Abermals erwartete uns nur Myrdin, als wir zum zweiten Mal an diesem Tag zu Rens Haus zurückkehrten. Wann die beiden anderen eintreffen würden, wussten wir nicht, doch Tilly versicherte mir, dass wir nicht vor Einbruch der Dunkelheit mit ihnen rechnen durften. Da wir bis dahin noch einige Stunden zu überbrücken hatten, nahm Tilly sich Tinte und ein Blatt Papier, um die Informationen, die sie aus Grünbergs Büchern erhalten hatte, zu notieren.
In einer Handschrift, die ihr bei jedem meiner Lehrer ordentliche Rüge eingebracht hätte, schrieb Tilly die Namen dreier Silberminen auf. Nur eine davon lag in der Gegend um Silberburg. Eine andere befand sich am anderen Ende des Landes, während die dritte sogar einem benachbarten Königreich angehörig war. Das war äußerst ungewöhnlich. Warum bezog er seine Rohstoffe zum großen Teil aus komplett anderen Regionen?
»Er bezieht unbearbeitetes Silbererz?«, fragte Myrdin, als er seinen Blick über Tillys Aufschrieb streifen ließ.
Tilly zuckte die Schultern. »Das ist alles, was ich dahingehend gefunden habe. Ansonsten hat er nur Buch darüber geführt, welche Stücke er verkauft hat. Allerdings standen dort auch keine Käufernamen.«
»Das klingt nicht sehr seriös«, murmelte ich, während ich mich versuchte zu entsinnen, was ich alles über das Steuerwesen unseres Reiches gelernt hatte. Ich kam zu dem Schluss, dass, wenn die Zahlen stimmten, keine Namen vonnöten waren. Überhaupt – wer sollte schon prüfen, ob die angegebenen Käufer wirklich die genannten Stücke erworben hatten? Auf einmal kam mir es unheimlich naiv vor, die Bücher des Silberschmieds nach Informationen zu durchsuchen.
»Seriös genug, um sich bald zwei Jahrzehnte in dieser Stadt halten zu können«, antwortete Myrdin mürrisch. »Kannst du dich noch an etwas anderes erinnern, Tilly?«
»Es war wirklich nichts da, das irgendeine Bedeutung für uns hätte...«, antwortete das Mädchen. »Deswegen war ich auch fast schon wieder draußen, als Janna gerade erst begonnen hat mit dem Silberschmied zu reden.«
Myrdin verzog das Gesicht. »Großartig.«
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und seufzte. Mein erster Tag und schon eine Ernüchterung. Allerdings bestand immer noch die Chance, dass Ren Verbindungen herstellen konnte, die wir noch übersahen.
***
Wir hatten gerade das Abendessen hinter uns gebracht – es gab Brot und Käse – als Ren und Vic gemeinsam durch die Hintertür das Haus betraten. Die beiden brachten nicht nur Neuigkeiten, sondern ebenfalls eine angespannte Stimmung mit herein. So fühlte es sich an, wenn Leute einen Streit ausgetragen und ihn nicht beendet hatten.
Wir kamen alle am Esstisch zusammen. Ren sah von seinem Platz am Kopfende fragend in die Runde. »Was habt ihr in Erfahrung bringen können?«
Tilly schob ihm die Liste zu und er musterte sie, während er gleichzeitig von einem Stück trockenen Brots abbiss. In seinem Leben kam wohl nicht nur der Schlaf zu kurz.
»Interessant«, murmelte Ren, als er zu Ende gekaut hatte.
Wir sahen ihn erwartungsvoll an.
»Das ist nichts, womit ich gerechnet habe. Leider bereiten uns die Wege zu zweien der Minen ein großes Problem. Wir können unmöglich auch nur zu einer von ihnen Reisen, nur, um letztlich doch enttäuscht zu werden.«
»Also war der Schmied eine falsche Spur?«, fragte Vic und obwohl er es nicht tat, spürte ich, wie er innerlich die Augen verdrehte.
»Hast du denn etwas Besseres zu bieten?«, erwiderte ich daher schnippisch.
»In der Tat, ja.« Vic griff in die Innentasche seiner Jacke und holte ein schlichtes Amulett hervor – natürlich aus Silber gefertigt. »Das hier habe ich heute erhalten, als ich mich bei dem Mann gemeldet habe, der anscheinend dafür zuständig ist, Schergen für Dag anzuheuern.«
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Von einer Prinzessin, die auszog, um Heldin zu werden
FantasyUm nicht länger im Schatten ihres großen Bruders, Brecher des Dornröschenfluchs, zu stehen, ergreift Prinzessin Arianna die Flucht. Ihr Ziel: ein eigenes Abenteuer zu erleben. Da trifft es sich gut, dass sie in einer Spelunke auf Ren trifft. Der sel...