noch schlafen.
Den Samstag verbringe ich damit, das Portrait von Don Corleone fertigzustellen, welches ich Donnerstag Abend begonnen habe. Überzeugt von meiner Arbeit nehme ich das Bild und hänge es passender Weise neben mein Poster von 'Der Pate'.
Am Montag komme ich nach einem weniger anstrengendem Training nach Hause. Ich werfe meinen Rucksack neben die Treppe und gehe in die Küche, wo meine Mom gerade am Herd steht.
"Hi Mom", grüße ich sie und setze mich auf unsere Eckbank.
"Hi Jassy", sie lächelt mich an, "Wie war's in der Schule?"
"Wie immer, aber ich hab das Gefühl, dass Coach Miller langsam nicht mehr so sauer auf seinen 'besten Pitcher' ist."
"Das klingt doch gut", sie beißt sich auf die Lippe, "Du, Jasper?"
"Ja?"
"Folgendes", beginnt sie und dreht sich zu mir.
"Was hast du getan?", ich ziehe eine Augenbraue hoch. Ihr Blick bereitet mir etwas Sorgen, sie sieht aus wie damals, als sie sich überlegt hat, wie toll es doch wäre die Begleitung auf unserer Klassenfahrt in der Vierten zu werden.
"Nichts...", sie lacht, "Also, ich und Jessica haben uns am Samstag unterhalten und sie hat mir erzählt, dass Patrick nächsten Samstag alleine zuhause wäre, weil sie und sein Dad zu irgendeiner Geschäftssache gehen müssen und sie das nicht so gern möchte."
Ich schaue sie fragend an. Wieso will Jessica ihren fast 17-Jährigen Sohn nicht für einen Abend alleine lassen? Und viel wichtiger: Was habe ich damit zu tun?
Mom scheint meinen Blick zu deuten und fährt fort: "Naja, Patrick kommt im Moment nicht so gut klar, was allerdings jetzt gerade nicht wichtig ist. Also habe ich ihr vorgeschlagen, dass ich dich frage, ob du nicht Lust hättest am Samstag bei ihm zu schlafen."
Ich runzele die Stirn. Ich erinnere mich an die Konversation zwischen ihm und Lucy und an seine Augenringe. Hat er Schlafstörungen? Ich denke über den Vorschlag nach. Ich und Patrick. Zusammen. Alleine. Den ganzen Abend lang.
"Du könntest dich für die Sache mit dem Nachsitzen revangieren", versucht meine Mutter mich zu überzeugen. Naja, überzeugen in Klammern. Sie hat Jessica wahrscheinlich sowieso schon zugesagt.
Immer noch verdattert starre ich sie an. Ich werde doch schon nervös, wenn ich mich eine Stunde mit ihm unterhalte, wie solle ich einen Abend und einen Morgen aushalten? In seiner Anwesenheit bin ich immer....irgendwie unentspannt. Immer wenn ich mit ihm rede, habe ich ein flaues Gefühl im Magen und bekomme keinen vernünftigen Satz raus. Aber trotzdem gefällt mir die Vorstellung irgendwie, einen Abend mit ihm zu verbringen.
"Ich mach's"
Die Augen meiner Mutter weiten sich: "Wirklich? Das freut mich aber. Ihr habt bestimmt Spaß. Vielleicht könntet ihr ja zusammen etwas Baseball spielen oder so."
"Mom", sage ich möglichst langsam, damit sie das Folgende versteht, "Ich habe nicht vor Patrick etwas Hartes wie einen Baseballschläger in die Hand zu drücken. Ich hatte letztes Jahr mit ihm Sport, und wenn ich daran denke, wie oft Lucy seinen Federballschläger ins Gesicht bekommen hat, möchte ich lieber auf der sicheren Seite bleiben und mit ihm einen Film schauen oder so."
"Wie ihr wollt, Schatz."
Der Rest der Woche verläuft reibungslos, beim Training bin ich in Topform und sonst passiert nichts Nennenswertes. Also stehe ich jetzt hier, mit Schlafsack und Rucksack vor der Tür zu Patricks Haus und ringe mit mir selbst zu klingeln. Ich atme einmal tief durch und drücke die Klingel. Du packst das.
Patrick öffnet die Tür und starrt mich, mit offenbar gemischten Gefühlen, an.
Ich grinse ihn breit an: "Hi!"
DU LIEST GERADE
Call me whatever you want (boyxboy)
Teen FictionPatrick ist ein Außenseiter aus Überzeugung. Er hat eine schwere Vergangenheit und immernoch manchmal Panikattacken. Jasper ist alles andere als ein Außenseiter, er spielt im Baseballteam und jeder kennt ihn. Allerdings scheint niemand zu bemerken...